Hier in der Rubrik "Forschung" werden zusammenhängende Beiträge vor allem zum Kriegsgeschehen 1939 bis 1945 im Raum Waldmünchen, Cham, Domazlice (Taus), Bischofteinitz (Horsovsky Tyn) und auch Klatovy (Klattau) sowie Tachau (Tachov) vorgestellt. Auch wenn nüchterne Militärberichte und Details zur Waffentechnik notwendig sind, so soll doch das Schicksal des einzelnen Menschen, ob Soldat, ob Zivilist, ob Deutscher, Amerikaner oder Tscheche oder Angehöriger sonstiger Völker, im Mittelpunkt stehen. Durch die Auswertung der Archivquellen, soweit sie im Original vorliegen, soll mit Ungenauigkeiten, mit Mythen und Legenden einigermaßen aufgeräumt werden. Alle Opfer sollen ein Gesicht bekommen.

Beachten Sie auch die eigenen Unterseiten, in denen ältere Artikel archiviert werden (Leiste oben, z.B. Tieffliegerangriffe), sowie die eigene Unterseite "Kriegstote 1945".

 

Weitere Artikel zum Kriegsende und zur Geschichte der Böhmerwaldorte finden Sie auch auf www.academia.edu (direkter Link hier)


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Inhaltsverzeichnis

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Das Kriegsende 1945 in Ostbayern und Westböhmen

 

1. Die Rettung der Lipizzaner 1945 ("Operation Cowboy"): Von Mythen, Legenden und Histotainment aus Hollywood ... und ernsthafter Archivforschung.

 

2. 57 tote deutsche Soldaten am 23. und 24. April in Pösing, Wetterfeld und Untertraubenbach-Thierlstein

 

3. Teunz bei Oberviechtach: zehn Tote in einer kleinen Gemeinde 1945 

 

4. Von Bärnau nach Tachov: Die Opfer der Kampfhandlungen vom 30. April bis 05. Mai 1945 

 

5. Sinnloser Widerstand entlang der Ostmarkstraße: Die Kämpfe bei Regen-Langdorf, Eppenschlag, Schönberg, Perlesreut und Tittling am 25. April 1945

 

6. Kriegstote im April 1945 im Raum Cham und Bad Kötzting (Liste)   Zum Artikel "Kriegstote Raum Cham..."

Ergänzungen Dezember 2022 zu Toten in Falkenstein bei Cham (Fritz Müller und Johann Kraus), Walderbach (Maria Rak und Kurt Weingarth), Oberrappendorf (Erich Breu) und anderen im Raum Furth im Wald und Kötzting (mit roter Farbe markiert)

 

7. Der Mord an zwei Russen in Grafenried (Lučina) bei Kriegsende im April 1945

 

8. Die Minenexplosion bei Díly (Kreis Domažlice) am 1. Mai 1945: Sieben US-Soldaten sterben kurz vor Kriegsende   Zum Artikel "Dily"

 

9. Blutige Maitage 1945: Die Kämpfe zwischen Eisenstein (Železná Ruda) und Hartmanitz (Hartmanice)  Zum Artikel "Blutige Maitage 1945"

 

10. Die Opfer des Kampfes um Regen (Niederbayern) am 24. April 1945   Zum Artikel "Kampf um Regen"

 

Im Archiv:

"Verstorben im Lazarett": Todesfälle deutscher Soldaten im Lazarett Klenčí pod Čerchovem (Klentsch) sowie den umliegenden Lazaratten im Jahre 1945

Tieffliegerangriffe im Frühjahr 1945 im Raum Waldmünchen, Cham, Domažlice

 - Flugzeugabstürze im Raum Domazlice (Taus) in den Jahren 1940, 1941, 1943

 

 


1. Die Rettung der Lipizzaner 1945 ("Operation Cowboy"): Von Mythen, Legenden und Hollywood ... und ernsthafter Archivforschung. 

© Dr. Markus Gruber

 

Langfassung meines Artikels vom Mai 2020 für die Mittelbayerische Zeitung unter dem Titel: "Die Rettung der Wiener Lipizzaner. Bei der spektakulären „Operation Cowboy“ im Jahr 1945 evakuierten Wehrmacht und US Army die Zuchtrasse nach Kötzting": Hier hinter der Bezahlschranke

 

„Lipizzaner, 1945“ – dieses Stichwort lässt weit über die Grenzen des Landkreises Cham hinaus die Erinnerung an ein ungewöhnliches Ereignis wachwerden: In den letzten Kriegstagen wurden aus dem Raum Hostau (Hostoun), Kreis Domazlice, hunderte der wertvollen Lipizzanerpferde in einer geheimen Gemeinschaftsaktion von US Army und Wehrmacht evakuiert und in den Raum Kötzting gebracht. Ein Husarenstück, das nichts weniger als den Fortbestand der weltberühmten Wiener Hofreitschule bedeutete. Was in einer Zeit von Tod und Chaos ein Akt von Mut und Vernunft der Kriegsgegner war, gestaltete sich später zu einem Mythos, der sogar Walt Disney zu einer Verfilmung animierte. Nicht alle Einzelheiten der geglückten Geheimaktion können hier dargestellt werden. Jedoch müssen zum Umfeld der „Operation Cowboy“ Details genannt werden, die historisch objektiven Charakter haben, aber in Verklärung und Geschichtsklitterung unterzugehen drohen.

So ist nur wenig bekannt, dass das Gestüt Hostau eine bis in die k.u.k-Monarchie Österreich-Ungarn zurückreichende Tradition hatte: Diese pachtete schon 1914 vom Fürsten von Trautmansdorff vier Gutshöfe, die zur Bleibe für Lipizzaner aus Ungarn wurden. In der 1919 gegründeten Tschechoslowakei bestand das Gestüt als staatliches Remonte-Amt weiter, bis es 1938 von der Wehrmacht im Zuge der Annexion des Sudetenlandes in Beschlag genommen und fortan zum Sammelpunkt der Pferderasse wurde. Das Gestüt verteilte sich auf die Orte Hostau (Hostoun), Zwirschen (Svrzno), Hassatitz (Hostetice) und Taschlowitz (Tasnovice). Im Jahre 1944 übernahm Oberstleutnant Rudofsky, ein gebürtiger Bischofteinitzer (Horsovsky Tyn), die Leitung des Gestütes: Er war ein Fachmann in solchen Fragen.

Als sich nun Ende April 1945 die Front näherte, nahmen der Gestütsleiter Oberstleutnant Rudofsky und die Stabsveterinäre Dr. Lessing und Dr. Kroll Kontakt zur 2nd US Cavalry auf. Angeblich bekam deren Colonel Reed von General Patton den sofortigen Befehl, die Lipizzaner zu evakuieren. Doch auch hunderte alliierter Kriegsgefangener waren ein Anreiz, um mit dem Feind zu kooperieren.

Die Initiative war von den Deutschen ausgegegangen, um das wertvolle Zuchtmaterial zu retten. Dies bestätigte Dr. Lessing im Jahre 1985 bei einem Interview gegenüber einer Regionalzeitung. Die Rolle eines Unterhändlers spielte der Luftwaffenoffizier Walter Holters, der womöglich auch Geheimdokumente über die UdSSR bei sich trug, die für die US Army interessant waren. Holters war Oberstleutnant im Generalstab und Leiter der "Auswertestelle Ost", er lief am 25. April zu den Amerikanern über. General Karl Weisenberger, Kommandeur des Wehrkreises XIII, kooperierte ebenfalls, so schrieb er jedenfalls später. Zugleich jedoch propagierte Weisenberger noch den Endsieg und trieb unbeirrt die Verteidigung zwischen Tachov und Domazlice voran.

Kritisch hinterfragt werden muss vor allem der sogenannte Scheinangriff der Amerikaner vom 28. April gegen Hostau, der angeblich vorab verabredet worden sei, damit beide Seiten ihr Gesicht hätten wahren können. Tatsächlich war es so, dass doch echte Schüsse fielen, wie der Tod des 18-jährigen Erich Hoenke beweist, der durch einen Granattreffer im Lager des Reichsarbeitsdienstes (RAD) Hostau starb: Offensichtlich waren nicht alle Stellen in den angeblichen Scheinangriff eingeweiht, und die Amerikaner feuerten zumindest Warnschüsse. Fragen wirft auch der Tod von vier jungen RAD-Angehörigen bei Heiligenkreuz (Ujezd Svateho Krize) auf, ein Ort, der zwischen Weißensulz (Bela nad Radbuzou) und Hostau liegt. Die von Pfarrvikar Clemens Schmitz geführte Sterbematrikel nennt die Namen der kaum 17-jährigen: Wolfgang Schindler, Roderich Schulze, Walter Bartl, Willi Haffner. Als Todesursache ist bei allen „Kopfschuß“ eingetragen, Todesdatum ist der 28. April, der entscheidende Tag, an dem die Amerikaner genau dort vorstießen. Am selben Tag fiel bei Weißensulz auch der Oberfeldmeister Fritz Langer.

Ungleich bekannter ist der Tod der US-Soldaten Raymond E. Manz und Owen W. Sutton an diesem 28. April im nahen Rosendorf (Ruzov). Die ständig zu lesende Behauptung, die beiden seien im Kampf gegen SS-Truppen gefallen, entbehrt jeglichen Nachweises: Die „G-2 Journals“ der Amerikaner, die genaueste Live-Informationen sogar noch über einzelne MG-Nester enthalten, geben keinerlei Hinweise auf die SS, sondern auf improvisierte Kampfgruppen der normalen Wehrmacht (siehe den Artikel "Von Bärnau nach Tachov" weiter unten). Auch die Überbleibsel in sich geschlossener Einheiten wie der 655. Heeres-Pionier-Brigade und der 2. Panzerdivision waren keine SS-Truppen. Das SS-Panzergrenadierregiment 3 der 2. SS-Panzerdivision "Das Reich", das angeblich zwei verlustreiche Angriffe unternommen habe, war im Kampfraum überhaupt nicht präsent, sondern lag Ende April im Raum Passau und Ernsthofen (Österreich): Hier liegt eine Verwechslung mit der kampfschwachen 2. (Wehrmachts-)Panzerdivision vor. Die manchmal zu lesende Zahl von 100 getöteten SS-Soldaten ist in keiner Weise zu belegen; etwa die Gräberkartei des Volksbunds deutsche Kriegsgräberfürsorge enthält keine Hinweise, es wurden nach 1990 keine Exhumierungen oder Umbettungen zu den Kriegsgräberstätten Marianske Lazne oder Cheb vorgenommen. Wer so etwas behauptet, ist in der Pflicht, es sauber nachzuweisen. Natürlich vergrößert das Schlagwort „SS“ im Nachhinein die bestandene Gefahr. Die beiden GI’s gelten heute in Bela nad Radbuzou (Weißensulz) als Helden. Ein Denkmal auf dem Marktplatz des damals sudetendeutschen Weißensulz erinnert an sie und an die Befreiung der Tschechen vom Faschismus. Denn in Tschechien wandte man sich nach 1990 den Amerikanern geradezu enthusiastisch zu, während zuvor fälschlich die Befreiung auch von Westböhmen der Roten Armee zugeschrieben worden war.

Die neue Freundschaft mit den USA könnte aber dazu beigetragen haben, dass zwei weitere, namenlose Opfer aus der Sowjetunion in Vergessenheit gerieten, die zeitgleich zur Lipizzaner-Rettung umkamen: Zwei Zwangsarbeiter aus der Ukraine wurden beim Weiler Bärentanz (Hvozd) wohl von Deutschen erschossen. Welch radikale Einstellung auch die örtliche NSDAP-Führung hatte, zeigt der Tod des GI’s Thor A. Johannessen bei Walddorf (Valdorf), der bei einem Schusswechsel mit dem Ortsgruppenführer von Hostau ums Leben kam. Die Familie des NS-Täters wiederum überlebte das Kriegsende nur wenige Tage: Aus Furcht vor Vergeltung vergiftete die Mutter sich selbst und ihre Kinder.

Man sieht: Unter der Oberfläche einer von Vernunft und Mut getragenen Kooperation, aus der man für Film und Roman eine Story machen kann, verbergen sich Tod und Grauen. In der Gesamtschau war auch das Kriegsende im Raum Hostau eine Tragödie, die weit über das Glück der Lipizzaner-Rettung hinausreichte. Colonel Reed sah die Rassepferde übrigens als Kriegsbeute an, die edelsten Pferde wurden in die USA verschifft, einige bekam die Bundesrepublik Deutschland. Bei der Lektüre so mancher Schilderung wird man den Eindruck nicht los, dass die Ressentiments des Kalten Krieges eine Rolle spielten: Man hat den Tschechen und den Russen ein Schnippchen geschlagen. Sicherlich kann man ein generelles Interesse an einem so wertvollen Zuchtbestand nicht in Abrede stellen, zumal schon 1918 ein tschechischer Offizier die damaligen Lipizzaner von Hostau nach Klattau hatte wegtreiben lassen (noch heute existiert in Svrzno/Zwirschen bei Hostau ein Pferdegestüt). Die Rote Armee hätte die Lipizzaner sicher nicht für ihre Kochtöpfe geschlachtet, sondern wie im Falle der wertvollen Trakehner-Pferde in Ostpreußen für eigene Zucht verwendet. Und eine weitere Widersprüchlichkeit: Während die Lipizzaner überlebten, fand „Kamerad Pferd“ bei der Wehrmacht massenhaft den Tod, zerfetzt auch von den Geschossen amerikanischer Tiefflieger.

Die auf Lkw evakuierten Lipizzaner wurden am 15. Mai zunächst nach Kötzting gebracht. Dort hatten auch die Männer der 11. Panzerdivision kapituliert. Ohne Zweifel war es ein Entschluss von hohem persönlichen Mut, dass Generalleutnant von Wietersheim am 3. Mai Kontakt mit seinem Kontrahenten General Earnest aufnahm und sich eigenmächtig dem irrsinnigen Befehl von Feldmarschall Schörner widersetzte, den Widerstand fortzusetzen. Jedoch muss auch gesehen werden, dass die „Gespensterdivision“ noch zehn Tage lang das Räderwerk ihrer Verteidigung hatte laufen lassen. Der Preis: Mindestens 69 eigene Gefallene, fast 30 tote Amerikaner und dutzende Bewohner. Gewiss, Wietersheim stand in doppelter Pflicht: Er hatte seinen Eid geschworen, trug zugleich aber Verantwortung für seine Männer. Das Ethos des Offiziers setzte sich schließlich durch.

Unter dem Motto „Aus Feinden werden Freunde“ trafen sich in Kötzting regelmäßig die Veteranen beider Seiten: Ein bewegendes Zeugnis der Überwindung von Feindschaft und von neuem Respekt. Die weithin sichtbaren Türme auf dem Hohen Bogen und dem Cerchov führten vor Augen, dass man als NATO-Partner nun vereint war: Versöhnung ist auch eine Sache der Politik.

Doch wie mögen die traumatisierten und verstümmelten Kriegsteilnehmer zurückgedacht haben? Einer von ihnen war der alte Zeitschriftenverkäufer im Chamer Bahnhof: Gekennzeichnet von seiner Verwundung warnte er noch fünfzig Jahre nach Kriegsende die Schüler vor Verharmlosung, wenn sie sich Kriegsromane kauften: Ein stiller Veteran, der auf seine Weise zum Gedenken beitrug, zum Nachdenken.

 

Die Opfer der "Operation Cowboy":

- Johannessen, Thor A. (Tec5, 2. Cavalry Reg.): Walddorf (Valddorf, zwischen Plöss/Pleš und Eisendorf/Železná), am 27. April gefallen (Projektil Gewehr). Bestattet im Long Island National Cemetery (USA).

- Manz, Raymond E. (Pfc, 2. Cavalry Reg.): Rosendorf (Růžov) bei Weißensulz (Bělá nad Radbuzou), am 30. April gefallen. Bestattet im Woodlawn Cemetery, Ohio (USA).

Sutton, Owen W. (Pfc, 2. Cavalry Reg.): Rosendorf, am 30. April gefallen (MG-Feuer). Bestattet im Westview Cemetery, North Carolina (USA).

Langer, Fritz (Oberfeldmeister, RAD): Weißensulz (Bělá nad Radbuzou), am 28. April gefallen. Bestattungsort unbekannt.

Schindler, Wolfgang (RAD-Mann): bei Heiligenkreuz (Újezd Svatého Kříže), am 28. April gefallen (Kopfschuss)

Schulze, Roderich (RAD-Mann): bei Heiligenkreuz, am 28. April gefallen (Kopfschuss)

Bartl, Walter (RAD-Mann): bei Heiligenkreuz, am 28. April gefallen (Kopfschuss)

Haffner, Willi (RAD-Mann): bei Heiligenkreuz, am 28. April gefallen

- Hoenke, Erich (RAD-Mann): Hostau (Hostouň), am 29. April gefallen

- möglich: Cremerius, Peter (Obergefreiter): am 05. Mai laut der Gräbersuche Online in "Hastoum" gefallen, möglicherweise eine Verschreibung für "Hostoun" (= Hostau). 

 

Archivmaterial:

- Historical Division HQ United States Army, Europe: NARA Foreign Military Studies, B-Series: MS B-756 (Drews, Werner: Die Kämpfe der 11. Panzerdivision zwischen Rhein und tschechischer Grenze. Teil 2: Vom 16. April bis 4. Mai); MS B-228c (Weisenberger, Karl: Wehrkreiskommando XIII von Anfang Mai 1945 bis zur Kapitulation, Böhmerwald bis Gegend westlich Pilsen)

- National Archives Records Administration (NARA): G-2 Periodic Report der 90th US Infantry Division (enthält Berichte über den gesamten Frontverlauf), Signatur: 390-INF(359)-0.8 26530; vgl. ferner die G-2 Journals der 2nd Infantry Division und der 97th Infantry Division, die in den betreffenden Journals der 1st Infantry Division erhalten sind (hier: Link)

- Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge (Gräbersuche online für die Daten der deutschen Gefallenen)

- Statni Okresni Archiv Domazlice (SOkA), Bestand ONV Domazlice 1945-1960, Číslo JAF: 73, Evidenční číslo pomůcky: 178, hier: i.c. 451 und 455

- Sterbebuch der Pfarrei Weißensulz (Bela nad Radbuzou), einzusehen im Obecni Urad (Gemeindeverwaltung) Bela 

Wissenschaftliche Literatur:

- Ganz, Albert Harding: Ghost Division. The 11th „Gespenster“ Panzer Division and the German Armored Force in World War II. Mechanicsburg/PA 2016

- Hegenbart, Franz (nach den Berichten von Oberstleutnant a.D. Hubert Rudofsky und Josef Witowski): Das Gestüt Hostau. In: Unser Heimatkreis Bischofteinitz, hg. vom Heimatkreis Bischofteinitz, 4. Aufl. 1983 (zuerst 1967), S. 572-576

- Peter, Brigitte: Hostau 1945. Die Rettung der Lipizzaner – Wagnis oder Wunder? In: zyklus-Magazin, Jahrgang II (1982), Ausgaben 2-4.

- Lambert, Arthur Lawrence / Layton, Charles Bruce: The Ghosts of Patton’s Third Army. A History of the Second U.S. Cavalry“. München 1946 (siehe auch: https://dragoonshistory.wordpress.com) 

 Hinweis: Das Buch von Mark Felton: Ghost Riders: When US and German Soldiers Fought Together to Save the World’s Most Beautiful Horses in the Last Days of World War II (London 2018) ist keine wissenschaftliche Arbeit, sondern eine Art Roman; es ist in die Kategorie "Histotainment" (auch "Historytainment", Link zu Wikipedia) einzuordnen, die einen gewissen Grundbestand historischer Fakten zwar nutzt, diese jedoch zugunsten einer lebendigen Unterhaltung des Publikums unrichtig darstellt oder verkürzt oder aufbauscht. Vgl. die Historienfilme.

 


Chronologie der Kämpfe an der deutsch-tschechischen Grenze (Raum Waldmünchen, Cham und Domažlice/Taus)

 © Dr. Markus Gruber

 

Montag, 23. April

- die 11th Armored Division besetzt Oberviechtach, Neunburg vorm Wald, Rötz und Cham - Gefechte bei Winklarn und Gaisthal

- bei Pösing und Wetterfeld wird ein Todesmarsch aus dem KZ Flossenbürg befreit

- Tieffliegerangriff in Waldmünchen am Böhmerkreuz 

Dienstag, 24. April

- die Vorhut der Amerikaner ist in Schönthal

- Russischer Gefangenenzug in Höll bei Waldmünchen, Mord an zwei Russen in Grafenried

Mittwoch, 25. April

- die 90th Infantry Division stößt in den Raum Schönsee und Tiefenbach vor

- Gefechte gegen Hitlerjungen bei Hannesried und Treffelstein sowie Löwendorf bei Grafenkirchen/Pemfling

- am Abend steht die 90th Infantry entlang der Linie Treffelstein, Schäferei, Ast, Schönthal, Geigant

- schwerer US-Artilleriebeschuss auf den Grenzstreifen zwischen Plöss (Pleš), Waier (Rybník) und Grafenried (Lučina).

- Ankunft einer Kampfgruppe der 11. Panzerdivision im Raum Klenčí (Klentsch)

- Ersatztruppenteile der Skijäger aus Taus und der Luftwaffe richten sich im Raum Waier (Rybník) zur Verteidigung ein

- der Volkssturm lagert im Böhmerwald

Donnerstag, 26. April

- gegen 3.00 Uhr nachts: deutscher Gegenangriff in Schäferei, Ankunft einer weißruthenischen SS-Einheit und einer Kampfgruppe der 11. Panzerdivision in Waldmünchen

- 9.00 Uhr: Beginn des Artilleriebeschusses von Waldmünchen

- vormittags: Eroberung von Hochabrunn und Englmannsbrunn

- 10.45: Die Weiße Fahne auf dem Kirchturm, vergebens

- 10.00 bis 12.00: Gefecht in Böhmisch-Schwarzach (Švarcava), Beschuss

- nachmittags: Straßenkämpfe in Waldmünchen; Eroberung von Herzogau, Höll, Haselbach (Lísková) und Gleißenberg

- 17.55: Waldmünchen ist erobert. – Furth im Wald wird fast kampflos eingenommen.

- 19.00: US-Luftangriff auf Klentsch

- die nächtliche Ausgangssperre kostet mehreren Waldmünchnern das Leben

 Freitag, 27. April

- morgens: Kapitulation des Waldmünchner Volkssturms, US-Patrouillen im Böhmerwald treffen auf die beweglichen Vorposten der 11. Pz.Div.

- US-Artilleriebeschuss von Waier (Rybník), Schneiderhof (Myslív) und Neumark (Všeruby)

- Gefechte bei Furth im Wald (Daberg), deutsche Artillerie beschießt den Raum Furth

 Samstag, 28. April

- vormittags: der Waldmünchner Max Riedl wird am Čerchov erschossen

- US-Patrouillen über die Grenze in den Raum Wassersuppen (Nemanice), nach Grafenried (Lučina) und Paadorf; Gefecht bei Franzbrunnhütte und Neid (Závist)

- mittags Einnahme von Fichtenbach (Bystřice), nachmittags Einnahme  von Waier (Rybník) und des Weilers Amerika am Čerchov

- US-Artilleriebeschuss auf das Grenzgebiet, u.a. auf Chodov (Meigelshof)

- die 11. Panzerdivision ist nun mit fast 10.000 Mann komplett im Raum Taus versammelt

- ‚Geheimaktion‘ zur ‚Rettung’ der Lipizzaner bei Hostau (Hostouň), dennoch Kämpfe

 Sonntag, 29. April

- frühmorgens: deutscher Gegenangriff auf Fichtenbach (Bystřice)

- morgens: Gefechte am Arnstein und südlich von Sophienthal (Černá Řeka)

- fortgesetzter Artilleriebeschuss auf die Stellungen der 11. Panzerdivision, u.a. auf Heinrichsberg (Jindřichová Hora) und Nepomuk (Capartice)

- nachts: die 11. Panzerdivision geht in Verteidigungsstellung

Montag, 30. April

- 8.00 Uhr: Beginn der Offensive der 90th US Infantry Division in Richtung Klenčí (Klentsch), Česká Kubice und Neumark (Všeruby)

- heftiger Widerstand bei Sophienthal (Černá Řeka); US-Luftangriffe bei Trhanov und auf Neumark

- abends: Stop des Angriffs auf der Passhöhe von Nepomuk (Capartice), Rückzug der Amerikaner aus Česká Kubice

- nachts: Rückzug der deutschen Verteidiger aus Nepomuk (Capartice)

- Gefecht der 2nd Cavalry bei Rosendorf (Růžov) / Weißensulz (Bělá nad Radbuzou)

Dienstag, 1. Mai

- vormittags: Befreiung von Klenčí und Chodov, Störfeuer der deutschen Artillerie

- nachmittags: Befreiung von Starý Postřekov (Alt-Possigkau), ein US-Jeep fährt bei Díly über eine Mine und wird zerstört

- am frühen Abend: ein Gegenangriff der Deutschen von Újezd aus in Richtung Thranov wird zurückgeschlagen

- den ganzen Tag über Kämpfe im Raum Česká Kubice, Babylon, Prennet (Spálenec), Maxberg (Maxov) und Neumark (Všeruby)

- Vorstoß der 97th US Infantry Division über Stockau (Pivoň) und Waier (Rybník) bis Ronsperg (Poběžovice)

Mittwoch, 2. Mai, bis Samstag, 5. Mai

- 2. und 3. Mai: weiter Kämpfe bei Babylon, Prennet (Spálenec), Neumark (Všeruby) ohne nennenswertes Vorankommen der amerikanischen 90th Infantry Division

- zwischen Klenčí und Postřekov bleiben die Amerikaner in Halteposition

- erste Übergriffe auf die deutsche Bevölkerung in Linz (Mlýnec) bei Starý Postřekov

- Tod von sechs tschechischen Partisanen aus Starý Postřekov bei einem missglückten Vorstoß auf Wottawa (Otov)

- 3./4. Mai: Kapitulation der 11. Panzerdivision bei Neumark (Všeruby) und Rittsteig

- die 2nd US Infantry Division übernimmt die Frontlinie

- 5. Mai: Befreiung von Taus, Einnahme von Bischofteinitz (Horšovský Týn) bei nur noch örtlichem Widerstand der verbliebenen deutschen Verteidiger.

