Mauthaus (Mýtnice)

© Dr. Markus Gruber

Das in den 1950er Jahren vollkommen zerstörte Dorf Mauthaus (Mýtnice), im Volksmund "Mathaus", entstand als besiedelter Ort um 1682 am südwestlichen Abhang des Kuhbergs (586 m). Der Ort bekam seinen Namen von einer Mautstelle, die sich wohl schon seit etwa 1520 hier, auf böhmischem Boden, befand. Denn bis 1766 verlief die bayerisch-böhmische Grenze noch entlang der Böhmischen Schwarzach (Nemanický potok), so dass die Reisenden, wenn sie die Route von Tiefenbach über Grafenried (Lučina) und den 876 m hohen Hirschstein (Starý Herštejn) nach Ronsperg (Poběžovice) nutzen wollten, über die heute noch existierende Brücke zwischen Seeg (Pila) und Mauthaus kamen und eben hier die Landesgrenze überschritten. Das entsprechende bayerische Zollamt befand sich westlich von Grafenried, wie der Flurname Mausthurm (von "Maut") an der heutigen Grenze in Steinlohe beweist. Außerdem gab es, um von Bayern aus das Landesinnere von Böhmen zu erreichen, den Weg von Waldmünchen über Haselbach (Lísková) und Wassersuppen (Nemanice). Das Mauthaus wurde somit natürlicherweise genau dort errichtet, wo sich die beiden Routen an der höchsten Stelle vereinigen, ehe die heutige Fahrstraße beginnt, welche über den 876 m hohen Hirschstein und den Pass von Frohnau-Stockau (Vranov-Pivoň) führt. Zollhäuser waren aber meist auch Wirtshäuser, wo man für den "Vorspann" und den "Anspann" die Pferde wechseln oder hinzuspannen konnte (vom Beruf des Anspanners kam dann der in einigen Dörfern anzutreffende Hausname "Gogl"). Der Zolleinnehmer war also zugleich ein Wirt und vererbte sein Amt innerhalb der Familie: Für die Mauthauser "Wirtszöllner" sind zwischen 1600 und 1765 die Namen Albrecht, Achatz und Rieß belegt. Die Familie Rieß, Hausname "Wirtshansl", betrieb dann über viele Generationen hinweg bis zur Ausweisung 1946 das Wirtshaus (Nr. 4) in der Ortseinfahrt - vermutlich am Standort des alten Mautamts. Das Dorf an sich könnte dergestalt entstanden sein, dass das anfangs noch für sich allein stehende Mauthaus im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) mit einer Befestigung versehen wurde und so allmählich Häuser hinzukamen. Anfangs trug der Ort den Namen "Meyto", und der tschechische Ortsname Mýtnice weist auf denselben Zusammenhang zu einer Mautstelle hin: mýto = "Maut".

Für 1713 sind die Namen folgender "Chalupner" (Hausbesitzer) bekannt: Georg Schaller, Johannes Rieß (Wirt), Georg Fitzhumb, Jakob Simann, Sebastian Thyller, Martin Schaller, Hans Simann. Außerdem sind zwölf sogenannte Tropfhäuseln erfasst, deren Grundbesitz sprichwörtlich so winzig war, dass das Wasser der Dachrinne gerade noch auf den eigenen Grund tröpfelte: Christoph Gottschall, Kaspar Stoffl, Hans Werner, Andreas Nachtmann, Lorenz Knopf, Hans Herbrig, Partl Samer, Wolf Platzer, Christoph Herbrig, Jakob Siman, Michl Schinder, Jakob Engkl. Auch bei diesen Namen fällt auf, dass es sich bereits um direkte Vorfahren von Familien handelt, die noch im 20. Jahrhundert in der Gegend oder gar im Dorf selbst ansässig waren (Rieß, Stoffl, Tiller, Werner, Herbrich). Die nächsten Besitzer, ebenfalls 19, sind für 1722 belegt; die Schreibweise hatte sich schon geändert: Chalupner: Hans Georg Ries, Johann Augustin Ries, Andreas Fitzhumb, Jakob Simon, Sebastian Düller, Andreas Schaller, Hans Simon; Tropfhäuseln: Christoph Gottschall, Kaspar Stoffl, Hans Werner, Christoph Dürschel, Georg Herrl, Hans Herbrig, Bartl Sommer, Wolf Platzer, Hans Wenzl, Hans Schaller, Georg Stoffl, Georg Weber.