 

Mai/Juni 1945: Übergriffe auf die sudetendeutsche Bevölkerung im Raum Bischofteinitz (Horšovský Týn) und in Taus (Domažlice) mit über 200 Toten; Aufbau einer US-Militärregierung im Kreis Waldmünchen; Entlassung der Volkssturmmänner und der Gefangenen der 11. Panzerdivision; Rückkehr der Zwangsarbeiter in ihre Heimat; Sommer 1946: Vertreibung der Sudetendeutschen


2. Am 23. und 24. April 1945 kamen bei Pösing, Wetterfeld und Untertraubenbach 57 deutsche Soldaten ums Leben. 

© Dr. Markus Gruber

 

Der vollständige Beitrag erschien in den "Beiträgen zur Geschichte im Landkreis Cham", Band 39 (2022), erhältlich im Landratsamt Cham.

Eine Kurzfassung erschien in der Mittelbayerischen Zeitung am 3. Mai unter dem Titel "Nicht alle waren Täter": zum Artikel bitte hier klicken 

 

Mindestens 57 deutsche Soldaten kamen am 23. und 24. April in Pösing und Wetterfeld sowie in Untertraubenbach und Thierlstein ums Leben. Darunter befanden sich SS-Angehörige der Wachmannschaft des KZ Flossenbürg, die einen Todesmarsch mit hunderten Todesopfern vor sich hertrieben und im Gemeindeholz von Wetterfeld noch in letzter Minute 49 Häftlinge ermordeten (Friedhof mit 600 Toten, Link zu Wikipedia), aber auch zufällig anwesende Wehrmachtangehörige auf dem Rückzug, beispielsweise des bekannten Jagdgeschwaders 2 "Richthofen" und ältere Marineoffiziere eines Umschulungslehrgangs. Aus Pösing wurden in den 1950er Jahren insgesamt 41 deutsche Soldaten in die Kriegsgräberstätte Hofkirchen überführt, aus Thierlstein elf und aus Wetterfeld zwei; mindestens drei Soldaten, die im Raum Pösing verwundet worden waren, verstarben später in Lazaretten. Es ist davon auszugehen, dass insgesamt etwa 20 Angehörige der Wehrmacht im Kampf fielen, nämlich am Vormittag des 23. April zwischen Pösing und Wetterfeld sowie in Untertraubenbach. Die weiteren etwa 35 SS- und Wehrmachtangehörigen wurden bei verschiedenen Vorfällen nach ihrer Gefangennahme erschossen, darunter etwa zehn auf der Straße nach Stamsried.

 

Die folgenden Marineoffiziere fielen in einer Kampfsituation am Vormittag des 23. April, als sie von Pösing nach Wetterfeld flüchten wollten und auf freiem Feld von US-Panzern beschossen wurden:

- Krämer, Hermann Adolf Richard: Oberleutnant zur See, *13.04.1921 in Wilhelmshaven, zwischen 10.30 und 11 Uhr

- Sitz, Manfred Erich Otto: Oberleutnant zur See, *16.09.1921 in Swinemünde

- Stockfisch, Günther Ernst Hermann: Korvettenkapitän d. Reserve, *18.11.1888 Hohensalza, Marine-Unterbereichsführer

- Jerchel, Wolfgang: Kapitän zur See, *30.10.1891 Liegnitz, war Kommandant der Seeverteidigung Nordgriechenland

- Kaeckell, Siegfried: Oberleutnant d. Reserve, *27.03.1921 in Kassel, zwischen Wetterfeld und Pösing

- Mende, Friedrich Wilhelm Albert: Kapitän zur See, *24.07.1891 in Breslau, um 11 Uhr zwischen Pösing und Wetterfeld

- Erhard, Paul: Fregatten-Kapitän oder Kapitän-Leutnant: *15.11.1891

- Falkenhorst, Korvettenkapitän, südlich Wetterfeld in der Berggasse, wo wohl noch bis zu vier weitere Soldaten fielen.

- Hillmann, Franz: Kapitänleutnant, *29.05.1889 in Güstrow (Dr. jur.), +21.09.1945, verstorben im Krankenhaus Nabburg nach Verwundung bei Pösing

 

Die folgenden Wehrmacht- und SS-Angehörige kamen bei Pösing und Stamsried offenbar erst nach ihrer Gefangennahme ums Leben, teils am 23. April, teils am 24. April:

- Rump, Josef: Stationiert in der Infanterie-Schule Grafenwöhr. Gemäß dem Brief eines verwundeten Kameraden soll Rump am 23.04. bei Stamsried durch Kopf- und Lungenschuss umgekommen sein.

- Kloz, Helmut Reinhold: Unteroffizier, *26.10.1912 in Bad Cannstatt, Hauptlehrer, wurde laut Todesanzeige des Standesamts Pösing am 23.04. an der Straße Pösing-Wetterfeld „entweder erschlagen oder erschossen“.

- Nitsche, Fritz Josef Otto: Hauptmann, *30.01.1894 in Stettin, Versicherungsinspektor, +24.04. „in Pösing gefallen“, Erkennungsmarke: -32- Werkstatt-Kompanie mot. 122

- Stader, Werner: *20.05.1916 in Nerdingen, Obergefreiter, +23./24.04., Einheit: 3. Kompanie Pionierbataillon 23

- Jochum, Karl: *20.12.1897 in Augsburg, SS-Sturmscharführer K.L. Flossenbürg, +24.04., Todeszeit: 11 Uhr

- Eggenhaus, Josef: *25.11.1906 in Ostbevern, Stabsfeldwebel, SS-Wachbataillon Sachsenhausen, +23.04.

- Sandner, Adolf: SS-Angehöriger, aus Schönbrunn/Eger, +24.04. in Pösing-Wetterbach durch Genickschuss

- Unbekannter, Erkennungsmarke: SS-Sturmbann Totenkopf Oranienburg, +23./24.04.

- Piepenstock, Fritz: *16.08.1904 in Lüdenscheid, Unterscharführer, Stab Kommandantur K.L. Wache Flossenbürg, +23./24.04.

- Berns, Dietrich Peter: *18.12.1896 Neukirchen, SS-Oberscharführer, jedoch lautet die Erkennungsmarke auf: Landesschützen-Ersatz-Bataillon 6 (Stabskompanie), +23.04. in Pösing

- Sprotte, Rudolf Oskar: *15.03.1904, Luftwaffe, II. Gruppe / Jagdgeschwader 2, +23./24.04.

- Weinert, Josef: Unteroffizier, 4. Kompanie Flieger-Ausbildungs-Regiment 71 bzw. Jagdgeschwader 2 (Stab II. Gruppe), +23.04.

- Unbekannter, Erkennungsmarke: 16. Kompanie / Grenadier-Ersatz u. Ausbildungs-Regiment 615

- Alexander, Maximilian: Obergefreiter, Erkennungsmarke: Stab Flak-Ersatz-Abteilung 12, *11.04.1906 in Regensburg, +23.04. in Wulfing, bestattet jedoch in Pösing

- Turek, Manfred: Gefreiter, *23.12.1923, +24.04.

 „Burg“, aus Wien, Näheres unbekannt, Name erscheint in der Gräberliste von Pösing 

Alle diese Toten, zu denen noch einige Unbekannte kommen, wurden vor dem Friedhof von Pösing bestattet, insgesamt 41. 

An ihren bei Pösing erlittenen Verwundungen verstarben:

- Kissenberth, Friedrich: vom Wehrbereichskommando XIII Nürnberg, am 07.10.1945 in Nürnberg verstorben

- Kleinböhl, Georg: *06.12.1903 in Biebesheim, Fährenflak-Einheit 992, am 10.05.1945 in Cham verstorben

 

Aus dem sogenannten Flüchtlingsfriedhof im Schlosspark von Thierlstein bettete der Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge im Jahre 1960 insgesamt elf deutsche Soldaten zur Kriegsgräberstätte Treuchtlingen um. Drei von ihnen waren in Thierlstein umgekommen und acht in Untertraubenbach (die Mehrzahl davon offenbar in einem letzten Gefecht gegen die US-Panzer). Von den elf Toten sind immerhin fünf namentlich bekannt. Es handelt sich teilweise um Personal der Luftwaffe und des berühmten Jagdgeschwaders 2 "Richthofen". Dazu passen die oben erwähnten Toten Sprotte und Weinert, die in Pösing bestattet wurden:

 

- Bode, Heini: Uffz., Ersatzabteilung Luftwaffenregiment 2, *18.05.1922 Wittmar, +23.04.1945 Thierlstein, laut Sterbeurkunde "durch Überfall"

- Hoffmeister, Heinrich: 3. N.A.G. (Nahaufklärungsgruppe) 13, 28.06.1920 Königsberg, + 23.04. Untertraubenbach

- Jähnig, Erhard: Luftwaffe, evtl. Ergänzungs-Jagdgruppe West, *18.07.1921 Naundorf, 23.04. Untertraubenbach

- Skowronski, Bolislaus: Stabsgefreiter, 3. Kompanie Flieger-Ausbildungs-Regiment 82 bzw. II. Gruppe Jagdgeschwader 2, *12.01.1919 in Dortmund, +23.04.1945 Untertraubenbach

- Landwehr, Hermann: SS-Rottenführer, *12.04.1920 in Westernhausen, +23.04. Untertraubenbach

- und sechs Unbekannte

 

Bolislaus Skowronski, Sohn polnischer Einwanderer aus dem Ruhrgebiet, war Schreiber im Stab der II. Gruppe des Jagdgeschwaders "Richthofen", die in diesen Tagen auf dem Rückmarsch hier untergebracht war. Zu den elf Toten von Untertraubenbach und Thierlstein gehören wohl auch zwei Unbekannte, die ein Bericht des Pfarrers von Untertraubenbach erwähnt: Einer wurde im Fluss Regen angeschwemmt, ein zweiter hatte eine Erkennungsmarke der 3. Kompanie, Infanterie-Ersatz-Bataillon 390. Laut der Gräberliste der Kriegsgräberstätte Treuchtlingen am Nagelberg, wohin diese elf Toten um 1960 überführt wurden, wird diese Erkennungsmarke dem SS-Mann Hermann Landwehr zugeordnet, der vermutlich der Wachmannschaft des Todesmarsches angehörte.


3. Teunz bei Oberviechtach: zehn Tote in einer kleinen Gemeinde 1945. 

© Dr. Markus Gruber

 

Teunz ist eine kleine Gemeinde mit knapp 2000 Einwohnern bei Oberviechtach im Landkreis Schwandorf. Der Wikipedia-Artikel, auf den Geschichtsinteressierte wohl als erstes stoßen, enthält viele historische Informationen, endet aber mit einem Abschnitt über die Grafen von Leuchtenberg im 18. Jahrhundert. Über das Geschehen zu Ende des Zweiten Weltkriegs erfährt man hier also nichts, obwohl hier insgesamt zehn Menschen den Tod fanden: Vier deutsche Soldaten, zwei Einwohner und vier Kinder. Wo Teunz liegt, kann man am besten auf der Seite mapy.cz nachsehen: Link.

Die Chronik von Teunz berichtet über das Kriegsende folgendes (Gschrei, Josef / Baier, Wilfried: 125-jähriges Gründungsfest mit Weihe der restaurierten Fahne der Freiwilligen Feuerwehr Teunz. Teunz 2001, S.168-170): Die Amerikaner erreichten Teunz am 23. April gegen 11 Uhr vormittags. Die Bewohner hatten bereits Weiße Fahnen gehisst, der Ort wurde von Bürgermeister Stauber kampflos übergeben. Als die Amerikaner in Richtung Fuchsberg ausschwärmten, eröffneten „SS-Einheiten“ aus einem Waldstück bei Miesmühle das Feuer. Die US-Panzer schossen zurück, der Kampf war schnell beendet. Wahrscheinliche kamen in diesem Gefecht vier deutsche Soldaten ums Leben. Wie so oft stimmt die Behauptung, es wären „SS-Leute“ gewesen, nicht. Die Namen von drei Toten finden sich in der Gräberliste, die im Staatsarchiv Amberg unter der Signatur  „Bezirksamt/Landratsamt Oberviechtach 434, Kriegsgräberfürsorge“ liegt:

 

1. Issle, Heinrich Wilhelm: Revier-Oberwachtmeister bei der Schutzpolizei, *27.01.1904 Mannheim-Rheinau, +24.04.1945 Teunz, Einheit: Nachrichtenabteilung 2, Polizei-Regiment Süd 84, beigesetzt am 27.04.

2. Lattermann, Feodor: Soldat, *29.08.1927 Chemnitz, Einheit: Panzeraufklärungs-Abteilung 9, beigesetzt am 07.05.

3. Westphal, Horst: Unteroffizier, aus Braunschweig, Einheit: ebenfalls Panzeraufklärungs-Abteilung 9, beigesetzt am 07.05.

4. ein unbekannter deutscher Soldat, beigesetzt am 07.05.

 

Diese vier Gefallenen starben vermutlich alle bereits am 23. April 1945. Während der Schutzpolizist Issle, der offenbar der Wehrmacht angehörte, bereits am 27. April im Friedhof beigesetzt wurde, geschah dies bei den anderen dreien erst am 07. Mai. Alle wurden an der Südseite des Friedhofs in Teunz bestattet. Im November 1955 bettete der Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge zumindest die Toten Issle und Lattermann sowie den Unbekannten in die Kriegsgräberstätte Hofkirchen in Niederbayern um. Mit den Angehörigen von Horst Westphal trat die Gemeinde Teunz in Kontakt wegen einer möglichen Heimatüberführung. Wie dieser Vorgang ausging, lässt sich leider nicht mehr ermitteln; es ist bislang nicht bekannt, wo der Unteroffizier Westphal seine letzte Ruhestätte fand. 

 

Die Opfer unter der Zivilbevölkerung: Frau Anna Gschrei wurde Anfang April durch Tiefflieger verwundet. Da die Lazarette in Teunz und Oberviechtach bereits überfüllt waren, konnte die alte Frau nicht ausreichend behandelt werden und verstarb am 26. April an einer Blutvergiftung. Ein NS-Funktionär soll von freigelassenen polnischen Zwangsarbeitern getötet worden sein. Am 10. Mai fanden vier einheimische Buben durch die Explosion von Fundmunition den Tod. Ihre Namen: Gerhard Eckl, Alfred Busl, Josef Glaser und Karl Schiessl. Requiescant in pace.

4. Von Bärnau nach Tachov: Die Opfer der Kampfhandlungen vom 30. April bis 05. Mai 1945. 

© Dr. Markus Gruber

 

Aktualisierung 04.02.2023: Die Namen aller vier bei Albersdorf (Pisarova) gefallenen deutschen Soldaten sind nun bekannt.

 

Am 30. April begann die amerikanische 97th Infantry Division „Trident“, von Tirschenreuth, Bärnau und Waidhaus aus die heute deutsch-tschechische Landesgrenze zu überqueren, um den Raum Tachov (Tachau) zu erobern. Dies geschah zeitgleich zur Offensive der 90th Infantry Division „Tough Ombres“ im Raum Waldmünchen und Furth im Wald, die in Richtung Klenci (Klentsch) und Domazlice (Taus) ging. Die sich im Raum Tachov entwickelnden Kämpfe gegen improvisierte Kampfgruppen der Wehrmacht, die dem Wehrkreis XIII (General Weisenberger) unterstanden, gegen Teile der 2. Panzerdivision sowie gegen die 655. Heeres-Pionier-Brigade, waren zwar auf einzelne Orte beschränkt, forderten aber über mehrere Tage hinweg eine hohe Opferzahl. Am 5. Mai übernahm die 2nd Infantry Division „Indianhead“ den weiteren Vormarsch, indem sie einerseits aus dem Raum Waldmünchen und Furth im Wald nach Taus (Domazlice) und Bischofteinitz (Horsovsky Tyn) vorstieß, anderseits von Weißensulz (Bela nad Radbuzou) her ebenfalls nach Bischofteinitz.

Im Folgenden sind die namentlich bekannten Todesopfer auf Seiten der Amerikaner und auf Seiten der Wehrmacht aufgelistet, soweit sie aus den bislang zugänglichen Quellen zu erschließen sind. Die eigentliche Darstellung der Kampfhandlungen folgt zu gegebener Zeit. 

Es ergibt sich folgendes Bild:

- Verluste der US Army: 97th Infantry: 26 Tote, 2nd Infantry: 3 Tote, zusammen 29 Tote

- Verluste der Wehrmacht: 46 Tote lassen sich definitiv namentlich angeben. Aufgrund der Angaben in der heimatgeschichtlichen Literatur und unter Berücksichtigung der noch nicht ermittelten möglichen Opfer, zum Beispiel bei Wondreb (Tirschenreuth), dürfte die tatsächliche Opferzahl bei mindestens 60 Gefallenen liegen (andererseits müssen die Angaben der Todesorte beim Volksbund nicht mit den tatsächlichen übereinstimmen).

Eine Beobachtung: Die höchste Opferzahl gab es am 01. Mai 1945 bei Bärnau, am Steinberg, und dem nur wenig entfernten, heute nicht mehr existierenden Ort Paulusbrunn (Pavluv Studenec) mit alleine 11 gefallenen Wehrmachtangehörigen, offenbar alles Pioniere der 655. Pionier-Brigade. Die noch auf heute deutschem Staatsgebiet Gefallenen wurden später zur Kriegsgräberstätte Hofkirchen (Niederbayern) umgebettet. 

Auf Seiten der Amerikaner kamen im Kampfgebiet einige Soldaten durch Minen ums Leben. Eine solche Kampfführung passt zu einer deutschen Pioniereinheit, eben der 655. Pionierbrigade. Den verlegten Minen fielen aber auch zwei deutsche Soldaten zum Opfer (s.u., Ramsch und Schüle), wie auch Zivilpersonen, auf deren Schicksal ergänzend einzugehen sein wird. 

Nicht berücksichtigt sind die vorherigen Kämpfe zwischen Pleystein und Waidhaus am 24. und 25.04.1945, bei denen es ebenfalls Tote auf Seiten der Wehrmacht wie auch der 90th Infantry Division gab. Brennpunkte waren hier, neben Waidhaus (drei gefallene RAD-Angehörige), die Orte Lohma, Burgtreswitz (wohl sieben Deutsche), Gebhardtsreuth bei Moosbach (wohl vier Deutsche) und Burkhardsrieth (sieben Deutsche). Neben diesen mindestens (!) 21 gefallenen deutschen Soldaten lassen sich acht Namen von US-Soldaten angeben, die zur 90th Infantry Division gehörten.

 

Was speziell die 97th Infantry Division betrifft: Diese Einheit eroberte zwischen dem 25. und 28. April die große Stadt Eger (Cheb). Dabei verlor sie, je nachdem wo man zeitlich und örtlich Abgrenzungen zieht, etwa 36 Gefallene. Während aber die Eroberung von Eger recht bekannt ist, ja zu einem Mythos wurde, sind die jeweils einzelnen, örtlichen Gefechte zwischen Bärnau und Tachau der Öffentlichkeit wesentlich weniger bewusst: Die zwischen dem 30. April und dem 5. Mai hier gefallenen 29 US-Soldaten erreichen fast die Dimension der Totenzahl in der "großen" Schlacht von Eger.

 

A. Verluste der Wehrmacht (grob nach Datum und nach Orten geordnet)

 

Gaul, Rudolf: Uffz., *13.05.1916, +27.04.1945 Neuhäusl/Nove Domky               

Grundl, Karl Otto: Feldw., *16.02.1913, +30.04.1945 Wosant/Bazantov             

 

Elster, Helmut Hans Erich: Unteroffizier, *10.12.1920, +30.04.1945 Wusleben/Bohuslav

Wittwer (Vorname unbekannt): Unteroffizier, *1915, +Wusleben/Bohuslav

 

Elgner, Robert: Hauptwachtmeister, *21.02.1912, +01.05.1945 Albersdorf/Pisarova  

Häussler, Andreas: Fähnrich, geb. 03.03.1920, +01.05.1945 Albersdorf/Pisarova 

Fritsch, Paul: Feldwebel, 01.05.1945 Albersdorf/Pisarova 

Binda (?), Ferdinand: begraben auf dem Wege von Albersdorf nach Helldroht

 

Bartsch, Willi Hermann: Gefr., *18.04.1909, +01.05.1945 Schönbrunn/Studanka

           

Fürlinger, Ernst: Uffz., *12.12.1921, +01.05.1945 Neu-Zedlisch/Nove Sedliste

Kurz, Leo: Uffz., *28.06.1923, +01.05.1945 Pfraumberg/Primda              

Steinke, Johann: Soldat, *14.03.1928, +01.05.1945 Pfraumberg/Primda               

           

Chilian, Rudolf H.G.: Fahnenjunker, *28.11.1922, +01.05.1945 Paulusbrunn/Pavluv Studenec, wohl dort bestattet

Wolens, Heinz-Dieter: Fahnenjunker-Feldwebel, *20.04.1925, +01.05.1945 Paulusbrunn/Pavluv Studenec, wohl dort bestattet

Enzenhofer, Franz: Pionier, 34 Jahre alt, +01.05.1945 Paulusbrunn/Pavluv Studenec, Bestattungsort unbekannt

Wißler, Christian A.: Feldw., *15.01.1915, beerdigt am 03.05. im Südfriedhof Nürnberg (laut Sterbeurkunde jedoch in Paulusbrunn!)

Wacker, Ernst-Klaus: Leutnant, *05.09.1913, beerdigt am 03.05. im Südfriedhof Nürnberg

Kilian, Walter Jakob: Pionier, *06.12.1924, 01.05.1945 Bärnau, am Steinberg, Grablage?           

Müller, Helmut: Uffz., *07.08.1916, +01.05.1945 Bärnau, am Steinberg, umgebettet Kgst. Hofkirchen

Flaschka, Adolf: *18.09.1910, +01.05.1945 Bärnau, vermutlich am Steinberg, umgebettet Kgst. Hofkirchen

Rakel, Kurt: Pionier, *22.11.1909, +01.05.1945, Bärnau, vermutlich am Steinberg, umgebettet Kgst. Hofkirchen

Betker, Gustav: Pionier, *09.12.1889, 01.05.1945 Bärnau, am Steinberg, umgebettet Kgst. Hofkirchen

Wittwer, Herbert: Pionier, *16.06.1926, +01.05.1945 Bärnau, vermutlich am Steinberg, umgebettet Kgst. Hofkirchen

Kern, Kurt: Pionier, *12.01.1924, + 01.05.1945 Bärnau, vermutlich am Steinberg, umgebettet Kgst. Hofkirchen

 

Fritsch, Georg: *16.04.1900, +01.05.1945 Molgau/Malkov, umgebettet

Roth, Johann: *17.02.1915, Feldwebel, +01.05.1945 Molgau/Malkov, umgebettet

Pollhammer, Georg: *17.10.1921, Unteroffizier, Einheit: Luftwaffe/Ergänzungs-Kampfgruppe J, +01.05.1945 Molgau/Malkov, umgebettet

Roth und Pollhammer gehörten zur "Ergänzungs-Kampfgruppe J" der Luftwaffe und sind in der Vermisstenbildliste des Roten Kreuzes in Band LJ, S. 26, gelistet. Zu dieser Einheit gehörte auch Hans Mai, der am 28.04.1945 in der Nähe des ca. 17 Kilometer entfernten Ortes Neid (Závist) fiel.

 

Winger, Emil: *12.03.1905, +02.05.1945, Elsch/Olesna

 

Kienlein, Joseph: Soldat, *30.06.1900, 02.05.1945, +Sorghof/Lucina; Grab: Stiebenreith/Ctibor    

Skupin, Wolfgang Rudi: Arbeitsmann, *22.05.1928, +02.05.1945 Konraditz/Kundratice            

 

Seydel, Johann Gustav: Stabsgefr., *01.04.1915, +02.05.1945 Wurken/Borek                       

Motta, Walter: 12.07.1923, +03.05.1945 Wurken/Borek               

Ruppert, Franz: Volkssturm, *10.11.1896, +03.05.1945 Heiligenkreuz/Chodsky Ujezd (bei Plan)      

Schäfer, Wilhelm: Obergefr., *05.02.1913, +03.05.1945 Galtenstallung/Jalovy Dvur               

Hell, August Josef: Uffz., *21.05.1910, +04.05.1945 Haid/Bor                             

Ciolina, Harald: Gefr., *11.11.1925, +05.05.1945 Ratzau/Racov                

Weber, Wolfgang Georg: Uffz., *17.12.1913, +05.05.1945 Ratzau/Racov            

Ditz, Albin: Schütze, *12.09.1900, +05.05.1945 Innichen/Mchov             

Grünwald, Willi Hermann: Gefr., *11.02.1925, +05.05.1945 Strachowitz/Strachovice – Grab in Pernartitz/Bernartice                

Murr, Anselm: Stabsfeldwebel, *25.03.1903, +06.05.1945 Woschnitz/Bojecnice, im Schulhaus             

Grilz, Robert: Obergefr., *03.01.1924, +11.05.1945 Pernartitz/Bernartice            

 

Medzela, Johann: aus Chodau bei Karlsbad, + in Godrusch/Jadruz, vermutlich 02. oder 03.05.1945               

Hoffmann, Adolf: aus Ostpreußen, + in Godrusch/Jadruz, vermutlich 02. oder 03.05.1945

 

Binder, Franz: *30.09.1910, kein Todesdatum, +Konraditz/Kundratice (Kampfbezug unklar) 

 

Müller, Rudolf: Uffz., *30.06.1922, +03.05.1945 am Poppenreuther Berg/Griesbach

Futterer, Karl-Gustav: Oberwachtmeister, *21.08.1916, +03.05.1945 am Poppenreuther Berg/Griesbach

Hadwiger, Franz: *21.08.1928, April/Mai 1945 bei Poppenreuth/am Poppenreuther Berg

 

B. Ergänzende Hinweise aus der heimatgeschichtlichen Literatur zu gefallenen deutschen Soldaten

Quellen: Hamperl (1997) und Heimatatlas (1973) (bibliograph. Daten s.u.)

 

- Drißgloben/Triskolupy: Fünf Gefallene am 02.05.1945. Trotz der hohen Opferzahl liegen keinerlei nähere Anhaltspunkte vor!

- Molgau/Malkov: Die Angaben sind unterschiedlich: Vier Gefallene an der Straße nach Neudorf (Nova Ves), oder acht Gefallene insgesamt; die Rede ist auch von zwei Toten der „Heimwehr“ (Volksturm?). In der Pfarrmatrikel von Molgau sind nur eingetragen: Fritsch, Roth, Pollhammer. Bei einer Ausbettung im Jahre 2013 wurden die sterblichen Überreste von vier Toten gefunden.  Link zum Artikel "Exhumaci u Málkova" im Tachovsky Denik

- Strachowitz/Strachovice: Hier sollen ein deutscher Hauptmann, zwei Oberleutnante und zwei Unteroffiziere von den Amerikanern standrechtlich erschossen worden sein. S.o.: Grünwald, Grilz, Ciolina, Weber…?

 - Zummern/Souměř bei Neustadtl/Stráž: zwei Gefallene am 04./05.05.1945. Deren Namen? Eventuell Skupin und Binder, die für Konraditz/Kundratice genannt sind?

- Elsch/Olesna: Vier Gefallene auf dem Höhenrücken östlich der Straße. S.o.: Winger – wer waren die anderen drei Toten?

- Pfraumberg/Primda: Insgesamt vier Gefallene. S.o.: Kurz, Steinke – wer waren die anderen beiden Toten?

- Tholl/Doly: Drei Gefallene am 05.05., bestattet auf dem Kreuzelberg. S.o.: Hell (Haid/Bor), Ditz (Innichen/Mchov)? Der dritte Tote?

- Schönwald (Lesná u Tachova): ein Gefallener

- Girnberg (Zadní Milíře, Ortsteil von Brand= Milíře): ein Gefallener des Reichsarbeitsdienstes (RAD)

- Ostrau/Ostrov: ein Gefallener, wurde auf der Hütwiese begraben

- Dehenten/Dehetna: ein Gefallener, stammte aus Wien

- Speierling/Skvirin (3 km östlich von Haid): ein Gefallener

- Ratzau/Racov: drei dt. Soldaten, beim Kampf Richtung Strachowitz gefallen. S.o.: Ciolina, Weber... der dritte?

 

Zusatz: Weitere Tote der Wehrmacht vor den eigentlichen Kämpfen:

- Wolf, Paul Willy: Uffz., *05.08.1901, +16.04.1945 Haid/Bor (Tiefflieger)

- Willamowski, Alfred: Lt., *23.08.1915, +24.04.1945 Haid/Bor                            

- Schüle, Ernst: Schütze, *27.05.1926, +24.04.1945, +Promenhof/Broumov (Unfall bei Redenbach), umgebettet Kgst. Marienbad/Marianske Lazne

- Ramsch, Georg J.: Gefr., 25.12.1926, +24.04.1945 +Promenhof/Broumov (Unfall bei Redenbach), umgebettet Kgst. Marienbad

Hinweis: Die beiden Soldaten Schüle und Wünsch fuhren auf eine eigene Mine, noch auf deutschem Staatsgebiet bei Redenbach. Die Einheit nahm die beiden Verunglückten aber mit zum Stützpunkt in Promenhof/Broumov auf heute tschechischem Staatsgebiet. Von dort wurden die sterblichen Überreste wohl in den 1990er Jahren zur Kriegsgräberstätte Marienbad/Marianske Lazne umgebettet.

 

 

C. Verluste der Amerikaner

- 97th Infantry Division "Trident":

Betroffene Teileinheiten: 303rd, 386th und 387th Infantry Regiment sowie 322nd Combat Engineers Battalion.

Soweit bekannt, ist auch die Kompanie des Gefallenen vermerkt: Co. = Company

Hinweis: Fast alle Soldaten waren sofort tot (amtlich: KIA = "killed in action"). Der Vermerk DOW bedeutet "died of wounds", womit schwer Verwundete gemeint sind, die in einem gewissen räumlichen und zeitlichen Abstand nach ihrer Verwundung verstarben. Oft reichte ein einziger Tag für diese Klassifizierung.

 

Butterweck, Earl R.: Pvt, 303rd Inf., 30.04.1945                                     

Foley, Raymond T.: S Sgt, 303rd Inf., 30.04.1945 "Bärnau"                     

Weyhrauch, Wesley W.: Pfc, 303rd Inf., 30.04.1945                                     

Oakey, Alfred J. Jr: Pvt, 303rd Inf, Co. G, 30.04.1945                                    

Padgett, Richard P.: 2nd Lt, 303rd Inf., Co. G, 30.04.1945 "Tirschenreuth"

Janacek, Laddie J.: Sgt, 303rd Inf., Co H, 30.04.1945 (DOW, Datum der Verwundung?)

 

Mascio, John U.: Pvt, 386th Inf., 30.04.1945                                            

Wetzel, William B.: 1st Lt, 386th Inf., Co. B, 30.04.1945                               

Zahler, Artell F.: Pfc, 386th Inf., Co. B, 30.04.1945                                       

Brown, Vincent J.: Pfc, 386th Inf., Co. E, 30.04.1945                                     

Pound, Donald J.: 2nd Lt, 386th Inf., Co. E, 30.04.1945 Wusleben/Bohuslav

Knadjian, Edward: Pfc, 322nd Engineers, Co. B, 30.04.1945                        

 

Bogar, Jack V.: Pvt., 303rd Inf., 01.05.1945                                             

Dean, Lewis: S Sgt, 303rd Inf., 01.05.1945 (DOW, nach Verwundung am 30.04.)

Palli, Bernard A.: Pvt, 386th Inf., 01.05.1945 (trat auf eine Mine)

Ramey, Robert E.: Pfc, 386th Inf., 01.05.1945                                         

Kelley, Virgil D.: Sgt., 97th Recon, 01.05.1945, Paulusbrunn/Pavluv Studenec    

 

Smith, Otto A.: Sgt, 303rd, 02.05.1945 (DNB = "died non battle", d.h. außerhalb des Kampfgeschehens, jedoch im Einsatz)                        

Gerling, Warren: Pfc, 303rd Inf., Co. K, 02.05.1945 "Bärnau-Herrmannsreuth"

Salazar, Wensesloe T.: Pfc, 387th Inf., 02.05.1945 Dehenten/Dehetna (trat auf eine Mine, wurde zunächst im Wald bestattet u. ist in der (deutschen) Sterbematrikel von Hostau eingetragen)

Gillham, Ivan B.: Sgt., 387th Inf., Co. A, 02.05.1945 Konraditz/Kundratice

Podemski, Richard S.: Pfc, 387th Inf., 02.05.1945 Konraditz/Kundratice

Gasper, Thomas M.: Pfc, 387th Inf., Co. K, 02.05.1945 Rindl/Korytany (DOW nach Verwundung am 01.05. zwischen Rindl und Schilligkau/Sidlakov)

 

Clouse, Charles R.: Pvt, 303rd, 03.05.1945                                               

Ramirez, Jesus P.: Pvt, 387th Inf. Co. D, 04.05.1945                                      

Jeffers, Floyd F.: T Sgt, 303rd Inf., 05.05.1945                                         

Ryan, Richard I.: HQ Artillery, 05.05.1945 (DOW - Datum der Verwundung?)

Freehart, Roland J.: 322 Engineers, 07.05.1945 (DNB=died non battle)  

 

- 2nd Infantry Division "Indianhead":

Earley, Walter H.: Pfc, 23rd Infantry Regiment, Company A, 05.05.1945 Wiedlitz (Vidice)

Hurley, Vernon F.: Pfc, 23rd Infantry Regiment, Company  F, 05.05.1945 Sichrowa (Sychrov)

White, Francis N.: Pfc, 23rd Infantry Regiment, Company E, 06.05.1945, vermutlich ebenfalls beim Vorstoß von Weißensulz (Bela) nach Bischofteinitz (Horsovsky Tyn)

 

- weitere:

Roerig, Howard A.: Captain, *16.09.1912, 512th Field Artillery Battalion, 27.04.1945 Neuhäusl/Nové Domky

 

 

Anhang: Die im Kampfraum vertretenen Wehrmacht-Einheiten

Aus den G-2-Reports der 97th und der 2nd Infantry Divisions (einsehbar etwa hier: Link) lassen sich die folgenden Einheiten rekonstruieren, die im Großraum Tachov und Ronsperg (Pobezovice) noch Widerstand leisteten.

 

Größere Einheiten

- 2. Panzerdivision

655. Heeres-Pionier-Brigade: Kam etwa zwei Wochen zuvor aus dem Raum Görlitz und hatte drei Bataillone (das II. blieb im Raum Eger-Cheb). Die Brigade umfasste in der Schätzung der 97th Infantry Division etwa 650 Mann.  Kommandeure: Major Ostermann, I. Bat.: Lt. Viereck, II. Bat.: Hauptmann Dieckmann. 

Hingegen gibt die Wochenmeldung an das "Oberkommando des Heeres" vom 30. April 1945 (Quelle: NARA T78 R422) eine Stärke von exakt 1.884 Mann an, aufgeteilt auf drei "starke" und ein "mittelstarkes" Bataillon. An schweren Waffen waren vorhanden: drei 8,8-cm-Festungs-Pak (unbeweglich) und acht unbewegliche Flak-Geschütze.

 

"Kampfgruppen"

- Zschoch: Kommandeur Major Zschoch, gebildet in einer Artillerieschule bei Pilsen, der 2. Pz.Div. unterstellt, vier Bataillone (in  Grosskonreuth, Wernersreuth, Rosall, Wondreb), laut einem anderen Bericht nur vier Kompanien zu je 100 bis 150 Mann, drei Nebelwerfer, vier 88-mm-Geschütze.

 

Jürgens: Kommandeur Major Jürgens, aufgestellt in Karlsbad (Karlovy Vary, dort seit 29. April. Am 1. Mai in Neustadtl/Straz, zehn Kompanien zu je 100 Mann, laut einem anderen Bericht zwei Bataillone zu je vier Kompanien mit ca. 120 Mann pro Kompanie. Das II. Bataillon lag in Pernartitz/Bernartice, die 2. Kompanie unter Leutnant "Murbben" (?) hatte ihr Hauptquartier in Godrusch/Jadruz, die 6. Kompanie in Dehenten/Dehetna. Am 03. Mai ergaben sich 57 Mann den Amerikanern.

 

 - Weber: Lag in Trohatin/Drahotin und zog sich von dort nach Ronsperg/Pobezovice zurück. Drei Kompanien, zusammen etwa 250 Mann (1. Kompanie: 80 Mann Reichsarbeitsdient=RAD, 2.: 140 Mann RAD, 3.: 30 Mann Wehrmacht).  Einer der Kommandeure war ein Oberleutnant Weber. 

 

- Baath: Formiert bei Taus/Domazlice etwa eine Woche vor den Kämpfen, vier Kompanien zu je 60 Mann, in Ronsperg/Pobezovice und Trohatin/Drahotin.

Diese Kampfgruppe wurde geführt von Oberst Hans-Gert von Baath (25.10.1900-29.01.1981), Oberst der Kavallerie, seit 1943 im Armee-Oberkommando (AOK) 6, seit 20.07.1944 (!) in der "Führerreserve OKH" (Quelle: Bundesarchiv PERS6/301494, via "Invenio"). Danach führte Oberst von Baath offenbar die 1. Kosaken-Reiterbrigade, die 1945 der Waffen-SS unterstand. Offenbar nichts mehr damit zu tun hatte sein Kommando über die nach ihm benannte Kampfgruppe. Laut einer Wochenmeldung an das "Oberkommando des Heeres" vom 30. April 1945 (Quelle: NARA T78 R422) bestand diese Kampfgruppe aus nur noch 60 Mann insgesamt und einem abgekämpften Bataillon ohne schwere Waffen.

 

 

 

- Seidel: in Pfraumberg/Primda

- Kampfgruppen Monschau und Kirsten: der 2. Pz.Div. unterstellt

- Kampfgruppen Winkelmann und Wagner

 

9. Fliegerdivision, 1. und 2. Ersatz-Kompanie: bei Dehenten/Dehetna. Kommandeur der 1. Kompanie: Leutnant Daubner, der 2. Komp.: Leutnant Tunnerer. Jeweils 30 Mann pro Kompanie.

- Kommando Heeresschule II: in Zwirschen/Svrzno

- Einheiten des Reichsarbeitsdienstes (RAD): 2/1035/230 und 7/230 (letztere in Hoslau/Hvozdany)

 

Quellen:

- Heimatatlas des ehemaligen politischen Bezirks Tachau-Pfraumberg. Hg. Heimatkundlicher Arbeitskreis der Tachauer, Geretsried 1973.

- Hamperl, W.-D. (Hg.): Vertreibung und Flucht aus dem Kreis Tachau im Egerland. 1945-1948. Schicksale in Berichten, Dokumenten und Bildern. Band I. Altenmarkt 1997 (hier das von verschiedenen Autoren verfasste Kapitel: Kriegsende im Bezirk Tachau, S.126-220).

- Alphabetical Listing: Battle Deaths of the 97th Infantry Division by Organization as of 30 Juni 1947. CFN-161 (National Archives Records Administration/NARA)

- Combat History of the Second Infantry Division in World War II. Nashville 1979. 

- Internet: Gräbersuche Online des Volksbunds deutsche Kriegsgräberfürsorge; www.findagrave.com u.v.a.


5. Sinnloser Widerstand entlang der Ostmarkstraße:

Die Kämpfe bei Regen-Langdorf, Eppenschlag, Schönberg, Perlesreut und Tittling am 25. April 1945. 

© Dr. Markus Gruber

 

Während sich der Kampf um Regen am 24. April 1945 verhältnismäßig gut rekonstruieren lässt (siehe den Artikel weiter unten auf dieser Seite), spielten sich auch im näheren und weiteren Umfeld Gefechte mit vielen Opfern ab, dies schon am nächsten Tag, dem 25. April. An diesem Tag rückte die 11th Armored weiter nach Osten und Südosten in Richtung Zwiesel und Grafenau vor. Entlang der damaligen ‚Ostmarkstraße’, der heutigen B85, entwickelten sich an mehreren Orten kurze, aber heftige Gefechte, die zu einer hohen Opferzahl führten.

Zunächst ist der Blick auf die Gegend nördlich von Regen zu richten. Der Troop A der 41st Cavalry der 11th Armored Division stieß am frühen Vormittag bei Langdorf vor (fünf Kilometer nördlich von Regen) und traf im Ortsteil Schwarzach auf eine Fahrzeugkolonne der Wehrmacht. Das kurze Gefecht kostete offenbar neun deutsche Soldaten das Leben: 

1. Balke, Hans-Erich: Oberzahlmeister, *01.04.1907 Prenzlau, +25.04.1945, Feldgrab zwischen Langdorf und Brandten

2. Bauer, Franz: Arbeitsmann (RAD = Reichsarbeitsdienst), *21.10.1928 Tann, +25.04.1945

3. Seidnader, Heinrich: Arbeitsmann, *20.04.1928 Moosbach (Niederbayern), +25.04.1945

4. N.N., ein Unbekannter

5. Hoedt, Max Friedrich: Zahlmeister, *03.01.1907 Posen/Schneidemühl, +25.04.1945, Grab 400 Meter östlich Langdorf, Einheit: Feldersatz-Btl. 168

6. Langer, Heinz: Oberleutnant, *02.03.1916 Würben, +25.04.1945 östlich von Langdorf

7. Schmitz, Franz Josef: Oberzahlmeister, *21.08.1907 Koblenz-Neuendorf, +25.04.1945, Grab 500 Meter östlich Langdorf

8. Osterhage, Fritz: Oberzahlmeister, *01.09.1907 Pillenbruch, +25.04.1945, Grab 500 Meter östlich Langdorf

9. Karre, Karl: Flieger, nähere Daten unbekannt, +25.04.1945, Grab 500 Meter ostwärts Langdorf. Eventuell identisch mit Nr. 4?

Es fällt auf, dass allein drei ältere Oberzahlmeister und ein Zahlmeister unter den Toten sind, alle Geburtsjahrgang 1907; ferner zwei 16- und 17-jährige Arbeitsmänner des RAD (Reichsarbeitsdienst) und ein 29-jähriger Oberleutnant. Da auch in Regen am Tag zuvor mehrere (Ober-)Zahlmeister fielen, liegt der Schluss nahe, dass es sich in Langdorf-Schwarzach um Reste dieser Verteidigungstruppe des Oberst Dr. Bingemer handelte. Zahl- und Oberzahlmeister (im Dienstgrad entsprachen sie dem Leutnant und dem Oberleutnant) waren Beamte, aber der Wehrmacht unterstellt und in deren Verwaltung tätig; heute würde man sie in den ‚Höheren Dienst’ eingruppieren. Speziell Oberzahlmeister dienten in der Verwaltung von Pionier-, Nachrichten- und Kraftfahrabteilungen. In der Summe wird klar, dass eine solche Einheit aus Verwaltungsbeamten und Halbwüchsigen den ‚Profis’ der 11th Armored nichts entgegenzusetzen hatte. Die Amerikaner nahmen nach eigenen Angaben auch 140 Gefangene und hatten vermutlich einen Schwerverwundeten zu verzeichnen.

Die Gefallenen wurden offenbar vor Ort bestattet und in den 1950er Jahren vom Volksbund Kriegsgräberfürsorge in die Kriegsgräberstätte Hofkirchen übergeführt und in Gräberreihe 4 beigesetzt. Oberhalb der einzelnen Grabsteine der Toten Bauer, Seidnader, N.N. (Gräber 17-19) und Hoedt, Langer und Schmitz (Gräber 20-22) ist noch eine Tafel angebracht: „Hier ruhen 6 Gefallene. Sie wurden aus einem Kameradengrab geborgen.“ Der Tote Balke (im Zivilberuf Kassenbuchhalter) wurde separat in Grab 16 bestattet; er fiel laut Sterbematrikel seines Geburtsortes (StA Prenzlau 11/1950) 300 Meter ostwärts Langdorf. Im Falle von Fritz Osterhage kümmerten sich offenbar die Angehörigen um eine Überführung in die Heimat im heutigen Nordrhein-Westfalen, denn er fand seine letzte Ruhe in der Kriegsgräberstätte Mülheim/Ruhr. Der Name des gefallenen Karl Karre, Dienstgrad "Flieger" und nicht notwendig ein Pilot, ist nur in Archivunterlagen zu lesen (StA La = Staatsarchiv Landshut, Bezirks- u. Landratsamt Regen, Nr. 5188). 

Hauptsächlich stieß die 11th Armored Division aber entlang der ‚Ostmarkstraße’ (heute B85) nach Südosten vor. In der Nähe der Straße wurde am 27. April bei Rinchnach der Laborant Peter Träxler, geboren am 26.08.1906 in München, tot aufgefunden. Laut Sterbebuch wies die Leiche eine Schussverletzung an der linken Brustseite auf. Ob er Soldat war, ist unbekannt; das Todesdatum kann natürlich früher liegen. Träxler wurde später nach Hofkirchen umgebettet.

 

Konkreteres lässt sich wieder für das etwa fünfzehn Kilometer von Regen entfernte Eppenschlag sagen: Am 25. April traf „Combat Command A“ (CC A) der 11th Armored auf Widerstand in Form von Maschinengewehrnestern und Gewehrfeuer. Zusammen mit dem 41st Tank Battalion, das sich auch dem Beschuss durch Panzerfäuste ausgesetzt sah, musste die Infanterie eingreifen und Eppenschlag erobern; im Ort gingen 15 Häuser in Flammen auf. Sechs deutsche Soldaten fielen:

1. Wegmeyer, Heinrich: Unteroffizier, *23.04.1919 Wahrenholz (Niedersachsen), +25.04.1945

2. Lübbe, Alfred Heinrich: SS-Scharführer, *16.03.1920 Münster, +25.04.1945 (Link zum Sterberegister)

3. Hohrath, Ernst: „Soldat“, *06.04.1902 Wuppertal, +25.04.1945

4. N.N., ein Unbekannter

5. Herbel, Alfred Adolf: „Soldat“, +25.04.1945

6. Weidle, Helmut Ernst: „Soldat“, *13.01.1928 Stuttgart, +25.04.1945

Der bei drei dieser Toten angegebene Dienstgrad „Soldat“ könnte jeweils auch nur eine allgemeine Bezeichnung sein; für Weidle kommt in Frage, dass er Angehöriger des Reichsarbeitsdienstes war. Und sozusagen ausnahmsweise ist die immer wieder zu lesende Behauptung, dass in diesen Endkämpfen durchweg fanatische SS-Soldaten gekämpft hätten, hier einmal richtig, da mit Lübbe zumindest ein SS-Scharführer (Unterfeldwebel) belegt ist. Der Report des 41st Tank Battalions (Link) berichtet aber in erster Linie von fanatischen Halbwüchsigen, die, so liest man fast ein Bedauern, ebenso niedergekämpft werden mussten wie ‚normale’ Feinde, da deren Waffen doch genauso tödlich sein konnten.

 

Dies galt auch für den nächsten Schauplatz: Schönberg. Das Städtchen hatte am selben Tag, dem 25. April 1945, wohl am schwersten zu leiden, als auch hier eine Einheit des Reichsarbeitsdienstes Widerstand zu leisten begann. Diese RAD-Einheit 1/391 war kurzfristig aus Tittling in Schönberg eingerückt und stammte ursprünglich aus dem heutigen Baden-Württemberg, wie aus der Identität der Toten und aus den Erinnerungen eines 16-jährigen aus dem Raum Reutlingen hervorgeht (bei Fischl, S.49-55): Dieser wurde am 21. März, vier Wochen zuvor, dort zum Reichsarbeitsdienst einberufen; die Einheit wurde sodann mit dem Zug in den Bayerischen Wald verbracht. Wie sich der Mann nach fünfzig Jahren erinnerte, war diese Truppe durchaus gut ausgerüstet. Um seinen Befehl am Ende noch irgendwie irgendwie zu erfüllen, schoss er noch seine Panzerfaust ab und versteckte sich dann die ganze Nacht über in einem Misthaufen. Die Bilanz des kurzen Gefechts in und um Schönberg am 25. April war mit 31 Toten schrecklich: Zehn Zivilisten und 21 deutsche RAD- und Wehrmachtangehörige starben, so schreibt Pfarrer Johann Baptist Bosser (bei Schober, S.1357). Fünf Zivilpersonen wurden „vor Schönberg“ getötet, die anderen in Folge des Luftangriffs auf den Markt, beim Löschen und, so erging es zwei Männern, durch Herzschlag. Laut der ‚History’ der 11th Armored spielten sich die Kämpfe vor allem im Wald südlich von Schönberg ab, wo immer wieder kleine Gruppen, die auch mit Panzerfäusten bewaffnet waren, die Amerikaner angriffen; zudem sei eine Granatwerfer-Stellung einen Kilometer westlich von Schönberg zerstört worden. Dagegen, so der amerikanische Verfasser, habe die Bombardierung des Ortes durch Jagdbomber am späten Vormittag gar keine militärischen Ziele getroffen. Allerdings ist auch die Rede von deutschen „SP guns“, Selbstfahrlafetten (Sturmgeschütze oder ähnliches), die in dem Gebiet operiert hätten. Eine Schilderung aus der Perspektive der deutschen Einwohner gibt Sepp Sager in seinem Buch „Kriegsende 45 und Neubeginn im Bayerischen- und Böhmerwald“ (3. Aufl., 2005). 19 der toten RAD-Männer, fast alles 16- und 17-Jährige, wurden im Friedhof Schönberg beigesetzt; zwei weitere, die man erst später bereits im Zustand der Verwesung gefunden habe, am Ort ihres Todes außerhalb. In der Zusammenschau der Sterbematrikel, der Gräberkartei des Volksbunds Kriegsgräberfürsorge sowie der Grablagen in der Kriegsgräberstätte Hofkirchen, wohin die meisten der Gefallenen später übergeführt wurden, lassen sich die folgenden Totenlisten erstellen:

In Hofkirchen Reihe 21, Gräber 15 bis 22, ruhen sechs RAD- bzw. Wehrmachtangehörige und zwei Frauen, alle mit Sterbedatum 25.04.1945:

1. Müllerschön, Eugen: *19.11.1928 Urach

2. Stechenfinger, Bruno Richard: RAD-Mann, *02.03.1928 Eningen

3. Schaible, Adolf: RAD-Mann, *19.02.1928 Stuttgart-Feuerbach

4. Häberle, Helmut: RAD-Mann, *15.03.1928 Reutlingen

5. N.N., +25.04.1945

6. N.N., +25.04.1945

7. Adler, Helene Martha: *10.10.1919 Wilkau

8. Salosnig, Franziska: *27.01.1897 Buchelsdorf

Dass auch diese beiden Frauen in die Kriegsgräberstätte gebracht wurden, erklärt sich vermutlich dadurch, dass sie keine Einheimischen waren, sondern auswärtige Hilfsarbeiterinnen.