Die Katasterrevision von 1722 erwähnt aber noch ein weiteres wichtiges Detail: In Mauthaus befand sich zu dieser Zeit eine herrschaftliche Glashütte. Möglicherweise war der erwähnte Andreas Nachtmann Glasmeister in Mauthaus und ein Vorfahre der späteren Glasmacherdynastie, deren Werk noch heute besteht. Für den Betrieb dieser Glashütte, die man sich nicht als eine große Fabrik, sondern eher wie eine Werkstatt vorstellen muss (wohl eine Art Filiale der benachbarten Kreuzhütte/Křížová Hut’), kommt der Zeitraum etwa 1710 bis 1725 in Frage: Wohl deshalb war die Anzahl der Bewohner so schnell angestiegen. Doch war es mit diesen kleinen Wanderglashütten oft schnell wieder vorbei, wenn die Holzvorräte aufgebraucht waren (so auch im nahen Neubäuhütten/Novosedelské Hute). Nach einer Generation wurden aus den Glasarbeitern Bauern und Handwerker, ein "normales" Dorf entstand. Wahrscheinlich bekam dann auch der "Kuhberg" seinen Namen.

Weiter entwickelte sich Mauthaus so: 1789 (Schaller): 22 Nummern, 1839 (Sommer): 27 Häuser, 225 Einwohner (zu Mauthaus gehörte damals die an der Straße über den Hirschstein gelegene "Einschicht" (Einsiedelei) Kapellen/Kaplička mit Jägerhaus und zwei Chaluppen; zuvor stand dort die alte Wallfahrtskapelle Mariä Heimsuchung am Hirschstein), 1862 (Trajer): 26 Häuser, 236 Einwohner, 1910 (Liebscher): 33 Häuser, 233 Einwohner. In diesem Jahr, 1910, gab es an Gewerbe: Eine Bierschänke, einen Holzwarenhandel, zwei Schuhmacher, ein Wirtshaus, eine Tabaktrafik. In der Schulexpositur wurden 52 Kinder errichtet, und zwar nur die aus dem Dorf Mauthaus selbst. Das Schulhaus befand sich unterhalb des Dorfes, links direkt an der Straße, wenn man von Wassersuppen kam. Letzte Lehrerin dort war Fräulein Zipperer, zuvor wirkte in Mauthaus Friedrich Holl, der auch als Heimatforscher hervortrat. Ebenfalls an der Straße, etwas oberhalb und rechts, war die kleine Kapelle St. Peter und Paul, die man schon auf der Josephinischen Militärkarte (1764-68) sehen kann. 1930 hatte Mauthaus 188 Einwohner in 34 Häusern.

Mauthaus bildete bis 1945 eine eigenständige Gemeinde zusammen mit Kreuzhütten, Neubäuhütten, Neubäu und Hirschsteinhäusl (Gibacht). Gibacht wurde aber 1938 nach der Annexion des Sudetenlandes ausgemeindet, während Mauthaus zusammen mit den Gemeinden Wassersuppen und Haselbach zunächst zum Kreis Markt Eisenstein, 1940 zu Waldmünchen kam. Die letzten Bürgermeister waren: Dominik Stoffl (bis 1938), Josef Geiger (bis 1944) und schließlich Wenzel Frei aus Neubäuhütten. Die Gemeinde Mauthaus hatte 1910: 883 Einwohner (davon 11 Tschechen), 1930: 778 (davon 14 Tschechen), 1945: 505 Einwohner. 1930 betrug die Gesamtfläche 1.060 Hektar, davon entfielen aber nur 494 Hektar auf Mauthaus selbst, dagegen 566 Hektar auf Neubäu, das als sehr altes Dorf bis heute ein eigenes Katastergebiet ist. 1945 hatte man unter anderem 180 Rinder, 81 Kühe und 160 Schweine sowie 600 Obstbäume. Zwölf Bienenhalter waren registriert. Angebaut wurden Winterroggen und Hafer, Kartoffeln und Klee.