 

In Reihe 22 wurden bestattet (Gräber 15 bis 26) – alle ebenfalls mit Todesdatum 25.04.1945:

9. Eckstein, Richard: RAD-Mann, *07.10.1927 Schwaikheim

10. Felberg, Werner: RAD-Mann, *06.06.1928 Somborn

11. Finger, Friedrich: RAD-Mann, *19.04.1928 Hornbruck

12. Gerlach, Günther: RAD-Mann, *20.12.1928 Ulm

13. Lebzelter, Günter Willi: RAD-Mann, *12.11.1928 Stuttgart

14. Prexler, Hermann: Unteroffizier, *13.04.1920 Fichtenbach

15. Steinle, Horst: RAD-Mann, *01.06.1928 Stuttgart

16. Schütt, Max Walter: Freiwilliger, *28.07.1928 Stuttgart

17. Weiss, Alois: RAD-Mann, *26.08.1927 Deschenitz

18. Wurster, Hugo: RAD-Mann, *09.09.1928 Dettingen

19. Zerkowski, Hans: RAD-Mann, *26.09.1928 Dortmund-Hombruch

20. N.N.

 Oberhalb dieser zwölf Einzelgräber wurde eine Platte mit folgender Inschrift gesetzt: „Hier ruhen 12 Gefallene. Sie wurden aus einem Kameradengrab geborgen“. Der Unteroffizier Hermann Prexler war offenbar der einzige ‚Nicht-Reichsarbeitsdienstler’ und war zugleich ein aus der Region stammendes Opfer, denn er wurde in Fichtenbach bei Waldmünchen geboren (Haus-Nr. 1). Das auf Tschechisch Bystrice genannte Dorf wurde nach 1945 zerstört und war am 28./29. April selbst Schauplatz mehrstündiger Kämpfe, bei denen sieben Wehrmachtsoldaten fielen (siehe die Unterseite Kriegstote 1945).

 Die Sterbematrikel von Schönberg führt noch drei weitere Gefallene auf, alle ebenfalls mit dem Todesdatum 25.04.1945:

- (22.) Reim, Fritz: RAD-Mann, aus Kirchheim unter Teck (Baden-Württemberg).  - selbst beigebrachte Wunde, war Hilfskrankenträger

- (23.) Schwarz, Heinrich: SS-Schütze

- (24.) Knaupp, Günther: „RAD Tittling“

Diese drei Namen sind zwar nicht auf den Grabsteinen in Hofkirchen zu lesen (und auch nicht in der Gräbersuche erfasst): Es könnte sich aber um die drei dort als Unbekannte Bestatteten handeln; oder die Angehörigen ließen diese Toten vor oder bei der durch den Volksbund erfolgten Umbettung in den 1950er Jahren in die Heimat überführen. Insgesamt kommt man also in der Tat auf 21 gefallene deutsche Soldaten, fast alles RAD-Männer des Jahrgangs 1928 aus dem heutigen Baden-Württemberg, die aus dem RAD-Lager Tittling angerückt waren. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Vermisstenbildliste des Roten Kreuzes hinzuweisen, in welcher in Band RA, S.282, für die RAD-Gruppe 391 („mit 2. Abteilung“) drei Vermisste verzeichnet sind, für die als Ort der letzten Nachricht „Tittling“ genannt ist:

- Döhler, Albert: Zollanwärter, *03.01.1927 Berlin, Hauptvormann

- Hermann, Albert: RB-Angest., *10.04.1928 Weilheim/Württemberg, Arbeitsmann 1. Kp.

- Metzger, Karl: Junglandwirt, *26.09.1928 Mössingen/Württemberg, Arbeitsmann 1. Kp.

Vielleicht handelt es sich auch hier um genau die drei Unbekannten, die nach ihrem Tod bei Schönberg nicht identifiziert werden konnten. Auffallend ist jedenfalls auch hier die Herkunft aus Württemberg. – In Saunstein, knapp zwei Kilometer nordwestlich von Schönberg gelegen, verstarb am 26.04. der lettische Soldat Gunars Kuskis (*31.03.1924 in Wolmar, Lettland). Er war Kraftfahrer im Dienst der Wehrmacht und wurde zunächst in einem Garten bestattet, später ebenfalls umgebettet. Ob ein Bezug zu den Kampfhandlungen besteht, ist nicht bekannt.

Die ‚History’ der 11th Armored erwähnt starke Tätigkeit deutscher Flugzeuge an diesem Tag, nämlich 35 Einsätze. Westlich von Freyung schoss eine P-51 ein deutsches Jagdflugzeug ab, und das 575th ‚Anti Aircraft Battalion’ will sogar fünf deutsche Flugzeuge an diesem Tag abgeschossen haben. Für den Raum um Schönberg lässt sich mit amtlichem Datum 26.04. zunächst einmal der Verlust von zwei Maschinen belegen, deren Piloten ums Leben kamen: Einer Fw 190 A-8, geflogen von Unteroffizier Bologna bei Ringelai, und einer Maschine desselben Typs geflogen von Oberfähnrich Milhauser (siehe unten) bei Perlesreuth (Dill S.943).

Doch auch mit dem Gemetzel von Schönberg waren die Kämpfe an diesem 25. April noch nicht zu Ende: Auch in das knapp zehn Kilometer südöstlich von Schönberg gelegene Perlesreut stieß die 11th Armored Division noch vor. Laut Pfarrer Anton Reitmeier (bei Schober, S.662) waren auch in Perlesreut junge Reichsarbeitsdienstler im Einsatz, außerdem eine Transporteinheit. Über den Ablauf der Gefechte, die sich vor allem weiter südlich, in Eisenbernreut, Atzlsdorf, Loizersdorf und Fürsteneck abspielten, ist nichts Näheres bekannt. Jedoch lassen sich auch hier die Namen der Opfer auf deutscher Seite angeben. Fünf tote RAD-Männer wurden laut dem Bericht des Pfarrers am westlichen Eingang von Perlesreut gefunden. Drei weitere fielen bei Eisenberneut, zwei Kilometer südlich. Diese acht Toten wurden zunächst in zwei Sammelgräbern beigesetzt und in den 1950er Jahren ebenfalls nach Hofkirchen umgebettet. Ausgehend von den Grablagen in der Kriegsgräberstätte lassen sich sieben Tote feststellen (Reihe 16, Gräber 3 bis 7):

1. Asmussen, Heinrich Willi: Oberst-Feldmeister, *06.10.1911 in Kiel-Gaarden, +27.04.1945

2. Heidt, Wilhelm Jakob: RAD-Arbeitsmann, *28.05.1928 Auenheim, +27.04.1945

3. Keller, Werner: RAD-Arbeitsmann, *22.03.1926 Rastatt, +27.04.1945

4. Kopp, Hans-Karl: RAD-Arbeitsmann, *24.12.1928 Steinbach, +27.04.1945

5. Korts, Gerhard: Oberfeldmeister, *15.01.1911 Rastatt, +27.04.1945

6. N.N.

7. N.N.

Auf den Grabsteinen ist der 27. April als Todesdatum vermerkt, was jedoch das Datum der Bestattung sein dürfte; in der Sterbematrikel von Perlesreut steht das eigentliche Todesdatum, der 25. April. Mit Asmusen und Korts kamen hier zwei Offiziere des RAD-Führungspersonals ums Leben. Die Matrikel führt noch zwei Unbekannte, einen Soldaten und einen Arbeitsmann, mit Todesdatum 25.04. auf. Hierbei dürfte es sich um die beiden Toten Nr. 6 und Nr. 7 handeln, die in den Gräbern 8 und 9 unmittelbar neben Korts begraben wurden.

Ebenfalls aus Perlesreut umgebettet wurde der Oberfähnrich Ottmar Milhauser aus Wien vom Jagdgeschwader 300, der in seiner Focke-Wulf 190 bei Perlesreut im Luftkampf abgeschossen wurde. Auch die Bevölkerung hatte Todesopfer zu verzeichnen: Der 16-jährige Josef Resch war als Meldefahrer eingesetzt und kam bei Haiblmühle um. Bei Hatzerreut wurde der 24-jährige Josef Manzenberger getötet, der sich gerade zufällig auf dem Rückweg vom Reservelazarett Fürstenzell in seinen Heimatort Schönbrunn befand. Der 75-jährige Johann Girmindl soll von der „SS“ erschossen worden sein.

 

In Fürsteneck, genauer gesagt in den Ortsteilen Atzlsdorf und Loizersdorf, fielen laut dem Bericht des Pfarrers drei deutsche Soldaten. Dies deckt sich mit folgenden Grablagen in Hofkirchen, Reihe 27, Gräber 2 bis 4:

1. Hartlieb, Johann: SS-Rottenführer, *10.07.1919, +26.04.1945 in Loizersdorf

2. Page, Rudolf: Grenadier (SS?), *07.11.1927 in Würzburg, +26.04.1945 in Loizersdorf

3. Wiesbauer, Alois: Schütze, *10.04.1910 in Geinberg (Österreich), +28.04.1945 in Atzlsdorf

Auch hier dürfte jeweils das tatsächliche Todesdatum der 25. April sein.

Zudem kamen in Fürsteneck der 51-jährige Arbeiter Josef Lerchl und der 15-jährige Alfred Bildl durch den Beschuss ums Leben; der Kaufmann Heinzl wurde von den Amerikanern erschossen.

Pfarrer Reitmeier schreibt, dass in Fürsteneck auch ein US-Soldat fiel. Hierbei dürfte es sich um Harold M. Veal von der B Company des 21st Armored Infantry Battalion (AIB, vergleichbar mit einem Panzergrenadierbataillon) handeln, der am 08.03.1921 in South Carolina geboren worden war. Veal ist der einzige Tote, der in den „Morning Reports“ dieses Battalions ausdrücklich für den Raum Perlesreut genannt wird. Darüber hinaus hatte die B Company zwölf Verwundete, davon drei schwer Verwundete. Diese Angaben beziehen sich aber auf den ganzen 25. April und können somit auch die vorherigen Gefechte bei Eppenschlag und Schönberg beinhalten; nicht auszuschließen ist, dass in dieser Zahl auch Nachmeldungen vom Vortag, als in Regen gekämpft wurde, enthalten sind. Dieser Sachverhalt gilt auch für die A Company, die am 25.04. fünf Verwundete meldete, darunter drei schwer. Die C Company meldete einen leicht Verwundeten. Insgesamt  ist also als Zwischenfazit für die Infanterie von 18 verwundeten US-Soldaten auszugehen, eine nicht gerade geringe Anzahl.

Schwerer traf es die US-Artillerieeinheiten, die ja eigentlich nur selten direkt an der Frontlinie kämpften, jedoch zusammen vier Tote zu verzeichnen hatten. Das 491. Field Artillery Battalion verlor am 25. April zwei Soldaten durch „enemy gunfire“:

- Nusbaum, Walter A., Dienstgrad: Tec5 (Technician Fifth Grade / Corporal), C Company, *1920

- Dake, James Robert, Dienstgrad: Corporal, A Company, *1922

Todesursachen waren Verwundungen im Brustbereich und im Nacken. Weitere fünfzehn US-Soldaten dieser Einheit wurden verwundet und zwei Fahrzeuge ausgeschaltet. Nach eigener Einschätzung war dies der verlustreichste Tag für die 491st Field Artillery. Was genau geschah und vor allem wo, ist nicht bekannt. Somit wäre man insgesamt bei drei Toten und 33 Verwundeten für den 25. April.

Das ebenfalls der 11th Armored zugeordnete 492. Field Artillery Battalion hatte am nächsten Tag, dem 26. April, ebenfalls zwei Tote, beide von der B Company:

- Brock, William J., Dienstgrad: Pfc (Gefreiter), *15.09.1912, aus Oklahoma

- Torian, David N., Dienstgrad: Private (Soldat), *31.10.1921, aus Arkansas

Ein weiterer GI wurde verwundet. Dieses Artilleriebataillon hatte am Morgen des 26. April von Perlesreut nach Prassreut verlegt, von wo aus nun Waldkirchen beschossen wurde (acht tote Zivilisten). Während des Vormarsches kamen die GI’s Brock und Torian ums Leben, möglicherweise durch einen deutschen Tieffliegerangriff. Mit dem Datum 27.04.1945 ist der Abschuss der Bf 109 von Ulrich Grosse (*23.10.1922 in Ulm-Grimelfingen) belegt; der tote Pilot wurde zunächst im Friedhof Waldkirchen bestattet und später ebenfalls nach Hofkirchen umgebettet.

 

Insgesamt lässt sich für diesen 25. April festhalten, als die 11th Armored Division, die nicht umsonst den Beinamen „Thunderbolt“ (Donnerblitz) trug, kraftvoll über Regen hinaus vorstieß: Bei Langdorf, Eppenschlag, Schönberg und Perlesreut fielen mindestens 48 deutsche Soldaten (in Worten: achtundvierzig!). Davon war etwa die Hälfte RAD-Arbeitsmänner des Jahrgangs 1928.

Doch ist dies nicht die gesamte Bilanz, weder für die nähere Umgebung in Niederbayern noch für ganz Ostbayern. So berichtet der Pfarrer von Haidmühle (Dekanat Waldkirchen) Moritz Meisel (bei Schober, S.1544), dass am 25. April in Bierhütte-Hohenau, einem zwischen Grafenau und Freyung gelegenen Ort, drei Studenten der Oberschule Koblenz fielen, die aus dem örtlichen Lager der Kinderlandverschickung (!) kurzfristig zur Verteidigung abkommandiert wurden. Ihre Namen lauten vermutlich: Walther Arntz (*30.03.1929), Walter Ernst Faßbender (*20.02.1928) und Josef Johannes Münzel (*16.08.1929). Rechnet man nun auch die Toten des Kampfes um Regen am Vortag, dem 24. April, hinzu (23 gefallene Soldaten), außerdem die mindestens drei abgeschossenen Piloten, kommt man bereits auf mindestens 77 tote deutsche Soldaten zwischen Regen und Perlesreut am 24., 25. und 26. April 1945. Die Anzahl der zivilen Opfer beträgt am 25. April mindestens 16, zusammen mit den in Regen am Vortag Getöteten 33.

 

Doch auch in Tittling spielten sich zwischen dem 24. und dem 29. April heftige Gefechte ab, die das Gesamtbild erst abrunden. Das Geschehen wurde von Michael Fischl in dem Sonderheft „Die Amerikaner kommen. Frühjahr 1945“ der Reihe „Archiv für das Dreiburgenland“ (Heft 6), erschienen bei Dorfmeisterdruck Tittling im Jahre 1995, auf 72 Seiten umfassend dargestellt. Eine Kurzfassung findet sich hier (Link).

 Am 25. April, dem Tag der Kämpfe zwischen Schönberg und Perlesreut, wurden die Amerikaner vor Tittling zunächst zurückgeschlagen, was sogar der allgemeine Wehrmachtbericht erwähnte. In den darauffolgenden Tagen wurde vor allem bei Hörmannsdorf in den Wäldern gekämpft. Die endgültige Einnahme von Tittling erfolgte erst am 29. April durch das 104th Infantry Regiment der 26th US Infantry Division („Yankee“).

Da die meisten der bei Tittling gefallenen deutschen Soldaten ebenfalls in die Kriegsgräberstätte Hofkirchen übergeführt wurden, ergibt sich in der Zusammenschau mit dem Sterbebuch der Pfarrei (Auszüge bei Fischl, S.17; vgl. Link hier zum Sterberegister) folgende Liste:

1. Höritzauer, Franz: Obergefreiter, *28.02.1914 Braunau/Inn, +30.04.1945 Tittling

2. Auringer oder Auinger, Johann: Grenadier, *07.04.1907 Enns, +29.04.1945 Tittling (in Rothau in der Waldung Höhenberg durch Kopfschuss)

3. Rautenberg, Erich: Obergefreiter, +29.04.1945 Tittling

4. Binder, Johann: Obergefreiter, +29.04.1945 Tittling

5. Jung, Wendelin: Sturmmann, *15.08.1925 Reistingen (Dillingen), +24.04.1945 Tittling

6. Christ, Johann Jacob: Grenadier, *16.07.1927 Pirmasens, +24.04.1945 Tittling

7. Ortmann, Matthias-Theodor: *04.03.1925 Köln-Lindethal, +24.04.1945 Tittling

8. Richter, Wilhelm: Sturmmann, *05.02.1925, +24.04.1945 Tittling

9. Schlecht, Kurt: Grenadier, *05.06.1927 Kirchhain (Hessen), +24.04.1945

10. Schicht, Ludwig: Grenadier, +24.04.1945

11. Dallinger, Rudolf: Grenadier, *02.05.1925 Diersbach, +25.04.1945

12. Hammer, Rudolf: Sold., + April 1945, Tittling (angeblich SS-Mann u. 17-jähriger Student aus Niederösterreich)

Diese Toten wurden in Hofkirchen Reihe 13, Gräber 58 bis 69, in dieser Reihenfolge bestattet. Die Dienstgrade „Sturmmann“ und „Grenadier“ lassen hier auf eine SS-Truppe schließen, doch kämpften parallel ‚normale’ Wehrmachtsoldaten. Die Toten Nr. 9, 10 und 11 sind zwar nicht in der bei Fischl zu findenden Aufstellung erfasst, dürften aber ebenfalls im Raum Tittling gefallen sein. Dies, zumal es weitere Kämpfe gab, wie das kirchliche Sterbebuch (bei Fischl, S.17) erwähnt:

- In Hörmannsdorf fielen am 25. April sechs „SS-Soldaten“, die ebendort beerdigt wurden.

- Am 30. April wurden ein Polizist und zwei Soldaten beerdigt, ferner zwei von der SS in Lanzendorf am 26. April Erschossene (der russische Zwangsarbeiter Michael Dichtjarjenko, 19 Jahre alt, und die polnische Landarbeiterin Michalina Jakonis – diese wurde später nach Neumarkt/Obpf. übergeführt).

- Im Gföret bei Gehersberg sollen sechs SS-Soldaten „aufgehängt“ worden sein (?).

- Am 3. Mai wurde eine Ungarin beerdigt.

- In Eisensteg fielen (wohl am 29. April) drei Soldaten, die in Fürstenstein beerdigt wurden – für Eisensteg lässt sich sicher belegen: Josef Adam Schmitt, *19.04.1920 in Schloßborn/Hessen, +29.04.1945, Einheit: 1. Kompanie, Pionierbataillon 211.

- Am 29. Mai wurden im „Schachert“, einem Wäldchen, das unmittelbar an Hörmannsdorf angrenzt, weitere tote SS-Soldaten gefunden und vor Ort beerdigt (eine genaue Zahl ist nicht genannt).

- Am 25. April starben bei einem Tieffliegerangriff vor Tittling ein HJ-Führer, Johann-Peter Lulling, und eine BDM-Führerin, Irmgard von Hulst (oder van Halst, *26.10.1913 in Waxweiler/Eifel)).

 

Unter diesen weiteren, namentlich nicht bekannten Toten, vor allem den sechs bei Hörmannsdorf Gefallenen, könnten die folgenden sein, die in Hofkirchen Reihe 14, Gräber 69 bis 76 in folgender Reihenfolge ruhen:

1. Hammer, Rudolf: + April 1945, „Soldat“, Tittling (steht laut Fischl im Sterbebuch)

2. Waltenspiel, Bernhard: *17.11.1894 Semlin-Franztal, +19.04.1945

3. N.N., Soldat, + April 1945

4. Lulling, Johann-Peter: *12.08.1917 in Schifflingen, + April 1945 (Grabstein: 25.04.1945) - HJ-Führer, gefallen durch Tieffliegerangriff auf der Reichsstraße 85 (= B 85).

5. Berning, Otto: Grenadier, +25.04.1945 Tittling

6. N.N., Soldat, +April 1945

7. Thrise, Philipp (oder „Triese“/ „Thriß“): +22.04.1945

8. Weckesser, Ernst: Uffz., *17.11.1911 Tauberbischofsheim, +24.04.1945

 Für die Toten Hammer (Nr. 1) und Berning (Nr. 5) ist der Todesort „Tittling“ sicher belegt (Sterbebuch, bei Fischl; Sterberegister von Tittling).

Man wird also nicht fehlgehen, wenn man man von bis zu zwanzig gefallenen Wehrmacht- und SS-Angehörigen ausgeht, die zwischen dem 24. und 29. April in und um Tittling ums Leben kamen. Rechnet man diese Zahl mit ein, kommt man auf fast 100 Gefallene für den Raum zwischen Regen, Schönberg und Tittling, sprich der Route entlang der „Ostmarkstraße“, vor allem am 24. und 25. April.

Die amerikanische 11th Armored Division verlor 15 Tote, wenn man den am 24. April bei Hörmannsdorf gefallenen Pfc James M. Bishop (*17.02.1926 in Alabama, Link mit Foto hier) mit einbezieht sowie den am 26. April in Wollaberg/Jandelsbrunn bei Waldkirchen gefallenen Corporal William H. Zimmer (*11.03.1917): Auch dies ist für nur drei Tage eine nicht unerhebliche Anzahl.

Doch damit war das Sterben noch nicht zu Ende, wie einige weitere Hinweise zeigen: Bei Oberpolling (südwestlich Tittling) fielen am 29. April vier deutsche Soldaten, am selben Tag in Kringell bei Hutthurm vier Amerikaner. Als sich dann die 11th Armored Division ihren Weg nach Österreich bahnte, wurde sie im Grenzort Wegscheid nochmals kurz aufgehalten. Die deutschen Verteidiger schossen fünf Panzer des 22nd Tank Battalions ab, hatten aber selbst 32 Gefallene zu verzeichnen. Die Verluste auf amerikanischer Seite betrugen in Wegscheid fünf Tote.

 

Literatur:

Dill, Harald G. / Hetz, Karlheinz: Luftkrieg von Aschaffenburg bis Zwiesel. Ein militärisch-technisches Feature zur Heimatgeschichte Nordbayerns. Weißenstadt 2014 (3 Bde.).

Fischl, Michael (Hg.): Die Amerikaner kommen. Frühjahr 1945. Archiv für das Dreiburgenland, Heft 6. Tittling 1995.

Haberl, Georg u. Fricke Walburga: Anfang und Ende des Tausendjährigen Reiches in Ostbayern. Band 2. Neckenmarkt u.a. 2009.

Sager, Sepp: Tagebuch. Kriegsende '45 und Neubeginn im Bayerischen- und Böhmerwald (zwischen Donau und Böhmen). Eine Dokumentation über die Jahre 1945/46. Schönberg, 3. Aufl. 2005.

Schober, Claudia: Die Berichte der Seelsorger des Bistums Passau nach Ende des Zweiten Weltkriegs (1945). Dissertation Universität Passau 2017.

(online: https://opus4.kobv.de/opus4-uni-passau/frontdoor/index/index/docId/490)

Steward, Hal D.: Thunderbolt. The History of the Eleventh Armored Division. Washington/D.C. 1948.

 

Internetseiten:

- www.11tharmoreddivision.com

- www.volksbund.de (Gräbersuche Online)


6. Kriegstote im April 1945 im Raum Cham und Bad Kötzting.

 

© Dr. Markus Gruber

 

Die Rubrik „Kriegstote 1945“ auf dieser Internetpräsenz stellt die Kriegsopfer im Raum Waldmünchen, Furth im Wald und Domažlice zusammen: Dort, wo vor allem die 90th Infantry Division gegen die 11. deutsche Panzerdivision kämpfte.

Die folgende, vorläufige Auflistung bietet eine ergänzende Zusammenstellung der Kriegsopfer für den Raum Cham und Kötzting. In Cham rückte am 23. April 1945 die 11th Armored Division „Thunderbolt“ gegen nur geringen Widerstand ein. Dabei wurden auch Tausende von KZ-Häftlingen befreit. Die Existenz eines Lazaretts in Cham macht es in einigen Fällen schwer festzustellen, welche Personen dem unmittelbaren Kriegsgeschehen vor Ort zum Opfer fielen. Es muss auch gesagt werden, dass eine ganze Reihe deutscher Soldaten durch Übergriffe starben, vor allem in Untertraubenbach und im Raum Pösing-Roding.

Den Raum Kötzting besetzte in den folgenden Tagen die 90th Infantry. Von Interesse ist hier vor allem ein Gefecht in Lohberg am 29. April.

Wie in der Rubrik „Kriegstote 1945“ sind diejenigen Todesfälle, für die es keine hundertprozentige Bestätigung aus offiziellen Quellen (Sterbebücher der Standesämter und ggf. Pfarreien; Auskünfte des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge; Stadtarchive Cham (Bestand Stadt Cham 060 und 554; Gemeinde Loibling 024) und Bad Kötzting (Bestände 060 und 061) gibt, mit einem Sternchen * gekennzeichnet. Einen guten Überblick über das Geschehen in der Stadt Cham und im näheren Umfeld bietet: Timo Bullemer, Das Kriegsende in Cham. Ereignisse und Entwicklungen. November 1944 bis Mai 1945, Cham 2005.  

Die Auflistung ist vorläufig, aber wohl relativ komplett.

 

Dem Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge gilt mein hauptsächlicher Dank für die vielen Informationen zu Opfern und Grablagen.

 

Die Nachforschungen zu den Verlusten der Amerikaner sind noch nicht abgeschlossen. Jedoch bewegt sich deren Anzahl vermutlich nur im einstelligen Bereich: 

  • Im Raum Miltach oder Blaibach wurde am 25. April der Major Joseph M. Boucher, Bataillonsführer im 101st Infantry Regiment der 26th Infantry Division, durch einen Kopfschuss getötet.
  • Bei Windischbergerdorf könnte ein weiterer GI der 26th Infantry Division gefallen sein, worauf Zeitzeugenberichte schließen lassen könnten.
  • Im Raum Lohberg fiel am 30. April Pfc Jack W. R. Greene (357th Infantry Regiment der 90th Infantry Division) im Gefecht.
  • Am 26. April starb in Cham durch einen Unglücksfall Corporal Kenneth H. Brodersen vom 773rd Tank Destroyer Battalion, das der 90th Infantry Division zugeordnet war: Als er sich am Maschinengewehr seines Panzers hochhangeln wollte, löste sich ein Schuss.

 

23.04.1945

 

a) deutsche Soldaten

 1. Stadtbereich Cham:

- N.N., angeblich SS-Mann, gefallen in Cham (Ludwigstraße), bestattet in der Kriegsgräberstätte Cham

*- N.N., gefallen in Altenmarkt (Firmengelände Fa. Quoos)

*- N.N., in Altenmarkt erschlagen (vgl. auch 25.04., N.N., bestattet in Chammünster)

 - Holzer, Otto (Kraftfahrer, 1. Kompanie Kf.Ers.Abt. 20), *18.07.1901 in Schiffweiler, umgekommen (gefallen) in Ried-Janahof beim Sägewerk)

- Dietzsch, Paul Hermann (Oberscharführer), *06.07.1893 Mylau/Reichenbach, umgekommen (gefallen) bei Michelsdorf

- Follert, Heinz: Flugzeugführer (Flugzeugführer-Schule Stettin 118), *05.04.1923 Oberkerbswalde, gefallen bei Haidhäuser / Michelsdorf. Vermutlich Flugzeugabschuss.

Die Toten Holzer, Dietzsch und Follert wurden zunächst im Friedhof Chammünster bestattet und im Jahre 1956 nach Hofkirchen umgebettet.

 

2. In Katzbach-Loibling:

In Katzbach beim Cham fielen am 23. April zwischen 12 und 13 Uhr vier deutsche Soldaten im Kampf, die zunächst in der Ortsmitte bestattet wurden. Im Jahre 1952 erfolgte die Überführung in die Kriegsgräberstätte Regensburg.

- Verkamp (oder Veerkamp), Bernhard (Flieger, 6. Kompanie Volksgrenadierregiment 706; ursprünglich offenbar 1./Flieger-Ersatz-Abteilung 11), *12.12.1916 in Gladbeck

- Eder, Martin (SS-Schütze, Röntgensturmbann Erlangen), *23.18.1894 Level bei Meschen (Ungarn)

- Tschinkel, Camillo (Wachtmeister, Nachr.Ers.u.Ausb.Abt. 10, 2. Funkkompanie), *09.06.1917 in Leipzig

- Fiedler, Wilhelm (1./Bau-Btl. 627), *15.06.1919 in Pöggstall

Merkwürdig: Nur Martin Eder wurde standesamtlich erfasst (nachträglich 1947).

 

b) deutsche Zivilpersonen

Am 23.04. durch amerikanischen Beschuss in Wetterfeld getötet:

- Klein, Katharina

- Bauer, Johann

 

 

23. und 24.04.1945: Untertraubenbach, Thierlstein, Pösing, Wetterfeld

 

a) deutsche Soldaten

 

Mindestens 57 deutsche Soldaten kamen am 23. und 24. April in Pösing und Wetterfeld sowie in Untertraubenbach und Thierlstein ums Leben. Darunter befanden sich SS-Angehörige der Wachmannschaft des KZ Flossenbürg, die einen Todesmarsch mit noch hunderten Todesopfern vor sich hertrieben und im Gemeindeholz von Wetterfeld noch in letzter Minute 49 Häftlinge ermordeten, aber auch zufällig anwesende Wehrmachtangehörige auf dem Rückzug, beispielsweise des bekannten Jagdgeschwaders 2 "Richthofen" und ältere Marineoffiziere eines Umschulungslehrgangs. Die neuesten Erkenntnisse werden in den "Beiträgen zur Geschichte im Landkreis Cham" veröffentlicht werden, die im März 2022 erscheinen sollen. Aus Pösing wurden in den 1950er Jahren insgesamt 41 deutsche Soldaten in die Kriegsgräberstätte Hofkirchen überführt, aus Thierlstein elf und aus Wetterfeld zwei; mindestens drei Soldaten, die im Raum Pösing verwundet worden waren, verstarben später in Lazaretten. Es ist davon auszugehen, dass insgesamt etwa 20 Angehörige der Wehrmacht im Kampf fielen, nämlich am Vormittag des 23. April zwischen Pösing und Wetterfeld sowie in Untertraubenbach. Die weiteren etwa 35 SS- und Wehrmachtangehörigen wurden bei verschiedenen Vorfällen nach ihrer Gefangennahme erschossen, darunter etwa zehn auf der Straße nach Stamsried.

 

Die folgenden Marineoffiziere fielen in einer Kampfsituation am Vormittag des 23. April, als sie von Pösing nach Wetterfeld flüchten wollten und auf freiem Feld von US-Panzern beschossen wurden:

- Krämer, Hermann Adolf Richard: Oberleutnant zur See, *13.04.1921 in Wilhelmshaven, zwischen 10.30 und 11 Uhr

- Sitz, Manfred Erich Otto: Oberleutnant zur See, *16.09.1921 in Swinemünde

- Stockfisch, Günther Ernst Hermann: Korvettenkapitän d. Reserve, *18.11.1888 Hohensalza, Marine-Unterbereichsführer

- Jerchel, Wolfgang: Kapitän zur See, *30.10.1891 Liegnitz, war Kommandant der Seeverteidigung Nordgriechenland

- Kaeckell, Siegfried: Oberleutnant d. Reserve, *27.03.1921 in Kassel, zwischen Wetterfeld und Pösing

- Mende, Friedrich Wilhelm Albert: Kapitän zur See, *24.07.1891 in Breslau, um 11 Uhr zwischen Pösing und Wetterfeld

- Erhard, Paul: Fregatten-Kapitän oder Kapitän-Leutnant: *15.11.1891

- Falkenhorst, Korvettenkapitän, südlich Wetterfeld in der Berggasse, wo wohl noch bis zu vier weitere Soldaten fielen.

- Hillmann, Franz: Kapitänleutnant, *29.05.1889 in Güstrow (Dr. jur.), +21.09.1945, verstorben im Krankenhaus Nabburg nach Verwundung bei Pösing

   

Die folgenden Opfer kamen bei Pösing und Stamsried offenbar erst nach ihrer Gefangennahme ums Leben, teils am 23. April, teils am 24. April:

- Rump, Josef: Stationiert in der Infanterie-Schule Grafenwöhr. Gemäß dem Brief eines verwundeten Kameraden soll Rump am 23.04. bei Stamsried durch Kopf- und Lungenschuss umgekommen sein.

- Kloz, Helmut Reinhold: Unteroffizier, *26.10.1912 in Bad Cannstatt, Hauptlehrer, wurde laut Todesanzeige des Standesamts Pösing am 23.04. an der Straße Pösing-Wetterfeld „entweder erschlagen oder erschossen“.

- Nitsche, Fritz Josef Otto: Hauptmann, *30.01.1894 in Stettin, Versicherungsinspektor, +24.04. „in Pösing gefallen“, Erkennungsmarke: -32- Werkstatt-Kompanie mot. 122

- Stader, Werner: *20.05.1916 in Nerdingen, Obergefreiter, +23./24.04., Einheit: 3. Kompanie Pionierbataillon 23

- Jochum, Karl: *20.12.1897 in Augsburg, SS-Sturmscharführer K.L. Flossenbürg, +24.04., Todeszeit: 11 Uhr

- Eggenhaus, Josef: *25.11.1906 in Ostbevern, Stabsfeldwebel, SS-Wachbataillon Sachsenhausen, +23.04.

- Sandner, Adolf: SS-Angehöriger, aus Schönbrunn/Eger, +24.04. in Pösing-Wetterbach durch Genickschuss

- Unbekannter, Erkennungsmarke: SS-Sturmbann Totenkopf Oranienburg, +23./24.04.

- Piepenstock, Fritz: *16.08.1904 in Lüdenscheid, Unterscharführer, Stab Kommandantur K.L. Wache Flossenbürg, +23./24.04.

- Berns, Dietrich Peter: *18.12.1896 Neukirchen, SS-Oberscharführer, jedoch lautet die Erkennungsmarke auf: Landesschützen-Ersatz-Bataillon 6 (Stabskompanie), +23.04. in Pösing

- Sprotte, Rudolf Oskar: *15.03.1904, Luftwaffe, II. Gruppe / Jagdgeschwader 2, +23./24.04.

- Weinert, Josef: Unteroffizier, 4. Kompanie Flieger-Ausbildungs-Regiment 71 bzw. Jagdgeschwader 2 (Stab II. Gruppe), +23.04.

- Unbekannter, Erkennungsmarke: 16. Kompanie / Grenadier-Ersatz u. Ausbildungs-Regiment 615

- Alexander, Maximilian: Obergefreiter, Erkennungsmarke: Stab Flak-Ersatz-Abteilung 12, *11.04.1906 in Regensburg, +23.04. in Wulfing, bestattet jedoch in Pösing

- Turek, Manfred: Gefreiter, *23.12.1923, +24.04.

- „Burg“, aus Wien, Näheres unbekannt, Name erscheint in der Gräberliste von Pösing 

Alle diese Toten, zu denen noch einige Unbekannte kommen, wurden vor dem Friedhof von Pösing bestattet, insgesamt 41. 

An ihren bei Pösing erlittenen Verwundungen verstarben:

- Kissenberth, Friedrich: vom Wehrbereichskommando XIII Nürnberg, am 07.10.1945 in Nürnberg verstorben

- Kleinböhl, Georg: *06.12.1903 in Biebesheim, Fährenflak-Einheit 992, am 10.05.1945 in Cham verstorben

 

Aus dem sogenannten Flüchtlingsfriedhof im Schlosspark von Thierlstein bettete der Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge im Jahre 1960 insgesamt elf deutsche Soldaten zur Kriegsgräberstätte Treuchtlingen um. Drei davon waren in Thierlstein umgekommen und acht in Untertraubenbach (die Mehrzahl davon offenbar in einem letzten Gefecht gegen die US-Panzer). Die meisten blieben unbekannt, bislang sind nur zwei Namen sind bekannt:

- Skowronski, Bolislaus: Stabsgefreiter, 3. Kompanie Flieger-Ausbildungs-Regiment 82 bzw. II. Gruppe Jagdgeschwader 2, *12.01.1919 in Dortmund, +23.04.1945

- Bode, Heini: Uffz., *18.05.1922 Wittmar, +23.04.1945 Thierlstein, laut Sterbeurkunde "durch Überfall"

Skowronski war Schreiber im Stab der II. Gruppe des Jagdgeschwaders "Richthofen", die in diesen Tagen auf dem Rückmarsch hier untergebracht war.

Zu den elf Toten von Thierlstein gehören wohl auch zwei Unbekannte, die ein Bericht des Pfarrers von Untertraubenbach erwähnt: Einer wurde im Fluss REgen angeschwemmt, ein zweiter hatte eine Erkennungsmarke der 3. Kompanie, Infanterie-Ersatz-Bataillon 390. 

 

 

b) deutsche Zivilisten

Durch amerikanischen Beschuss am 23. April in Untertraubenbach getötet:

- Hötzl, Walburga (Hausname „Bartlin“)

- Weigl, Theres 

- Weigl, Marie

 

24. April

 

a) deutscher Soldat

- Köhler, Werner: Uffz., umgekommen (gefallen) in Cham-Janahof (350 Meter westlich), bestattet im Friedhof Chammünster (Gruppengrab), von dort 1956 nach Hofkirchen umgebettet

 - Schlecht, Xaver: Feldwebel (stammte aus Rattenberg/Niederbayern), bei Miltach von US-Soldaten erschossen, als er den Fluss Regen überqueren wollte; amtliches Todesdatum: 06.05.1945; bestattet in der Kriegsgräberstätte Nürnberg-Südfriedhof

 

b) deutsche Zivilperson

- Rak, Maria: *15.08.1912 in Beuthen/Schlesien, wohnhaft (Flüchtling) in Abtsried, verstorben am 24.04. im Lazarett Walderbach an einem Bauchschuss (innere Blutung, Kreislaufschwäche)

 

23. bis 26.04.1945

 

- N.N., umgekommen am 23. oder 24.04.1945 in Cham-Michelsdorf, best. im Friedhof Chammünster (Gruppengrab), von dort 1956 nach Hofkirchen umgebettet (vgl. unter 23.04.)

- Schuster, Siegfried Karl Walter: Oberleutnant der Luftwaffe, *21.07.1916 in Kreischa/Dresden, +25.04.1945, Truppenteil: I. Fl.Ausb.Rgt. 61, gefallen beim Abschuss seines Flugzeugs, bestattet in der Kriegsgräberstätte Cham

- Brendecker oder Brandecker, Gerhard: Unteroffizier, *04.07.1922 in Hamburg-Rissen, +26.04.1945, Truppenteil: Jagdgeschwader 52, vermutlich gefallen beim Abschuss seines Flugzeuges bei Wölsting, bestattet in Chamerau, von dort nach Hofkirchen umgebettet. - Wölsting liegt an der B85 zwischen Cham und Chamerau.

 

25.04.1945

 

a) deutsche Soldaten

- N.N., umgekommen in Altenmarkt (südlich der Ortsmitte, angebl. erstochen), bestattet im Friedhof Chammünster (Gruppengrab), von dort 1956 nach Hofkirchen umgebettet

- Götz, Georg Peter: *29.08.1889 Bayreuth, Soldat, umgekommen (gestorben) beim "Wirtskreuz", ca. 300-400 Meter westl. von Michelsdorf, bestattet im Friedhof Chammünster (Gruppengrab), von dort 1956 nach Hofkirchen umgebettet

 

b)  deutsche Zivilperson

- Breu, Erich: Fabrikarbeitersohn (*21.10.1933), wohnhaft in Furth im Wald, um 12 Uhr in Oberrappendorf Haus Nr. 27 ½ durch den Schuss aus einer Pistole tödlich verwundet. - Oberrappendorf gehörte damals zum Standesamtsbezirk Sengenbühl. Diese Orte liegen südlich von Furth im Wald.

 

d) Ausländischer Kriegsgefangener

- Mathys, Egid Albert: aus Belgien (*02.11.1916 St. Nikolaus/Liège), beim Einmarsch der Amerikaner in Blaibach durch einen Kopfschuss getötet, erstbestattet im Friedhof Blaibach

 

 

26.04.1945

 

a) deutsche Soldaten

- Morgenthaler, Wilhelm: *15.04.1927 in Mainz, vermutlich gefallen in Windischbergerdorf, im dortigen Friedhof bestattet, 1956 nach Hofkirchen umgebettet

- Steneberg, Jürgen: Oberfähnrich, *09.08.1924 in Marburg/Lahn, bei Haderstadl tödlich abgeschossen, 1. Staffel Jagdgeschwader 27 (Me-109 K4), bestattet in Chammünster (Einzelgrab), 1956 umgebettet nach Hofkirchen

- Mörsch, Horst Franz Alex: *01.03.1927 in Homburg/Saar, gefallen/umgekommen in Lichteneck (Thenried), in einem Feldgrab bestattet, 1952 in die Kriegsgräberstätte Regensburg umgebettet

- Hachmann, Georg:  Unteroffizier, *27.03.1922 in Litzmannstadt, gefallen/umgekommen in Lichteneck (Thenried), bestattet in einem anderen Feldgrab, 1952 in die Kriegsgräberstätte Regensburg umgebettet

- Bamberger, Willi: Oberfeldwebel, *01.04.1897 Grebenhain (Hessen), am 26.04. in Nasting an einer Blinddarmentzündung verstorben, später umgebettet nach Hofkirchen (Nasting liegt bei Harrling, knapp 3 Kilometer südlich von Zandt)

 

b) deutsche Zivilpersonen

- Steininger, Ludwig (Kind): im Sandhölzl zwischen Tasching und Vilzing, durch Explosion einer Panzerfaust tödlich verwundet, bestattet im Friedhof Chammünster (Bericht in der Mittelbayerischen Zeitung hier)

 - (Datum nicht gesichert): N.N. (Kind), in Blaibach durch Fundmunition tödl. verwundet

- Albrecht, Theodor (Bürgermeister von Falkenstein): Suizid (vgl. Wikipedia-Artikel, Link)

 

27.04.1945

 

- Kuhn, Alois: Hitlerjunge, *20.06.1929, wohnhaft in Ermershausen/Mittelfranken, in Kötzting-Gehstorf von US-Truppen beim Davonlaufen erschossen

- Müller, Fritz: Obergefreiter (Zivilberuf: Kolonialwarenhändler), wohnhaft in Dortmund, dort am *28.01.1908 geboren, verstorben am 27.04. in Falkenstein an Kreislaufversagen und Gasbrand als Folge einer Verwundung. - Näheres ließ sich nicht festellen!

  

28.04.1945

 

a) deutsche Soldaten

- Reimann, Josef Maria: Oberschirrmeister bzw. Uffz., *14.03.1915 in "Niederpfaffenberg" (korrekt wohl: Niederpfaffendorf, bei Markersdorf/Görlitz), gefallen in Reitenstein bei Kötzting, zunächst in einem Feldgrab bestattet, dann nach Hofkirchen umgebettet.

Dies war das bekannte Gefecht bei Grub, als die 345th Field Artillery (90th Infantry Division) nachts ein Waldgelände beschoss, und zwar durch den nur selten praktizierten Direktbeschuss, als angeblich 200 Feinde einen Angriff versuchten. Das übliche Problem: Die amerikanischen Quellen behaupten, ein "SS-Offizier" oder, wahlweise, ein deutscher "Hauptmann" sei getötet worden; im After Action Report ist von "several" (mehreren) toten Gegnern die Rede. Tatsächlich lässt sich sicher nur der o.g. Oberschirrmeister sicher nachweisen. Soldaten mit diesem Dienstrand waren z.B. für den Fuhrpark einer Einheit zuständig, also in Nachschub und Reparatur tätig. - Siehe hierzu den Beitrag von B.T. Collins und I. Pongratz: "Das Gefecht bei Grub. Die letzten Tage des Zweiten Weltkriegs bei Kötzing", in: Beiträge zur Geschichte im Landkreis Cham, 22. Band (2005),  der auch im Internet erschienen ist: Link zu den "Kötztinger Geschichten" von Clemens Pongratz.

- N.N., bei Arrach / Ottmannszell, später nach Hofkirchen umgebettet. 

 

b) deutsche Zivilpersonen

- Weber, Johann (Kind, 13 Jahre alt): am Bahnhof Miltach in einer Kurzschlussreaktion von US-Soldaten erschossen, beerdigt in Chamerau

- Scherzinger, Johann (Kind, 15 Jahre alt): am Bahnhof Miltach von US-Soldaten angeschossen, am 19. Mai verstorben, beerdigt in Chamerau

 

 

29.04.1945

 

a) deutsche Soldaten

- Berg, Martin: OGefr. (Heeresflieger-Ausbildungs-Regiment 3), *25.02.1923 Friemersheim, gefallen in Katzbach bei Cham, wohl in seiner Focke-Wulf 190 abgeschossen beim Versuch, einen Tiefangriff zu starten (vgl. den After Action Report der 90th US Infantry)

 

Gefallene in Lohberg:

- Beer, Franz: Grenadier (St.Kp.Pz.Gren.E.u.A.Btl. 20), *04.08.1927 in Breitenbrunn

- Holzapfel, Sebastian: *29.04.1928 (sic!) in „Lobfing“

- Kainzlbauer, Fritz: *12.09.1926 in Eholfing („Panzereinheit“)

- Weiss, Adolf: *17.05.1928 in Königsschalding

Diese vier in Ober-Lohberg, im „Kastl-Stadl“, Gefallenen wurden in einem Gruppengrab im Friedhof bestattet und im Jahre 1955 nach Hofkirchen überführt.

- Herzog, Heinz: *30.09.1922 in Olbernhau, gefallen im Wald bei Oberhaiderberg, in einem Einzelgrab im Friedhof Lohberg bestattet, 1955 ebenfalls nach Hofkirchen überführt

Siehe den Artikel "Die echte Brücke war in Lohberg" (Mittelbayerische Zeitung, 12.01.2020, Link)

 

Zusatz: Am 30. April fiel bei Lohberg der US-Soldat (Pfc) Jack W. R. Greene von der Company F, 357th Infantry Regiment, 90th Infantry Divison, durch Granatsplitter. Acht weitere US-Soldaten wurden zum Teil schwer verwundet, als die Patrouille in einen Hinterhalt geriet und mit Panzerfäusten beschossen wurde. 

 

b) deutsche Zivilpersonen

- Vogl, Michael: Rittsteig (durch Granatsplitter verwundet am 28.04., am folgenden Tag verstorben) 

- Späth, Alois: *12.11.1903,  um 10 Uhr in Leming bei Eschlkam durch Feindeinwirkung (Leming gehörte damals zu Schwarzenberg)

 

 

01.05.1945

a) deutscher  Soldat

- Kaver (oder Kawer), Max: am 01.05.1945 in der Gemeinde Kalsing von Engländern erschossen, Feldgrab im Wald bei Grub (Woppmansdorf), amtliches Todesdatum 04.05.1945, nähere Daten unbekannt, später nach Hofkirchen überführt.

 

 

02.05.1945

 

- Keppler, Christian: Angehöriger der Schutzpolizei, *10.04.1888 in Kirchhain (Kreis Kassel), um 15.45 Uhr in Engelshütt bei Lam von amerik. Soldaten erschossen  

 

 

06.05.1945

 

- Freimuth, Johann: tödlich verletzt in Traidersdorf durch die Explosion einer zurückgelassenen amerikanischen Handgranate

- Freimuth, Eduard: ebenso

- Forster, Xaver (Kind): *06.10.1939, um 10 Uhr in Großaign Nr. 5, Explosion einer Handgranate 

- Kraus, Johann: Volkssturmmann (zivil: Hilfsarbeiter), *14.06.1885 in Fuchsberg Kr. Deggendorf, wh. in Rindberg bei Deggendorf, verstorben im Reservelazarett Falkenstein (Haus-Nr. 48) an Kreislaufversagen nach Amputation des linken Unterschenkels. Übergeführt zur Kriegsgräberstätte Hofkirchen.

 

08.05.1945

a) deutscher Soldat

- Weingarth, Kurt: Obergefreiter (Zivilberuf: Schlosser), *8.6.1922 in Blaubach Kreis Kusel, bei Walderbach-Eichelberg auf freiem Gelände von Plünderern erschossen. - Nähere Informationen zu Kurt Weingarth mit Foto auf dem "Wiki" (Digitales Verzeichnis der Arbeitsgruppe Dorfgeschichte Blaubach) seines Geburtsortes: Link

 

b) deutsche Zivilpersonen

- Bachl, Rudolf (Kind): in Mais (Neukirchen b. Hl. Blut) durch eine explodierende Tellermine tödlich verletzt

- dessen 2-jährige Schwester, ebenso 

 

Weitere Tote nach Kriegsende durch Explosion von Munition: 

- Scholz, Oswald: Flüchtlingskind, *19.05.1934 in Rybnik, am 15.05.1945 um 12 Uhr in Großaign Nr. 55 durch Explosion eines Sprengkörpers

- Münch, Andreas: Dienstknecht, *11.11.1899 in Schachten, am 20.05.1945 in Neuaign durch Explosion eines Sprengkörpers

- Mauerer, Josef: Kind, *18.5.1934, am 12.05. in Klemühle (?) bei Lam durch Explosion einer Handgranate der Wehrmacht

- vermutlich: Bierach, Heinrich: Kind, *17.01.35 in Ludwigshafen, am 11.07.1945 in Reitenburg, Todesursache: Brust- u. Herzverletzung und Lungenzerreissung

- vermutlich: Drexler, Franz: *26.12.1928, am 14.05.1945 in Arrach, Todesursache: Zerreissung der Baucheingeweide  

 

Todesdatum nicht feststellbar:

Spangenberg, Günther Gustav Karl: Oberzahlmeister, *01.02.1915 in Helmstedt, am 17.05.1945 in Kirchenrohrbach im Regenfluss neben der sog. Eckmanninsel als Leiche aufgefunden, Todesursache nicht feststellbar. - Vermutlich als Unbekannter zur Kriegsgräberstätte Hofkirchen überführt.