Markenzeichen des Dorfes war die beim "Wirtshansl" Rieß stehende Linde, die als "Friedenslinde" nach dem Krieg im Jahre 1648 gepflanzt worden sein könnte. Die weithin sichtbare Linde (sie war 35 Meter hoch, hatte einen Umfang von 5,60 Meter und stand über dem Bierkeller) hätte somit ein Alter von etwa 200 Jahren erreicht, denn sie wurde vermutlich im Zuge der Niederreißung des Dorfes 1956/57 gefällt. Dafür steht nun seit vielen Jahren rechts der Straße in der Wiese ein einzelner Baum, ebenfalls eine Linde, die ähnlich markant ist und schon fast zum Ortsbild der Wüstung Mauthaus gehört. Heute lassen Mauerreste, Kellergewölbe und der Dorfweiher nur noch vage die Umrisse des Dorfes erkennen. Nach der Grenzöffnung errichteten ehemalige Bewohner ein Gedenkkreuz.

Auch für seine Mädchen scheint Mauthaus berühmt gewesen zu sein, denn ein Gstanzl lautete: „D’Mathauser Moila, döi tan ma hoalt g’foall’n, ham kuhlschwoarze Aigla und Röisla wai g’moal’n.“  Es hieß aber auch: „De Mathauser Bouma ham’s Moila wäg g’fischt, öitza schauas, als höitns oine mit da Pelzhaubn dawischt“ (das heißt, eine dumme). Den Anschluss an das Stromnetz scheint man dort verpasst zu haben: „Dös teire elektrische Löicht mögn d’Mathauser niat gern, denen leicht’n af d’Noacht umasunst hoam da Mondschei und d’Stern.“

 

Kriegsgefallene aus Mauthaus 1939-1945:

- Frei, Josef: *25.06.1903, Mauthaus Nr. 28, 31.07.1947 in russ. Kriegsgefangenschaft

- Gassner, Georg: *09.04.1914, 11.06.1940 in Frankreich

- Lang, Josef: Mauthaus 21, *02.11.1902, seit 11.02.1945 vermisst bei Budapest

- Lintl, Franz: Mauthaus 11, *03.07.1905, +11.12.1945 in russ. Kriegsgefangenschaft

- Rieger, Johann: *02.06.1921, Todesdatum unbekannt, bestattet in Wien

- Rieger, Karl: Mauthaus 34, *10.02.1907, +23.08.1943 in Russland

- Ronft, Josef: Mauthaus 15, *18.02.1911, vermisst seit 03.10.1943 an der Ostfront

- Schröpfer, Franz: Mauthaus 17, wohnhaft Grafenried 32, *15.09.1914, +01.12.1942 in Russland

- Schröpfer, Josef: Mauthaus 29, *17.02.1918, +12.06.1940 in Frankreich

- Schröpfer, Josef: Mauthaus/Neubäu, 30 Jahre alt, vermisst in Ungarn

- Siegl, Georg: Mauthaus 20, *02.06.1914, +08.12.1941 in Russland

- Siegl, Josef: Mauthaus 20, *20.11.1911,  +25.10.1941 in Russland

- Thomeier, Josef: Mauthaus 13, *10.04.1913, +Herbst 1944 in Rumänien

- Tragl, Friedrich: Mauthaus 7, *25.04.1912, +10.05.1946 in tschechischer Kriegsgefangenschaft

- Tragl, Wilhelm: Mauthaus 7, *09.02.1920, seit 01.12.1944 vermisst in Ostpreußen

- Werner, Franz: Mauthaus 22, *29.06.1923, +08.09.1943 in der Ukraine

 

- Zipperer, Karl: Mauthaus 6, *05.11.1910, +18.12.1943 in der Ukraine

 

Ortsplan von Mauthaus (Mýtnice)
Ortsplan von Mauthaus (Mýtnice), das um 1955 völlig abgerissen wurde.