 

7. Der Mord an zwei Russen in Grafenried (Lučina) bei Kriegsende im April 1945. 

 

© Dr. Markus Gruber

 

Das untergegangene Grafenried (Lučina) bei Waldmünchen, nur einen Kilometer jenseits der Grenze im Gemeindegebiet von Nemanice (Wassersuppen) gelegen, ist seit Jahren in aller Munde: Handelt es sich doch um einen außergewöhnlichen Ort, in dem durch archäologische Ausgrabungen das frühere Leben, das hier 1946 mit der Vertreibung der sudetendeutschen Bevölkerung abrupt endete, wiederentdeckt werden kann. Hunderte von Touristen, gerade auch Tschechen, besuchen Jahr für Jahr den ehemaligen Ortsbereich, in dem mittlerweile dort, wo früher Gebüsch und Mauerreste das Aussehen des stattlichen Pfarrdorfes und Gemeindeorts nicht einmal erahnen ließen, die Überreste von Kirche, Pfarrhof und Brauerei eindrucksvoll betrachtet werden können. Die Politik unterstützt die deutsch-tschechische Kooperation an einem Ort, der zu einer Begegnungsstätte zwischen Deutschen und Tschechen geworden ist, an dem sich Hass und Ignoranz früherer Zeiten überwinden lassen.

 

Gründliche Feldforschung und Arbeit in den Archiven werden noch viele Aspekte in der Geschichte von Grafenried entdecken lassen – freilich auch das eine oder andere ‚dunkle Kapitel’. So tauchte immer wieder von Seiten ehemaliger Bewohner und weiterer Zeitzeugen ein Gerücht auf: Im April 1945 sollen in Grafenried zwei Russen erschossen worden sein, Häftlinge eines Todesmarsches, die wohl kurzzeitig einem auf dem Durchmarsch befindlichen Gefangenenzug entkommen seien, dann aber im Ortsbereich von Grafenried ermordet und auf dem örtlichen Friedhof beigesetzt worden seien.

 

Im Staatlichen Kreisarchiv Domažlice (Statní okresní archiv) ließen sich nun tatsächlich Dokumente finden, welche den Vorfall offiziell bestätigen (Bestand ONV Horšovsky Týn, i.č. 383 IX/10). Am 8. April 1946 schrieb der SNB Grafenried (Sbor národní bezpečnosti, eine für geheimpolizeiliche Aufgaben zuständige Sondereinheit) an den ONV (Okresní národní výbor) Horšovsky Týn (Bischofteinitz) auf dessen allgemeine Anfrage nach der Existenz von Gräbern mit Kriegsopfern hin folgendes: Im April 1945 wurden im Wald bei Grafenried zwei russische Gefangene erschossen und zunächst, gemäß einer Aussage des Grafenrieder Totengräbers, an Ort und Stelle begraben. Die beiden Leichen wurden etwa drei Monate später, am 19. Juli 1945, wieder ausgegraben und auf dem Pfarrfriedhof Grafenried beigesetzt. Die Toten konnten aufgrund fehlender Dokumente nicht identifiziert werden, die Leichen befanden sich schon im Zustand der Verwesung. Laut Ausage des Totengräbers habe es sich um zwei Russen im Alter von 20 bis 22 Jahren und 40 bis 45 Jahren gehandelt, die abgenutzte russische Uniformen getragen hätten. Damit schließt der Bericht des SNB Grafenried. Ein drei Jahre später erfolgtes Schreiben vom 16. Juni 1949 bestätigt nochmals, dass die beiden Russen im Grafenrieder Friedhof bestattet liegen. Dann aber verliert sich die Spur; in den späteren offiziellen Zusammenstellungen von Kriegsopfergräbern findet sich keine Erwähnung mehr. Der Grund hierfür könnte darin liegen, dass der Kreis Horšovsky Týn, dessen Behörden die Anfragen über solche Gräber in den frühen Nachkriegsjahren gestellt hatten, im Jahre 1960 aufgelöst wurde und offensichtlich die seinerzeit gewonnenen Erkenntnisse von den Behörden des neuen Kreises Domažlice nicht mehr kontinuierlich erfasst wurden. Insgesamt ist somit zu urteilen, dass die beiden Mordopfer nach wie vor im Friedhof Grafenried bestattet liegen.

 

Auch die Unterlagen des International Tracing Service (ITS) Bad Arolsen geben Hinweise auf den Vorfall. Laut einer Befragung des Bürgermeisters der deutschen Grenzgemeinde Untergrafenried vom 4. April 1947 überschritt am 25. April 1945 um 8.00 Uhr morgens ein Gefangenenzug in Stärke von 90 bis 100 Russen (nur Männer, keine Frauen) aus dem böhmischen Grafenried die heutige Landesgrenze nach Untergrafenried und sei dann in Richtung Buchwalli weitergezogen, den kleinen Weiler am heutigen Perlsee bei Waldmünchen. Der Bürgermeister bestätigt den Tod der beiden Russen und deren Beisetzung im Friedhof Grafenried, was also allgemein und vom Hörensagen her bekannt gewesen sein muss. Laut ITS war die Marschkolonne wohl aus dem Konzentrationslager Flossenbürg über Irlach nach Treffelstein getrieben worden und hatte bei Kritzenthal (Hotel Katharinenhof) und bei der Einöde Schickenhof die heutige Landesgrenze in Richtung Anger (Úpor) und Grafenried überschritten. Darauf lässt auch die ebenfalls 1947 erfolgte Befragung des Bürgermeisters von Treffelstein schließen, der für den 24. oder 25. April über einen aus 80 bis 100 Mann bestehenden Marsch berichtet.

 

Es muss diese Gefangenenkolonne gewesen sein, mit der sich am 24. und 25. April der Waldmünchner Volkssturm und die Bevölkerung im Grenzort Höll konfrontiert sah. Die Augenzeugenberichte von Einheimischen und Volkssturmmännern (beide Kompanien waren zur Verteidigung Waldmünchens gegen die US-Armee eingesetzt, jedoch im rückwärtigen Bereich zwischen Untergrafenried, Höll, Haselbach und Arnstein postiert worden, ohne dass sie einen einzigen Schuss abgaben) besagen, dass die Russen in Bauernhöfen sowie im Zollamt notdürftig einquartiert waren und sich von rohen Kartoffeln 'ernährten'. Von der Bevölkerung, Tschechen wie Deutschen, ist überliefert, dass sie im Rahmen ihrer Möglichkeit half und auch ihrer Empörung gegenüber der geradezu viehischen Behandlung von Menschen Ausdruck verlieh. Angeblich erging dann seitens des Waldmünchner Verteidigungsstabes (Kreisleiter Max Seidel, Stadtkommandant Hauptmann Siegfried Stöhr) der Befehl, die Gefangenen an Ort und Stelle zu liquidieren: Diesem Befehl habe sich die Volkssturmführung – so deren Eigendarstellung (Richard Wagner, "Der letzte Kriegstag im Raum Waldmünchen", Waldmünchner Heimatbote Heft 12 (1985), S.19ff., ders.: "Wir haben 120 russische Offiziere gerettet", Heimatbote Jahrbuch 1995, S.19ff.) – verweigert, nicht nur aus moralischen Gründen, sondern auch wegen der zu erwartenden Vergeltungsmaßnahmen durch die Amerikaner. Laut Gerhard Bücherl aber ("Die KZ-Todesmärsche", Waldmünchner Heimatbote 2010, S.110ff.) sei der Liquidierungsbefehl sehr zweifelhaft; eher habe man geplant, den Häftlingszug möglichst schnell weiterzubringen, um etwaige Plünderungen zu verhindern. Zu bedenken ist auch noch folgendes: Einen Exekutionsbefehl, der nach damaliger Logik 'sauber' und professionell durchzuführen war, hätte man doch wohl nicht den militärisch kaum ausgebildeten Volkssturmmännern übertragen, die kaum schießen konnten – abgesehen davon, dass sie die befohlene Ermordung dutzender Gefangener psychisch kaum durchgestanden hätten. Hierfür wäre zweifellos die Wachmannschaft herangezogen worden oder gegebenenfalls Soldaten von Wehrmacht und SS, die vor der herannahenden Front in Massen Richtung Böhmen zurückströmten. Insgesamt sahen die örtlichen Verantwortlichen offenbar die Russen überwiegend als Gefahr für sich selbst, so dass sie das Problem durch eine 'räumliche Verlagerung' aus der Welt schaffen wollten: Der Häftlingszug verließ am 25. April die Gegend. Entgegen den beim ITS registrierten Zeugenaussagen verließ diese Kolonne den Raum Höll-Haselbach aber nicht in Richtung Süden (die Amerikaner standen schon kurz vor Waldmünchen, in Schönthal und Ast), sondern über Nepomuk (Capartice) ins Landesinnere von Böhmen. Auf die weiteren, schon in den Tagen zuvor durch den Großraum Waldmünchen getriebenen Todesmärsche sei an dieser Stelle vorläufig nur kurz hingewiesen: Laut ITS kam ein Häftlingsmarsch bereits am 21. April aus der Tschechoslowakei und wurde über Waldmünchen und Ast nach Wetterfeld getrieben; dort trafen mehrere weitere Kolonnen aus dem KZ Flossenbürg mit abertausenden Häftlingen an; noch am 23. April wurden 46 Häftlinge massakriert, bevor US-Einheiten die noch vor Ort befindlichen Überlebenden befreiten.

 

Der Mord an den beiden Russen in Grafenried fand also wohl am 24. April statt. Von Seiten der Dorfbewohner, die den Vorfall ganz offenbar hautnah mitbekamen, sind zusätzliche Details überliefert, deren Wahrheitsgehalt aber teilweise schwankt. Als Täter wird ein einheimischer NS-Funktionär genannt oder aber ein junger SS-Offizier. Sinngemäß berichtete eine Augenzeugin, die damals eine junge Frau war, folgendes: Eines Tages saßen zwei zerlumpte Gestalten auf dem Holzplatz. Sie machten eine Geste, dass sie Hunger hätten. Die Mutter brachte Kaffee mit eingebrocktem Brot, die beiden Männer machten zum Dank das Kreuzzeichen. Kinder scharten sich um die beiden. Einige von ihnen erzählten davon im Wirtshaus, wo sich ein auswärtiger, junger SS-Mann in Uniform befand. Dieser machte sich sofort auf, führte die beiden ins Holz und erschoss sie dort. Die Leute vom Dorf holten Hacken und Schaufeln.“

 

Angeblich handelte es sich bei den beiden Russen um Vater und Sohn, wozu immerhin der auf der Darstellung des Totengräbers beruhende SNB-Bericht passt, der von einem deutlich unterschiedlichen Alter spricht (20 bis 22 und 40 bis 45 Jahre). Andere Zeitzeugen wollen wissen, dass die beiden späteren Mordopfer dem Gefangenenzug kurzzeitig entkommen seien, in einem Anwesen des (heute ebenfalls verschwundenen) Dorfes Anger (Úpor) Zuflucht gefunden hätten, dann jedoch mehr oder weniger in die falsche Richtung gegangen seien, so dass sie wieder in das Umfeld des Gefangenenzuges gekommen seien. Der einheimische NS-Funktionär, dem, wie gesagt, eine Tatbeteiligung zugesprochen wird, soll schon in den Jahren zuvor durch besonderen Fanatismus hervorgetreten sein. Zu bemerken ist auch, dass im Raum Grafenried eine Truppe auswärtiger sogenannter "Panzervernichter" der Hitlerjugend präsent war, die in der Nacht vom 25. auf den 26. April von Untergrafenried aus einen nächtlichen Blitzangriff auf eine Panzereinheit der Amerikaner ausführte, die bereits nach Schäferei vorgerückt war (zwei leichte US-Panzer "Stuart" wurden durch Panzerfaustbeschuss zerstört, bis zu drei US-Soldaten verwundet); solche Panzervernichtungstrupps der HJ kämpften in diesen Tagen auch im Raum Schönsee und Grafenkirchen (Löwendorf) und standen unter der Führung von Offizieren, die teils als fanatisch und gefährlich beschrieben wurden. Ferner lag in Untergrafenried in den Tagen vor dem Einmarsch der Amerikaner auch der 3. Zug der 5. Volkssturmkompanie Waldmünchen.

 

Die Zeitzeugen berichten weiter, dass die beiden Leichen nach der Exhumierung auf dem Friedhof hinter der dortigen Kapelle begraben wurden. Später habe die tschechische Verwaltung das Grab mit einem Sowjetstern markieren lassen; bei der Umbettung mussten die Grafenrieder zusehen.

 

Die beiden Russen wurden nur zwei Tage vor der Ankunft der Amerikaner ermordet: Am Nachmittag des 26. April (der Tag, an dem auch Waldmünchen und Höll nach heftigen Gefechten erobert wurden) erreichten US-Panzer das Dorf. Tags zuvor, am 25. April (also nur ein paar Stunden nach dem Durchzug des Todesmarsches und dem Mord), war Grafenried wie viele andere Orte entlang der Grenze von amerikanischer Artillerie beschossen worden, zwei Bewohner starben (das alte Ehepaar Johann und Margarethe Bauer). Insgesamt forderte der massive Artilleriebeschuss auf den ganzen Grenzstreifen zwischen Böhmisch- und Bayerisch-Schwarzach (Švarcava), Waier (Rybník), Friedrichshäng-Plöss (Pleš), Oberhütten-Paadorf (Horní Hut-Hranična) und Grafenried am 25. und 26. April 1945 nicht weniger als 26 namentlich bekannte Tote unter der Zivilbevölkerung. Wenn sich deutsche Einheiten, v.a. das "Skijäger-Bataillon" aus Taus, hier nicht zur Verteidigung eingerichtet hätten, wäre es vermutlich nicht zu einer derart hohen Opferzahl gekommen. In den spannungsreichen Tagen vor der großen Offensive der 90th US Infantry Division am 30. April kam es bei Grafenried zu keinen größeren Kampfhandlungen; lediglich für den 28. April ist ein kurzes Feuergefecht bezeugt (allerdings starben weiter nördlich, zwischen Paadorf und Neid (Závist) vier US- und drei deutsche Soldaten im Kampf, da zwischen Waier und Haselberg-Lískovec eine Verteidigungslinie verlief). Insofern war also auch die einheimische Bevölkerung von den Kriegsereignissen, von Tod, Leid und Zerstörung empfindlich betroffen – diese Tatsachen gehören als historische Fakten mit dazu, wenn man sich ein Gesamtbild über die Situation Ende April machen will.

 

Somit also sind die Gerüchte über den Mord an den beiden Russen am 24. April in Grafenried durch die Berichte des SNB und die Unterlagen des ITS nun bestätigt. In der Sterbematrikel der Pfarrei Grafenried, die bis Mai 1946 von Pfarradministrator Josef Gerl weitergeführt wurde, und in den beiden Orts-Chroniken finden sich keine Hinweise auf den Vorfall. Bald gerieten die im Friedhof bestatteten Toten in Vergessenheit, wohl nicht zuletzt deshalb, weil Grafenried in den 1950er Jahren zerstört wurde und die Dorfstelle fortan im Sperrgebiet lag.

Im Sommer 2019 wurde hinter der Friedhofskapelle, deren Grundmauern wiedererrichtet wurden, eine kleine Gedenkstätte für die beiden Mordopfer errichtet: Ein Birkenkreuz und ein von Feldsteinen umsäumtes Blumenbeet.

 

  • Zusatz 1: Im Jahre 2022 wurde der von mir (Dr. M. Gruber) in der "Chamer Zeitung" am 23. April 2022 veröffentlichte Zeitungsartikel, der eine Kurzfassung der hier publizierten Schilderung ist, auf einem Täfelchen neben der Grabstelle angebracht. Von wem, weiß ich nicht; jedenfalls ist das gut. Siehe das Foto unten in der Galerie.

 

Zusatz 2: In den letzten Kriegstagen durchzogen mehrere von Norden her, aus den Konzentrationslagern Flossenbürg, Helmbrechts und Buchenwald kommende Todesmärsche mit russischen, französischen, polnischen Häftlingen, darunter auch solche jüdischen Glaubens, die Gegend Bischofteinitz, Ronsperg, Taus. Es kam zu einer Reihe von Morden seitens der Wachmannschaften sowie zu Todesfällen durch Erschöpfung; weitere Opfer waren durch Tieffliegerangriffe zu beklagen. Die Dokumente der tschechslowakischen Verwaltung bieten eine Vielzahl detaillierter Hinweise, die auf dieser Internetseite nach und nach aufgearbeitet werden sollen. So gab es Ende April 1945 auch bei Weißensulz (Bělá nad Radbuzou) insgesamt drei gewaltsame Todesfälle: Zwei Ukrainer wurden am 29. oder 30. April beim Weiler Bärentanz (Hvozd) getötet, wohl durch Wehrmachtsoldaten; ferner wurde in dieser Gegend am 29. Juni 1945 die Leiche eines Russen im Gemeindegebiet Pössigkau (Bezděkov) / Zemschen (Třemešne) aufgefunden. Auch in Horschau (Horšov) bei der Ziegelei sollen drei Russen erschossen worden sein. Diese Vorkommnisse sind nur einige von mehreren.

 

Externe Links:

- Reise ohne Wiederkehr: Artikel auf onetz.de zu den Todesmärschen in der Oberpfalz

- Friedhof Grafenried (Lučina) mit der Kuppel der Friedhofskapelle(mutmaßliche Grabstelle) auf zanikleobce.cz

 

Fotos und Dokumente (zum Vergrößern bitte anklicken):


8. Die Minenexplosion bei Díly (Kreis Domažlice) am 1. Mai 1945: Sieben US-Soldaten sterben kurz vor Kriegsende. 

 

© Dr. Markus Gruber

 

Ein recht bekannter Erinnerungsort an die schweren Kämpfe Anfang Mai 1945 im Waldgebirge zwischen Waldmünchen und Domažlice befindet sich in der Nähe der Ortschaft Díly (früher auch Nový Postřekov). Westlich der Gemeinde, oberhalb im Wald, steht an einer Forststraße, die zu den nach 1946 zerstörten sudetendeutschen Dörfern Waltersgrün (Valtířov) und Nimvorgut (Nuzarov) führt, eine größere Gedenkstätte: Ein Stein mit Inschrift, eine Holzhütte mit Wrackteilen und eine Informationstafel. Was ist hier geschehen?

 

Am Abend des 30. April 1945 war der 90. US Infantry Division ("Tough 'Ombres"), die die tschechischen Orte Klentsch (Klenčí), Chodov (Meigelshof), Trhanov (Chodenschloss) und schließlich Domažlice (Taus) erobern wollte, zwischen Waldmünchen und Furth im Wald der Durchbruch durch den Pass von Nepomuk (Capartice) sowie in der Further Senke bei Vollmau (Folmava) und Böhmisch-Kubitzen (Česká Kubice) nur teilweise geglückt. Dies lag am heftigen Widerstand der deutschen 11. Panzerdivision ("Gespensterdivision"), die unter Generalleutnant Wend von Wietersheim mit etwa 10.000 Soldaten und schwerem Gerät im Großraum Taus lag. Die 11. Pz.Div. hatte sich auf beiden Seiten des Čerchov verschanzt, um den weiteren Vormarsch der Amerikaner in Richtung Pilsen zu verzögern - trotz der vollkommen ausweglosen militärischen Gesamtsituation und in sturem Gehorsam gegenüber der befehlshabenden 7. Armee. Der Großoffensive vorausgegangen waren tagelange blutige Kämpfe entlang der Linie Waier (Rybník), Schwarzach (Švarcava), Paadorf, Neid (Závist), Haselbach (Lísková), Fichtenbach (Bystřice), Vollmau, Maxberg (Maxov) und Neumark (Všeruby). Es gab dutzende von Toten auf beiden Seiten, vor allem auch unter der Zivilbevölkerung des Grenzstreifens.

 

Besonders heftig war der deutsche Widerstand bei Sophienthal (Černá Řeka), Nepomuk (Capartice), Böhmisch-Kubitzen (Česká Kubice) und Neumark (Všeruby). Am Abend des 30. April musste die 90. US Infantry auf der 720 m hohen Passhöhe von Nepomuk haltmachen, ebenso bei Kubice, und konnte erst am nächsten Morgen den Angriff in Richtung Klentsch, Trhanov-Chodov und Taus wieder aufnehmen. Von Nepomuk aus zogen sich die deutschen Verteidiger (vor allem das Panzerregiment 15 und die Panzerjägerabteilung 61) in der Nacht planmäßig in Richtung Taus zurück. Ihre weitere Taktik für die folgenden Tage bestand nun darin, den Vormarsch der US-Truppen durch Artilleriebeschuss aus der Ferne aufzuhalten. Dieses Sperrfeuer tötete am Vormittag des 1. Mai in Klentsch und Chodov vier US-Soldaten und einen tschechischen Zivilisten. Dennoch konnte die 90. US Infantry an diesem Tag Klentsch, Chodov und Trhanov befreien (diese Orte waren wie viele andere auch seit 1940 dem Landkreis Waldmünchen angeschlossen, was verständlicherweise zu erheblicher Verbitterung der tschechischen Bevölkerung des Chodenlandes führte; das Denkmal für den Nationaldichter des Chodenlandes Jindřich Šimon Baar in Výhledy wurde als Akt der Demütigung bewusst gesprengt).

 

Gegen 15.00 Uhr am 1. Mai 1945 wurden die beiden Angriffsbataillone des amerikanischen 358. Infantry Regiment nach über 30-stündigem Einsatz abgelöst und kehrten in ihre Ruheräume nach Waldmünchen zurück. Das 2. und das 3. Bataillon sowie das 712th Tank Battalion hatten in der zweitägigen Operation zwischen Haselbach, Sophienthal, Nepomuk und Klentsch 55 Soldaten, darunter 11 Gefallene, verloren, ferner zwei "Sherman"-Panzer. Die 11. Panzerdivision verlor 14 Tote und 136 Gefangene, darunter etliche Verwundete, und einen "Panzer IV" sowie einen "Marder III" (weitere vier ihrer Soldaten waren schon am 28. und 29. April im Umfeld des deutschen Hauptquartiers bei Nepomuk und Trhanov sowie am Arnstein bei Waldmünchen gefallen). Nun ließ der Kommandeur der 90th Infantry, Major General Herbert L. Earnest, das ausgeruhte 1. Bataillon nachrücken, welches in Reserve gelegen war und jetzt die neu eroberte Frontlinie stabilisieren sollte. Dabei nahmen die Amerikaner am Nachmittag des 1. Mai auch den Talkessel von Wassersuppen (Nemanice) kampflos ein. Außerdem sollten über Klentsch hinaus die Orte  Postřekov (Possigkau) und Waltersgrün (Valtířov) besetzt werden, die am östlichen Fuß von Schauerberg (Škarmanka) und Haltrava-Gebirge liegen. Von hieraus sollte der Anschluss an die 97th Infantry Division "Trident" erreicht werden, die jetzt über Waier (Rybník) und Stockau (Pivoň) auf breiter Front nach Ronsperg (Poběžovice) vorrückte, das am 1. Mai schließlich ebenfalls erobert wurde. Im Raum Wassersuppen kehrten die verängstigten Bewohner aus den Wäldern zurück, in die sie mitsamt Hab und Gut geflohen waren, und wurden mit den Folgen der Kämpfe konfrontiert – brennende Häuser in Althütten (Stará Hut), Sophienthal und Nepomuk, zurückgelassenes Kriegsmaterial, ausgebrannte Panzer. Über 20 gefallene Soldaten beider Seiten lagen entlang der Passstraße Haselbach-Nepomuk, dutzende von Verwundeten mussten versorgt werden. Während die 90th US Infantry ihre Toten und Verwundeten auf Lkw nach Waldmünchen brachte, blieb es für die andere Seite im Endeffekt der Bevölkerung überlassen, die gefallenen Wehrmachtsoldaten vor Ort zu bestatten (diese Gräber wurden bislang nur teilweise zur Kriegsgräberstätte Marienbad umgebettet; im Raum Sophienthal-Nepomuk ruhen noch neun Wehrmachtangehörige in insgesamt sechs Gräbern an Ort und Stelle dort, wo sie gefallen waren).

 

Am Spätnachmittag des 1. Mai befreiten die US-Soldaten der Kompanie A des 1. Bataillons, 358. Infantry Regiment, 90. US Infantry Division, das tschechische Díly, das in der Nacht zuvor von 63 Granaten getroffen worden war, weil auch hier deutsche Truppen lagen, vermutlich der Aufklärungsabteilung 11 der 11. Panzerdivision. Kompanie B besetzte das sudetendeutsche Waltersgrün (Valtířov), wo zwischen 30 und 45 Gefangene gemacht wurden. Auch Waltersgrün war tags zuvor beschossen worden: Als am 30. April während der Kämpfe einige Granaten das Böhmerwalddorf trafen, wurde der 58-jährigen Elisabeth Schröpfer (eine geborene Šindelář aus Postřekov) durch ein Geschoss der rechte Arm mitsamt Schultergelenk abgerissen. Man brachte sie in das Reservelazarett Ronsperg, wo sie noch die Sterbesakramente bekam und am 1. Mai verstarb. Nach Kriegsende, am 13. Mai, musste der gerade erst sechs Jahre alt gewordene Erich Andreas Stockert aus Waltersgrün Nr. 17 sterben, als eine liegengebliebene Handgranate explodierte, welche dem Jungen Darm und Harnblase zerfetzte (dasselbe Schicksal traf den 11-jährigen Franz Krieger aus dem nahen Walddörflein Nimvorgut, der am 30. April – während der Kämpfe bei Sophienthal – durch die Explosion einer zurückgelassenen Panzerfaust verblutete, mit der er gespielt hatte).

 

Insgesamt beschreiben die Einsatzberichte der 90. US Infantry den deutschen Widerstand zwischen Díly und Waltersgrün als „leicht bis mittelmäßig“. Da über direkte Kampfhandlungen in diesem Gebiet nichts bekannt ist, dürfte sich dies auf das deutsche Störfeuer beziehen – aber auch auf die schwere Minenexplosion, die nach der recht problemlosen Einnahme von Díly und Waltersgrün nicht weniger als sieben US-Soldaten das Leben kostete: Dies ist der Vorfall, an den die Gedenkstätte von Díly erinnert.

 

Zu den Einzelheiten: Zur Abwehr von Patrouillen und zur Verzögerung des feindlichen Vormarsches verlegte die 11. Panzerdivision Minen. Dabei geriet auch eine Waldstraße in den Blick, die kurz vor dem Ortseingang von Díly abzweigt und nach Waltersgrün und Nimvorgut führt. Diesen Weg würden die Amerikaner von der einen oder anderen Richtung aus sicher benutzen, so das Kalkül. Am 30. April gegen 16.00 Uhr, als gerade der Kampf um die Passhöhe von Nepomuk begann, beobachteten Einwohner von Díly drei Soldaten, die sich mit zwei Panzerminen in den Wald begaben – aller Wahrscheinlichkeit nach Pioniere des Panzer-Pionier-Bataillons 209 der 11. Pz.Div., welches bei der Kapitulation noch 307 Mann zählte. Diese Pioniere verminten die Brücke der besagten Waldstraße, etwa 200 Meter vor dem heutigen Denkmal; die Stelle heißt „Dobrá voda“.

 

Für die Katastrophe, die sich nun am Nachmittag des 1. Mai ereignete, liegt der Augenzeugenbericht eines US-Soldaten vor. Benjamin W. Taylor war Angehöriger der Kompanie D des 1. Bataillons. Er berichtet zunächst von einer Begegnung mit General Patton, dann von der Explosion (ich habe den englischen Text ins Deutsche übersetzt; die Originalquelle ist leider nicht mehr im Internet zu finden):

 

„Nachdem wir die Grenze überschritten hatten, bewegten wir uns auf einer Straße, und ein ‚Maschinengewehr-Jeep’, der einen Munitionsanhänger zog, fuhr an uns vorbei und bog in eine Kurve ein. In dem Jeep saßen ungefähr sechs MG-Schützen. Wir verwendeten oft Jeeps, um Mörser und Munition zu transportieren. Da fuhren sie über eine Panzermine, die den Jeep in der Mitte auseinanderriss. Die Räder wurden weggeschleudert, der Anhänger flog weg und stürzte in das von der Explosion verursachte Loch. Die Männer wurden in Stücke gerissen. Ich kannte den Fahrer. Sein Name war Simons. Er hatte mir zuvor erzählt, dass sein Vater im Ersten Weltkrieg war und noch am letzten Tag des Krieges getötet wurde. Simons sagte mir: Er selbst habe das Gefühl, wenn er bis zum letzten Tag überlebe, dann würde er doch noch getötet werden. Er überlebte aber nicht bis zum letzten Tag. – Ein wenig später warteten wir auf Befehle. Da war ein Bauernhaus in der Nähe und einige unserer Jungs hörten, wie Hühner gackerten. Es lief bei uns immer so ab: Wenn die Hühner gackerten, ging ein Soldat in den Hühnerstall und nahm die Eier heraus. Die Tschechen aber brauchten die Eier unbedingt, um sich selbst zu ernähren – und so rannten sie, als die Hühner gackerten, gleich zum Hühnerstall, bevor unsere Soldaten hineinkommen konnten.“

 

Man muss hier zunächst festhalten, welchen unterschiedlichen Eindrücken der junge Soldat in kürzester Zeit emotional ausgesetzt war: Erst die Begegnung mit General Patton (der nur kurz fluchen musste, um einen Fahrzeugstau aufzulösen), dann die Explosion des Jeeps, und schließlich die amüsante Episode, wie zwischen Tschechen und Amerikanern ein Wettrennen um die Hühnereier beginnt.

 

Opfer der Minenexplosion wurden GI's des 2. Platoon (Zug) der Company D, 1. Battalion, 358th Infantry Regiment. Die D-Kompanie verfügte über schwere Waffen (Mörser, MGs) und unterstützte hier die Infanterie-Kompanien A und B . Aus den Erinnerungen tschechischer Bewohner geht hervor, dass eine ganze Fahrzeugkolonne unterwegs war. Zuerst passierten ein Halbkettenfahrzeug M3 und ein Jeep die Stelle, ohne die Mine auszulösen. Der nachfolgende Jeep vom Typ „Willys“ aber, der noch einen Munitionsanhänger zog, fuhr über die Mine, deren Explosion das Fahrzeug mitsamt den Insassen regelrecht zerfetzte. Die Explosion war so heftig, dass Wrackteile und sterbliche Überreste in einen Radius von 50 Metern zerstreut wurden. Gegen 18.00 wurden die Leichen von vier GI's – Rümpfe ohne Gliedmaßen – nach Díly gebracht. Einen weiteren Torso ohne Beine und mit nur einer Hand sowie ein noch im Stiefel steckendes Wadenbein fanden tschechische Bewohner später im Wald. Insgesamt starben bei der Explosion sieben US-Soldaten, zwei wurden verwundet.

 

Getötet wurden:

- William Q. Howell, S Sgt (*1924, Kentucky)

- Walter M. „Buddy“ Basinger, Sgt (*12.7.1916, North Carolina)

- Alfred „Red“ Simons, Pfc (*22.10.1909, Texas)

- James V. Green, Pfc (*1926, Arkansas)

- Richard V. Pegg, Pfc (*5.1.1922, Georgia)

- Marion McIlwain, Pfc (*1925, Alabama)

- Newell Moss, Pfc (*7.4.1923, Georgia)

 

Verwundet wurden Pfc William F. Morfield (1925-2001, er wurde später Geistlicher) und Pfc Edward F. Lyons. Bei den Opfern handelte es sich um Bedienmannschaften schwerer Maschinengewehre. Pfc (Gefreiter) Newell Moss wurde separat von den anderen sechs Toten erst einen Tag später als „vermisst“ (MIA) gemeldet, dann aber als „gefallen“ (KIA) für den 1. Mai definiert. Wahrscheinlich war es seine Erkennungsmarke (oder die von Howell), auf der die Bewohner, die erst später seinen Leichnam fanden, einen Namen lasen, den sie als „Joe Newell“ identifizierten und zur Erinnerung in einen Stein einkratzten. Möglicherweise fuhren Newell Moss und die beiden Verwundeten in einem anderen Fahrzeug oder gingen zu Fuß nebenher, als sie von der Explosion getroffen wurden. - Bei der Suche nach den weiteren sterblichen Überresten unterstützten Einwohner von Díly die US-Soldaten. Dabei kam es zu einer brenzligen Situation, als plötzlich zwei versprengte deutsche Soldaten auftauchten, welche die Zivilisten nach dem Weg zur Grenze fragten, dann aber sofort von den Amerikanern gefangen genommen wurden.

 

Die Klärung des Schicksals der Toten gelang mir (Dr. Markus Gruber) schon in den Jahren 2009 bis 2011 in Zusammenarbeit mit Martin Drbal und Norm Richards aus St. Louis, dem Historiker der "90th Division Association". Der Zufall wollte es, dass der Vater von Richards ebenfalls im 2. Zug der D-Kompanie diente und die Gefallenen kannte; weitere Informationen lieferte ein auf den 3. Juni 1945 datierter, in Oberviechtach aufgegebener Brief des Militärarztes John A. Young, der noch Erste Hilfe leisten wollte. Bei den weiteren Forschungen und der Gedenkarbeit stiftete der Umstand Verwirrung, dass die Bevölkerung von Díly den Jeep irrtümlich dem 38th Regiment der 2. Infantry Division zuordnete. Diese Einheit, die am 5. Mai Taus befreite, löste die Männer der 90. Infantry hier ab, jedoch erst am 2. Mai, als 35 Mann mit Geschützen und fünf Panzern in Díly einrückten. Verständlicherweise merkten sich die befreiten Tschechen die Markierungen auf den Nummernschildern der Fahrzeuge genau, und so schrieben sie auch auf die Wrackteile des Jeeps von Díly mit weißer Farbe "2-38-I" und "Díky (= Danke), Thank you friends, We remember". Diesem Irrtum sind auch die Produzenten der Informationstafel am Ort des Geschehens aufgesessen.

 

Das Wrack des Jeeps lag jahrzehntelang mehr oder weniger unangetastet im Wald, was auch daran gelegen haben könnte, dass das Gebiet in Nähe der von der Pohraniční stráž (PS) abgeriegelten Grenzzone lag. Erst in den 1990er Jahren, nach Ende der kommunistischen Herrschaft, war es den Einheimischen möglich, ihren amerikanischen Befreiern zu danken: Sie errichteten 1994 ein Denkmal am Ort des Geschehens, dessen erste Inschrift damals so lautete: „TO THE GRATEFUL MEMORY OF AMERICAN ARMY SOLDIERS, WHO PUT THEIR LIVES DURING THE LIBERATION OF DILY, ON MAY 1, 1945 – GRATEFUL CITIZENS NOVEMBER 15, 1994.“ Zu deutsch: "Dem dankbaren Andenken an Soldaten der amerikanischen Armee, die während der Befreiung von Díly am 1. Mai 1945 ihr Leben gaben. Dankbare Bürger, 15. November 1994". Einige Jahre später änderte man die Inschrift, wohl um das Englisch zu verbessern: "IN ETERNAL MEMORY OF THE U.S. ARMY SOLDIERS WHO LAID DOWN THEIR LIVES ON LIBERATING THE VILLAGE OF DILY ON MAY 1, 1945, GRATEFUL CITIZENS." Zu deutsch: "In ewigem Gedenken an die Soldaten der US-Armee, die ihr Leben gaben für die Befreiung des Dorfes Dily am 1. Mai 1945. Von dankbaren Bürgern."  Die Reste des Jeeps (verbogene Metallteile und ein Kanister) werden in einer kleinen Holzhütte aufbewahrt. Alljährlich am 1. Mai findet dort eine Gedenkfeier statt.

 

Im Jahre 2015 wurde in der Ortsmitte von Díly, vor der Kapelle, eine weitere Gedenkstätte mit den Namen der Opfer eingeweiht, allerdings ohne den von Newell Moss, dem siebten Toten, den ja erst ich durch gründliche Recherche der vollständigen Originaldokumente noch entdecken konnte. Dieser Gedenkstein wurde auf Initiative tschechischer Military-Organisationen errichtet, die sogenanntes "reenactment" betreiben –  ein fragwürdiges "Nachspielen" der blutigen Kriegsereignisse in nachgefertigten Uniformen und ‚echten’ Fahrzeugen und Waffen. Bei der Feier anwesend war auch der 90-jährige Veteran Vernon Schmidt. Die zugleich errichteten Tafeln informierten ausführlich über die Geschehnisse.

Die Explosion von Díly war derjenige Vorfall im Kampfraum, bei dem die meisten Menschenleben auf einmal zu beklagen waren: Die US Army wurde so für nur wenige Stunden aufgehalten - in einem für Deutschland schon lange verlorenen Krieg.

 

Fotos und Dokumente (zum Vergrößern bitte anklicken):

Zusatz: Über die problematischen Aspekte der Gedenkarbeit aller beteiligter Kriegsparteien (Deutsche, Amerikaner, Tschechen) habe ich mich in meinem Buch "Endkampf im Böhmerwald" auf S.255f. kritisch geäußert: Durchweg wurde und wird das Gedenken politisch vereinnahmt, so früher auf den Veteranentreffen der 11. Panzerdivision in Bad Kötzting während des Kalten Krieges (Stichwort NATO-Partnerschaft), ferner in unkritischer Erinnerungsliteratur deutscher und amerikanischer Veteranen (der Krieg als Abenteuer und vollbrachte Leistung, in dem "feindliches" Leben kurzerhand vernichtet wird), oder aktuell in der Begeisterung für Waffen und Technik, bei der die millionenfache menschliche Tragödie vergessen wird, die sich zudem nach dem 8. Mai 1945 fortsetzte. Gegenüber Volksfesten und Shows erscheint stilles Gedenken angebracht, und zwar für alle Opfer.

 

In diesem Zusammenhang werde ich demnächst auch auf die "Operation Cowboy" eingehen, als Ende April 1945 bei Hostau (Hostouň) die Lipizzanerpferde der Wiener Hofreitschule bei einem angeblichen Scheinangriff gerettet wurden: Doch in den angeblichen Cowboy- und Agentenkrimi waren nur wenige der führenden Stellen von US Army und Wehrmacht eingeweiht, so dass der "Scheinangriff" keiner war und mehrere Soldaten starben, darunter vier 16-jährige (!) RAD-Männer (Reichsarbeitsdienst) bei Heiligenkreuz (Újezd Svatého Kříž) am 28. April. Ihre Todesursache: Kopfschuss.

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9. Blutige Maitage 1945: Die Kämpfe zwischen Eisenstein (Železná Ruda) und Hartmanitz (Hartmanice)

 © Dr. Markus Gruber

 

(1): Der 3. und 4. Mai 1945: Javorná (Seewiesen), Starý Brunst (Alt-Brunst) und Nová Hůrka (Neu-Hurkenthal)

 

Am 5. Mai 1945 ereignete sich in Zhůří (Haidl am Ahornberg) eines der letzten großen Gefechte der US Army, das in der Tschechischen Republik heute sehr bekannt ist, nicht zuletzt auch durch die Beteiligung der berühmten 2nd Cavalry Group. Jedoch wurde im Šumava in diesen ersten Tagen des Mai 1945 auch an mehreren weiteren Schauplätzen im Gebiet zwischen Železná Ruda (Eisenstein) und Hartmanice (Hartmanitz) gekämpft, was zu vielen weiteren Toten in letzter Minute führte. Aufgabe des vorliegenden Beitrags ist es, zumindest in Grundzügen eine zuverlässige historische Rekonstruktion auf der Grundlage der verfügbaren Quellen zu ermöglichen.

Nach der Kapitulation der 11. deutschen Panzerdivision gegenüber der 90th amerikanischen Infantry Division im Raum Domažlice war der Weg in die Hauptstadt des Chodenlandes und nach Klatovy frei. Das nächste Ziel der US Army bestand darin, die Region Sušice zu befreien. Als die Kämpfe im Raum Všeruby (Neumark) am Vormittag des 3. Mai 1945 endeten, stießen die Amerikaner auf zwei Routen weiter vor: Das 357th Infantry Regiment erkundete in Richtung Hamry (Hammern) und die 2nd Cavalry Group von Železná Ruda aus in Richtung Javorná (Zejbiš / Seewiesen). Diese Patrouillen führten zu der Erkenntnis, dass die ganze Gegend noch voll von deutschen Soldaten war: Im Randgebiet um Hamry versuchten junge Soldaten des Reichsarbeitsdienstes (RAD) und kleine Einheiten, die auf dem Rückzug aus dem Raum Waldmünchen und Domažlice waren, Widerstand zu leisten. Wesentlich gefährlicher war eine große Kampfgruppe, die von Pilsen her in die Region Sušice verlegt worden war: Offiziersschüler der „Fahnenjunkerschulen der Artillerie“ Rokitzan (Rokycany) und Straschitz (Strašice) und deren Ausbilder. Diese Einheit, die in den amerikanischen Quellen als OCS (officer candidates school) bezeichnet wird, hatte die Größe eines Regiments, also wohl mehr als 1.000 Soldaten – allerdings ohne schwere Waffen.

 Südlich von Nýrsko (Neuern) stießen am 3. Mai die Kompanien I und K des 357th Infantry Regiment vor. Zwischen Stará Lhota (Freihöls) und Zelená Lhota (Grün) kam im Bereich der heute von einem Stausee überspülten Tremlovské dvorece (Tremlhöfe) die Kompanie I unter Beschuss. Ein Jagdpanzer vom Typ M10 des 773rd Tank Destroyer Battalion wurde von einer Panzerfaust getroffen und brannte aus, ein Mann der Besatzung wurde verwundet. Auf Seiten der etwa dreißig Angreifer habe es sechs Tote und zwei Gefangene gegeben, so behauptet der After Action Report der 90th Infantry. Zu dem Gefecht gibt es auch Erinnerungen der damaligen deutschen Bewohner. Ein Bericht stammt aus der Feder des bekannten Heimatforschers Josef Blau (1872-1960) aus Nýrsko. Offenbar handelte es sich bei den Angreifern um Angehörige des Reichsarbeitsdienstes (RAD), die zuvor im Raum Česká Kubice (Böhmisch Kubitzen) im Einsatz waren. Ein weiterer Zeitzeuge, Herr Z. aus Stará Lhota, berichtete, dass ein Zahlmeister des RAD den Panzer abgeschossen habe und dann selbst gefallen sei. Tatsächlich existiert eine Sterbeurkunde des Standesamts Milence (Millik) für einen Oberstfeldmeister des RAD: Kurt Ziemek, geb. am 29.07.1909 in Gelsenkirchen, der am 5. Mai auf dem Truppenverbandsplatz Freihöls verstarb. Jedoch ist als Todesursache „Sturz mit Motorrad“ angegeben, also offenbar ein Unglück. Für Hamry verzeichnet der Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge drei tote deutsche Soldaten:

- Mattheus, Herbert: SS-Unterscharführer, geb. am 12.07.1913 in Driebitz, Todeszeit: Mai 1945

- Rees, Karl: SS-Oberscharführer, geb. am 06.02.1920 in Kiel, +05.05.1945

- Richler oder Richter, Walter: geb. am 17.11.1912 in Wetzlar, +05.05.1945

Allerdings ist auch hier der Todestag der 5. Mai, zwei Tage später als das Gefecht bei den Tremlovské dvorece. Sehr interessant ist, dass Herbert Mattheus der 30. Waffen-SS-Division angehörte, die am 26. April im 40 Kilometer entfernten Waldmünchen gekämpft hatte. Diese Einheit bestand überwiegend aus Weißruthenen und Ukrainern, von denen zwei in Waldmünchen gefallen sind. Ein weiterer M10-Jagdpanzer blieb kurz vor Nýrsko bei Uhliště (Kohlheim) im Schlamm stecken.

 

Gleichzeitig kam es zu ersten Kampfhandlungen im Raum Javorná (Seewiesen). Vom Eisensteiner Pass aus stieß am 3. Mai die 2nd Cavalry Group vor. Diese Aufklärungseinheit, die es aufgrund der Evakuierung der Lipizzanerpferde im Raum Eslarn-Hostouň zu Berühmtheit brachte, bildete die Speerspitze der 3. US-Armee von General Patton. Sie trug den Spitznamen „Ghosts“, „Gespenster“, weil sie oft recht unerwartet auftauchte (übrigens hatte auch die 11. Panzerdivision einen ähnlichen Beinamen, die „Gespensterdivision“). Bereits am 3. Mai nahm die 2nd Squadron von Železná Ruda (Eisenstein) her kommend den Ort Nová Hůrka (Neu-Hurkenthal) ein. Eine kleinere Abteilung (Platoon) von etwa 25 Mann des Troop C blieb im sogenannten „Hotel“ über Nacht. Am 4. Mai stieß eine andere Kampfgruppe, Troop A und Teile von Troop C, auch in das etwa acht Kilometer weiter nördlich gelegene Javorná vor. Wegen des Widerstands von plötzlich auftauchenden deutschen Truppen zogen sich die Amerikaner von dort wieder zurück, nachdem zwei Soldaten des Troop C verwundet worden waren (Pvt Lubus und Pvt Williams) und ein Panzerfahrzeug verloren gegangen war.

Vermutlich gab es bei diesem Gefecht auch auf deutscher Seite Opfer, denn für den heute nicht mehr existierenden Ort Starý Brunst (Alt-Brunst) sind etwa elf tote deutsche Soldaten verzeichnet, welche in Javorná bestattet wurden. Ihr Todesdatum lautet überwiegend 4. Mai. Der tschechische Regionalhistoriker Vilém Kudrlička (1923-2007) schreibt in „Šumava. Co zmizelo z Královského hvozdu“ (S. 37), dass es einen Tieffliegerangriff auf eine Kolonne deutscher Soldaten und auf die Säge von Starý Brunst gab, durch den drei Soldaten getötet wurden: Leutnant Bertold Beil, Leutnant Franz Michell und Wachtmeister Günther Walther. Diese drei wurden im Pfarrfriedhof Javorná in Grab Nr. 161 bestattet.

Laut Kudrlička wurden acht weitere deutsche Soldaten schwer verwundet und noch ins Lazarett Javorná gebracht, wo sie jedoch bald verstarben. Auch diese Toten bestattete man im Friedhof, zunächst in Einzelgräbern, dann in einem Sammelgrab mit der Nr. 252. Tag der Beerdigung war der 14. Mai 1945. Die Namen und Daten der elf Toten lauten gemäß den Angaben des Volksbunds Kriegsgräberfürsorge:

 

- Beil, Bertold: Leutnant, *08.02.1916 in Rastatt, wohnhaft in Karlsruhe, +04.05. im Raum Seewiesen

- Michell, Franz: Leutnant, *01.06.1925 in München, +04.05. bei Alt-Brunst

- Walther, Günther: Wachtmeister, *19.11.1924 in Taubenheim, +04.05. Alt-Brunst

- Krause, Hans: Fahnenjunker-Unteroffizier und Lehrer, *23.02.1925 in Kraazen (Kreis Soldin), „in der Nacht vom 3. zum 4. Mai in Alt-Brunst / Haidl“.

- Küfferle, Josef: Leutnant: *03.12.1924 in Wien III, +04.05., Todesort nicht verzeichnet

- Müller, Ekkehard: Leutnant: *24.10.1925 in Bautzen, +04.05. bei Alt-Brunst

- Paprotta, Gustav: Oberfähnrich, *08.12.1912 in Konzewen (Ostpreußen), +04.05. bei Alt-Brunst, Truppenteil: Heeres-Sturmgeschütz-Brigade 244

- Piper, Walter: *18.11.1925 in Helmstedt/Schöningen, +04.05. bei Alt-Brunst/Haidl

- Reinöhl, Gottfried: Unteroffizier, *31.10.1924 in Aalen, +04.05. bei Alt-Brunst

- Sibora, Gerhard: Unteroffizier und Versicherungsangestellter: *18.01.1919 in Magdeburg-Sudenburg, „in der Nacht vom 3. zum 4. Mai im Böhmerwald“

- Stieghahn, Erich: Gefreiter, *29.05.1922 in Ingeleben-Helmstedt, +04.05.1945 in der CSR

 

Trotz der Angabe von Kudrlička über den Tieffliegerangriff ist es sehr wahrscheinlich, dass zumindest ein Teil dieser Soldaten am 3. und vor allem 4. Mai in den Gefechten gegen die 2nd Cavalry gefallen ist. Interessant ist, dass bei den Gefallenen Krause und Sibora die Sterbeurkunden als Todeszeit bereits die Nacht vom 3. auf den 4. Mai angeben. Die Kriegsgräberfürsorge bettete im Jahre 1994 insgesamt 13 deutsche Soldaten aus dem Friedhof Javorná in die Kriegsgräberstätte Mariánske Lázně um, darunter zwei Unbekannte. Vermutlich ist darunter auch der Regierungs-Oberinspektor Alfred Schüppel, geboren am 05.08.1900 in Leipzig-Lindenau. Ein Alfred Schüppel mit denselben Lebensdaten (1900-1945) war Abteilungsleiter in Berlin für die Aktion T4, in der durch sogenannte Euthanasie 300.000 behinderte Menschen ermordet wurden. Dieser Schüppel wurde dann als Regierungsinspektor in ein Landratsamt im „Protektorat“ versetzt. Somit ist eine Identität sehr wahrscheinlich. Wie Schüppel am 4. Mai 1945 im Raum Javorná ums Leben kam, ist bislang ungeklärt.

Die Stelle des Sammelgrabes im Friedhof von Javorná ist auch heute noch durch einen gut sichtbaren Kenotaph gekennzeichnet, auf dem die Namen der Gefallenen stehen. Der massive Grabstein wurde offensichtlich nach 1990 neu errichtet, das Grab selbst ist leer.

 

Gleichzeitig zu dem Gefecht bei Javorná begannen am 4. Mai die Kampfhandlungen bei Nová Hůrka: Die amerikanische Vorhut war über Nacht dort im sogenannten Hotel geblieben und war gerade beim Frühstücken. In der Kombination der überlieferten Berichte ergibt sich folgendes Bild. Ein später gefangen genommener deutscher Soldat erklärte, dass seine aus fünfzig Soldaten bestehende Einheit die Amerikaner bereits am 3. Mai von Nordwesten aus beobachtete. Der Angriff erfolgte dann von Norden, Süden und Südosten aus. Der Name des deutschen Hauptmanns könnte „Klötz“ gelautet haben, wie es der Hurkenthaler Pfarrer Max Seybold in der Pfarrchronik schreibt; dieser soll speziell die 4. Kompanie angeführt haben. Bei dem Gefecht wurden drei amerikanische und zwei deutsche Soldaten getötet:

- Ashley, Fred W. Ashley: Pvt, geb. 1923 in Idaho

- Buttron, George H.: Pfc, geb. 1925 in New York

- Hancock, James W.: Pvt, geb. 1923 in Virginia

Die Historiker des Projekts „Monumenty Neznámých“konnten feststellen, dass auch Pvt Hancock hier gefallen ist, der lange Zeit als vermisst gemeldet war. Hancock wurde durch einen Schuss in den Bauch verwundet und noch in das Krankenhaus nach Kašperské Hory (Bergreichenstein) gebracht, wo er aber bald verstarb. Dies beweist ein Eintrag in der Sterbematrikel von Kašperské Hory (www.portafontium.eu). Bestattet wurde Hancock im Bergreichensteiner Friedhof vom Erzdechanten Johann Spannbauer am 6. Mai. Bereits am 28. Mai exhumierte der Gräberdienst der US Army den Leichnam. Hancock wurde zunächst in Nürnberg bestattet und später in seine Heimat nach North Carolina überführt.

 

Außerdem wurden Sgt Bonte und Tec5 Corell verwundet. Insgesamt 22 US-Soldaten gerieten in Kriegsgefangenschaft: Damit war ein kompletter Platoon ausgelöscht! Von großer Bedeutung für das nachfolgende Geschehen war, dass die Deutschen auch zwei Spähpanzer vom Typ M8 Greyhound und vier Jeeps erbeuteten. In diesen Fahrzeugen transportierten sie die US-Soldaten ab, die ihre kurze Gefangenschaft unbeschadet überstanden. Die History der 2nd Cavalry gibt noch zusätzliche Details: Während des Gefechts wurde der Jeep von Lieutenant Gannaway, der sich auf Erkundung offenbar bereits im zwei Kilometer nordöstlich gelegenen Weiler Paseka (Holzschlag) befand, beschossen und blieb im Schlamm stecken.

Auf deutscher Seite fielen zwei Soldaten:

- Hütt, Emil Heinz: Wachtmeister-Fahnenjunker, geb. am 06.07.1923 in Oszeningken (Ostpreußen), wohnhaft in Hamburg, +04.05.1945 „in Eisenstein – Hartmanitz“

- Kolat, Lothar Gerhard Wulf: Wachtmeister-Fahnenjunker, geb. am 12.12.1923 in Danzig, +04.05.1945: „an der Straße beim Gasthaus (Hower) in Eisenstein-Hartmanitz verstorben“ (Sterbeurkunde Standesamt I Berlin). „Hower“ ist wohl ein Schreibfehler für „Horrer“, das Gasthaus in Skelná (Glaserwald), dessen Gebäude noch existiert. Vielleicht verstarb Kolat hier an Verwundung. Da diese beiden Toten in Srní (Rehberg) bestattet wurden, brachten die Deutschen ihre beiden toten Kameraden Kolat und Hütt offensichtlich in ihren Stützpunkt nach Srní, und vermutlich auch die 22 Amerikaner.

Laut der History der 2nd Cavalry schickten die Amerikaner noch am 4. Mai Verstärkung nach Nová Hůrka. Bei einem weiteren Gefecht seien zehn deutsche Soldaten getötet und zwei gefangen genommen worden. Die Angabe von zehn (weiteren) Toten lässt sich aus anderen Quellen aber nicht bestätigen.

 

(2) Der 5. Mai: Zhůří (Haidl am Ahornberg) und Dobrá Voda (Gutwasser)

 

© Dr. Markus Gruber

 

Das 357th Infantry Regiment erhielt am Abend des 4. Mai den Befehl zum Angriff nach Norden und Osten, erneut von Železná Ruda aus. Der Verlust der eigenen Fahrzeuge der 2nd Cavalry wurde der 90th Division bereits am selben Tag nach wenigen Stunden bekannt, wie eine Meldung im Unit Journal von 22.40 Uhr beweist: „The route of our attack is the same on which the Cavalry had trouble today; enemy OCS troops knocked out two scout cars, wiped out one platoon.” Dies ist ein wichtiges Detail für die Bewertung der Katastrophe von Zhůří am nächsten Tag.

In der Nacht auf den 5. Mai fuhren die Deutschen die beiden M8 Greyhounds nach Zhůří, wo sie den Vormarsch der Amerikaner erwarteten. Das nun folgende Gefecht, bei dem neun US-Soldaten fielen, brachte es innerhalb der letzten Kämpfe im Šumava zweifellos zu großer Popularität. Wenn man bei Google die entsprechenden Stichworte eingibt, erscheinen viele Treffer. Das Problem hierbei ist: Fast alle Darstellungen beruhen lediglich auf dem After Action Report der 90th Infantry Division, der schon seit vielen Jahren im Internet zugänglich ist (www.90thdivisionassoc.org). Dort steht: 

 

„4. Mai: Die 2. Cavalry Group hatte beträchtliche Schwierigkeiten, das dichte Waldgelände [zwischen Eisenstein und Schüttenhofen] zu durchqueren. Eine Einheit deutscher Offiziersschüler leistete erbitterten Widerstand. Im Verlauf dieses Tages wurde ein Zug der 2. Cavalry abgeschnitten und ausgelöscht. Dieser Vorfall sollte Auswirkungen auf die 90. Infantry Division haben.“ 

 

„5. Mai: 357. Infantry Regiment: Die Gesamtlage war mehr als unklar und von einem schweren Gefecht am Vortag mit der 2. Cavalry geprägt. … Das 3. Bataillon saß ab, marschierte nach Alt-Brunst und griff in südöstlicher Richtung über das abfallende Gelände hin an. … In Zhuri (Haidl) kam es zur Katastrophe. Die Lage war, wie gesagt, unklar. Als Company I zwei eigene M8-Halbkettenfahrzeuge und Jeeps in dem Ort bemerkte, rückte die Truppe zuversichtlich weiter vor. Aber dies war gar nicht die eigene Cavalry-Einheit: Diese Fahrzeuge waren tags zuvor von fanatischen deutschen Offiziersschülern erbeutet worden, als sie die 2. Cavalry tags zuvor überfallen hatten. Als nun ein Zug der Company I über offenes Gelände vorrückte, eröffneten die beiden erbeuteten Aufklärungsfahrzeuge das Feuer, und andere feindliche Soldaten schossen mit ihren Handfeuerwaffen. Zehn US-Soldaten wurden getötet, zehn verwundet. Die Company war über diese schweren Verluste, die in einem solch späten Stadium des Kriegs eintragen, schockiert und brach den feindlichen Widerstand im Nahkampf. 24 Feinde wurden getötet, 76 gefangengenommen. Abgesehen von den beiden M8-Fahrzeugen wurden vier Jeeps wieder in Besitz genomen.“

 

Egal welche Internetseite man aufruft: Auf diesen Report gehen im Endeffekt alle Darstellungen zurück; und wenn voneinander abgeschrieben wird, kommen weitere Unklarheiten hinzu. Wenn man demgegenüber weitere interne Dokumente der US Army und auch die Überlieferung auf deutscher Seite heranzieht, ergibt sich ein anderes Bild. Besonders wichtig sind das spezielle Unit Journal des 357th Infantry Regiment und der Bericht des Pfarrers von Haidl, Heinrich Krampe. Hiermit ergibt sich folgende Rekonstruktion.

Aufgrund des für den nächsten Tag zu erwartenden Angriffs der Amerikaner flüchteten in der regnerischen Nacht vom 4. auf den 5. Mai fast alle Bewohner von Zhůří nach Javorná. Die Amerikaner beschossen die Gegend mit Artillerie, nachdem ihre Vorhut in Nová Hůrka vernichtet worden war. Die Granaten töteten in Haidl, Haus Nr. 60, den Bauern Andreas Baierl, in Paseka (Holzschlag) Frau Anna Puchinger und eine Flüchtlingsfrau sowie in Skelná (Glaserwald) einen Bauern.

Im Folgenden wird das Unit Journal der 357th Infantry für den 5. Mai zitiert. Es ist hier wichtig zu begreifen, dass zwei Bataillone zusammen und gleichzeitig vorrückten, das 3. nach Zhůří und das 2. nach Dobrá Voda.

 

10.45: 3rd Battalion has started to move, will go north then east... 2nd Battalion is just starting out to clear road to southeast and adjoining woods, G Company leading. No resistance to this time ...

11.45: G Company last reported 2000 yards southeast of the junction, moving with tanks, scheduled to go directly to the area where the road turns north, south of the town of Hartmanice.

11.55: 3rd Battalion is approaching Zhůří with K on right, I on left. L following I, from the main road. Are receiving fire from the town.

12.05: Artillery (Universe) reports that Cavalry is in town ... This info is not correct, enemy is using equipment captured from the Cavalry in yesterday’s fighting. Regimental commander issues orders to fire at any target, regardless of type of vehicle, no friendly troops are out there. 3rd Battalion has 3 tanks and 1 tank destroyer, balance out for repairs. 2nd has 4 tanks, and 1 tank destroyer.

12.45: K on right, I on left, are in the town, resistance continues. ... Are receiving fire from captured M8s which enemy is using, in addition to small arms fire.

13.20: G Company is now moving out of Paseka, no resistance reported.

13.35: Artillery report on 3rd Battalion – knocked out the two M8s which were causing considerable trouble.

15.10: 3rd Battalion is apparently still held up at Zhůří.

15.15: 3rd Battalion ... now reports Zhůří cleared.

16.15: From Col Mason, just returned from 3rd Battalion: The enemy caught troops in the open as they were approaching the town, with the M8s, we had twenty casualties. Artillery fire was impractical because some of units had worked into the town.

17.10 3rd Battalion, I Company leading, moving east of Zhůří, has encountered dug in enemy, artillery is now firing on vicinity of Staré Hute. F Company reported to be in Dobrá Voda.

17.40: Four Jeeps of the Cavalry were recovered today, two by 2nd and two by 3rd. ... Shortly after G Company left the intersection, it ran into approx. 50 enemy and after a short fight, resulting in a number of enemy casualties, none for us, they dispersed. Since that time the Battalion has been drawing sniper fire, scattered, apparantly from parts of this group.

19.50: F and G Companies are at Dobrá Voda, road turns north at this point.

 

Somit ergibt sich folgendes Bild. Die deutschen Offiziersschüler hatten die bei Nová Hůrka erbeuteten beiden Greyhounds nach Zhůří gebracht und nutzten sie nun zur Verteidigung. Dem Stab des 357th Infantry Regiment war schon am Abend des 4. Mai bekannt, dass diese Fahrzeuge verloren gegangen waren und gegen die eigenen Leute eingesetzt werden konnten. Möglicherweise hat es der Stab versäumt, die einzelnen Kompanien rechtzeitig vor dem möglichen Einsatz von Beutefahrzeugen zu warnen. Trotzdem rückten am Mittag des 5. Mai die Kompanien I und K auf das Dorf Zhůří vor, offenbar ohne Deckung zu nehmen. Die Deutschen eröffneten nun aus den beiden erbeuteten M8-Greyhounds das Feuer. Vermutlich wurden sieben US-Soldaten der I-Kompanie sofort getötet. Auf amerikanischer Seite herrschte nun Verwirrung, weil natürlich diese Fahrzeuge als solche der 2nd Cavalry identifiziert wurden. Zwei weitere Faktoren für die hohen Verluste der Amerikaner waren: Das 3. Bataillon hatte zur Unterstützung nur drei Sherman-Panzer und einen einzigen Tank Destroyer. Alle anderen Panzer waren in der Reparatur, vermutlich als Folge der heftigen Kämpfe gegen die 11. Panzerdivision. Ferner waren einige der getöteten Amerikaner noch sehr junge, unerfahrene Ersatzsoldaten im Alter von erst 17 und 18 Jahren. Zum Beispiel war Pvt Roy Morvig erst seit dem 28. April im Kampfeinsatz.

 

Bereits nach zehn Minuten, um 12.05 Uhr, kam der Befehl an die Artillerie, auf die Beutefahrzeuge zu feuern. Die beiden Greyhounds wurden laut Meldung von 13.35 Uhr durch den Beschuss ausgeschaltet. Da aber bereits US-Infanteristen im Dorf waren, konnte die Artillerie nicht weiterfeuern. Erst um 15.15 Uhr war Zhůří erobert. Danach rückte das 3. Bataillon nach Osten vor und traf bei Stará Hut (Althütten) erneut auf verschanzte Feinde, die von der Artillerie beschossen wurden.

Bei den über dreistündigen Kämpfen fielen neun US-Soldaten. In Kompanie I starben:

- S Sgt John W. Garner, *30.03.1919, Columbia

- Pfc Arthur L. Cooperman, *28.01.1914, New York

- Pfc Raymond K.Willenborg, *24.06.1921, Kentucky

- Pfc Jack E. Williams, *16.06.1926, Kentucky

- Pfc Foster R. Carter, *17.09.1927, Virginia

- Pfc Grant W. Blair, *07.09.1913, New York

- Pvt Roy E. Morvig, *21.01.1923, Minnesota

 

In Kompanie K starben:

- Pfc John Farkas, *05.02.1926, Ohio

- Pfc Lupe W. Rodriguez, *22.07.1926, Texas

 

In den Morning Reports dieser Kompanien sind außerdem drei Verwundete verzeichnet. Die Angabe von zwanzig Mann Verlusten (Tote und Verwundete) kann darauf zurückzuführen sein, dass nicht alle Verwundeten sofort gemeldet wurden. Vollkommen falsch sind die Angaben im After Action Report über angeblich 24 getötete Deutsche in Zhůří. Laut dem Bericht von Pfarrer Heinrich Krampe sind nur drei deutsche Soldaten gefallen, zwei in Haidl und einer in Althütten:

- Kaltofen, Herbert: Fahnenjunker-Oberfeldwebel, geb. am 19.08.1914 in Sayda (Sachsen), wohnhaft in Oelsnitz, gefallen am 05.05. "oberhalb der Straße bei der Schmidt-Kapelle" durch Herzschuss

- Pröls, Walter: Grenadier, geb. am 01.04.1925 in Mausheim bei Regensburg, gefallen am 05.05. "im oberen Dorf bei [Haus-]Nr. 13" durch Schuss in Brustbein und Hals

- Scherer, Christoph: Fahnenjunker-Unteroffizier, geb. in Esslingen am 09.01.1924, wohnhaft in Augsburg, gefallen am 05.05. in Althütten bei Haidl durch Granatsplitter am Kopf

 

Diese drei wurden am 8. Mai im Friedhof Zhůří bestattet und liegen dort noch immer begraben. Es besteht kein Anlass, an der Chronik von Pfarrer Krampe oder an der Sterbematrikel, in der lediglich diese drei Einträge stehen, zu zweifeln. Möglicherweise rechnete das 357th Infantry Regiment all diejenigen deutschen Soldaten hinzu, die am selben Tag in der Nähe bei Dobrá Voda fielen. Auch die angeblich 76 gefangen genommenen deutschen Soldaten können sich auf die gesamte Gegend beziehen. Es muss auch betont werden, dass in Zhůří und in der ganzen Region keine „SS-Soldaten“ und keine „Hitlerjugend“ im Einsatz waren, sondern Offiziersschüler (Fahnenjunker) der Artillerieschulen aus dem Raum Plzeň.

 

Die dramatischen Ereignisse lassen sich auch in den General Orders (GO) der 90. Infantry Division nachvollziehen, in denen die Verleihung von Orden bekannt gegeben wurden.  

GO 632: „Henry C. Barnack, Corporal, Field Artillery, 343rd Field Artillery Battalion. Für Tapferkeit im Kampf am 4. Mai (sic) bei Zhuri, Tschechoslowakei. Als ein Zug im Angriff von 100 SS-Soldaten beschossen wurde und intensivem Kreuzfeuer aus zwei Maschinengewehren ausgesetzt war, machte Corporal Barnack sein Funkgerät einsatzbereit und übermittelte die Anweisungen des vorgeschobenen Artillerie-Beobachters. Dann aber hatte das Funkgerät einen Defekt. Barnack erkannte die Gefahr und überquerte freiwillig ein Gelände, das unter Feindfeuer lag, besorgte sich ein anderes Funkgerät und kehrte über die selbe gefährliche Route zum Beobachtungsposten zurück. Seine selbstlose, mutige Tag ermöglichte es dem vorgeschobenen Beobachter, genauen Artilleriebeschuss auf die feindliche Truppe zu lenken, was entscheidend dazu beitrug, den Feind zurückzuschlagen. …“

 

GO 578: „Emidius S. Massi, Sergeant, 357. Infantry. Für Tapferkeit im Kampf am 5. Mai 1945 bei Zhuri, Tschechoslowakei. Als ein Zug aus einem Wald in der Nähe des Ortes kam, wurden die Soldaten heftigem Feuer vom Kaliber 37 mm und .50 [= 12,7 mm] ausgesetzt, das von einem erbeuteten US-Aufklärungsfahrzeug kam. Sergeant Massi erkannte, dass dieses Fahrzeug in feindlicher Hand war. Unbeeindruckt von dem Feuerhagel machte Massi einen Granatwerfer einsatzbereit und stoppte mit genauem Granatwerferfeuer das heranfahrende Fahrzeug. Aufgrund seiner mutigen Tat wurde der Feind davon abgehalten, den gesamten Zug auszulöschen. …“

 

GO 578: „John W. Garner, Staff Sergeant, 357. Infantry. Für Tapferkeit im Kampf am 5. Mai bei Zhuri, Tschechoslowakei. Als sich ein Zug von einer Anhöhe herab in offenes Gelände bewegte, wurde die Soldaten von einem Feuerhagel überrascht, der sieben Soldaten tötete und S Sgt Garner schwer verwundete. Er sammelte seine letzten Kräfte, bewegte sich kriechend durch den intensiven Beschuss und wies seine restlichen Männer an, Deckung zu suchen. Bevor auch er in Deckung gelangen konnte, wurde er durch einen weiteren Feuerstoß getötet. Seine Tapferkeit ließ ihn sein Leben opfern, damit seine Kameraden am Leben bleiben könnten. …“

 

GO 578: "Patrick L. Palacio, Pfc, 357. Infantry. Für Tapferkeit im Kampf am 5. Mai 1945 bei Zhuri, Tschechoslowakei. Nachdem ein Zug ein Waldgelände vom Feind gesäubert hatte und weiter in offenes Gelände vorrückte, wurden die Soldaten durch schweres Feuer aus Panzerabwehrwaffen und Maschinengewehren niedergehalten. Obwohl durch den vernichtenden Beschuss sieben Kameraden getötet und drei verwundet wurden, leistete Pfc Palacio, der nur mit einem M1-Karabiner bewaffnet war, trotz aussichtsloser Lage Widerstand und erschoss mit genauen Schüssen einen MG-Schützen. Als nun der Feind das Feuer auf Palacio richtete, schoss dieser weiterhin wirkungsvoll auf die feindlichen Soldaten, bis seine Kameraden sich in eine verhältnismäßig sichere Position gebracht hatten. Palacio’s selbstlose und mutige Handlung trug entscheidend dazu bei, die Überlebenden des Zuges vor Tod oder Gefangenschaft zu bewahren. …“

 

Aus General Order 632 geht hervor, dass sehr wohl Artilleriebeschuss angefordert wurde; allerdings wird hier als Datum der 4. Mai genannt, was entweder eine Verwechslung ist oder sich auf den – durch die Pfarrchronik bestätigten – Beschuss von Haidl schon am Vortag bezieht.

 

Abschließend seien die Kurzdarstellungen des Gefechts auch in den Morning Reports der beiden Angriffskompanien zitiert.

Company I schreibt: „Die Kompanie verließ Arnbruck (Deutschland) um 7.00 Uhr auf Lkw. Um 10.20 Uhr kam sie vier Meilen vor Zhuri (Tschechoslowakei) an und saß ab. Das Ziel wurde eingenommen und einige Fahrzeuge, die der Feind erbeutet hatte, wurden zurückbekommen. Die Kompanie rückte dann ab nach Althütten, Tschechoslowakei. Leichter Widerstand, Mörser- und Artilleriefeuer wurden gegen den Feind angefordert. Nachdem der Beschuss zu Ende war, rückte die Kompanie in das Vorfeld des Ortes ein. Kompanie ging in Verteidigungsstellung und errichtete vor dem Ort eine Straßensperre.“

Company K berichtet: „Kompanie wurde in Bereitschaft versetzt und verließ Arnbruck um 6.30 Uhr. Sie griff den Feind an und erfüllte den Kampfauftrag. Kompanie jetzt in Verteidigungsstellung. Wetter regnerisch, Moral gut.“ 

 

Nach 1990 errichtete man in Zhůří, das heute nicht mehr existiert, einen Gedenkstein für die dort gefallenen US-Soldaten. Zhůří ist somit ein bedeutender Ort der Erinnerung an die letzten Kriegstage.

 

Gleichzeitig zu den stundenlangen Kämpfen in Zhůří kam es auch entlang der Straße von Nová Hurka nach Dobrá Voda (Gutwasser) zu Gefechten, die weniger bekannt sind. Hier war es das 2. Bataillon der 357th Infantry, das den Auftrag hatte, auf der Straße vorzurücken und an diesem Tag bis nach Dobrá Voda vorzustoßen. An der Spitze ging Kompanie G, gefolgt von Kompanie F. Unterstützung kam vom 773rd Tank Destroyer Battalion. Um 13.20 Uhr, als der Kampf um Zhůří gerade begonnen hatte, war die Kompanie G bereits in Paseka (Holzschlag), ohne zunächst auf Widerstand zu treffen. Kurz danach aber trafen die Amerikaner auf eine Einheit von etwa 50 deutschen Soldaten. Nach einem kurzen Gefecht wurden die Deutschen in die Flucht geschlagen. Laut dem Unit Journal kam es auch zu einigen Verlusten auf Seiten der Gegner. Tatsächlich können zwei deutsche Gefallene angegeben werden:

- Chalupsky, Alfred: Fahnenjunker-Wachtmeister der Reserve und Student der Tiermedizin, 20 Jahre alt, laut Todesanzeige am 05.05. bei Neu-Hurkenthal gefallen. Der Familie gelang es, die sterblichen Überreste nach Österreich zu bringen und am 01.02.1947 im Friedhof Wien-Döbling beizusetzen.

- Kolbe, Johannes: Fahnenjunker-Unteroffizier und Abiturient, geboren am 28.08.1925 in Liegnitz, +05.05. in „Neuhaidl / Böhmerwald“. Dieser Ortsname ist identisch mit Schnepfenstrich (Slučí Tah), das nur einen halben Kilometer von Nová Hůrka entfernt liegt. Angeblich wurden dort in einem Keller die sterblichen Überreste eines deutschen Soldaten mit der Erkennungsmarke entdeckt.

 

Vielleicht bei diesem Gefecht fiel ein weiterer US-Soldat, welcher der Kompanie G angehörte:

- Pfc Harold L. Wood, *22.01.1919 in Maine

Der 26-jährige Wood muss eine herausragende Tat vollbracht haben, denn ihm wurde postum das Distinguished Service Cross (DSC) für außerordentliche Tapferkeit verliehen, ein verhältnismäßig seltener Orden. Es gibt auch den Hinweis, dass Wood bei Vysoké Lávky (Hohenstegen) gefallen ist.

 

Als das 2. Bataillon weiter vorstieß, kam es vor Dobrá Voda zu einem weiteren Gefecht. Aufschlussreich ist der Bericht des Pfarrers Heinrich Marpe, der in der Chronik folgendes schreibt: „Wie es etwas ruhiger wurde, sammeln wir die Toten. Im Wald in der Ebene [Rovina] fanden wir 14, die nach Hartmanitz überführt wurden. Nachher fand ich noch 3, die ich auf unserem Friedhof begrub. In Holzschlag sind 2 Knechte verbrannt, in Glaserwald wurde ein Bauer erschossen, in Stadln traf vor Aufregung eine Frau der Herzschlag.“

Der hauptsächliche Schauplatz war also der Wald um den Weiler Ebene (Rovina). Heute steht dort nur noch das Gasthaus „Chata Rovina“. Auch wenn über dieses Gefecht nicht viel bekannt ist, lässt sich für die deutsche Seite eine gewisse Bilanz ziehen und eine Reihe von Namen angeben. Im Sterbebuch der Pfarrei Gutwasser (Dobrá Voda) sind drei Gefallene eingetragen:

 

- Ackermann, Siegfried: Fahnenjunker, geb. am 26.09.1918 in Mülsen St. Jacob, Sachsen, +05.05. "Ebene"/Rovina, bestattet in Gutwasser

- Hoffmann, Ernst-Günter: angeblich Volkssturmmann, geb. am 13.06.1928 in Breslau, +05.05. "Ebene"/Rovina, bestattet in Gutwasser

- Keil, Ernst: Wachtmeister und Student, geb. am 12.06.1924 in Überau (Hessen), +05.05. "Ebene"/Rovina, bestattet in Gutwasser

Keil und Schleifenbaum sind in der Vermisstenliste des Roten Kreuzes (Band AL, S. 472) erfasst und können somit als Angehörige der Fahnenjunker-Schule der Artillerie Rokycany identifiziert werden.

Ferner vermerkte der Pfarrer: "7 weitere wurden nach Hartmanitz gebracht."

 

Im Friedhof von Hartmanice existiert ein Sammelgrab mit angeblich zehn Gefallenen. Dort wurde nach der ‚Samtenen Revolution’ in privater Initiative ein Grabstein errichtet, auf dem folgende Inschrift zu lesen ist: „Hier ruht Friedhelm Klein, *4.7.1921, +5.5.1945, zusammen mit neun Kameraden.“ Ein Foto des Gefallenen wurde in Form eines Medaillons angebracht. Einige Zeit später, im Jahre 2009, fügten offensichtlich die Angehörigen eines weiteren Gefallenen ein zweites Medaillon hinzu. Es zeigt einen jungen Soldaten, der mit dem Eisernen Kreuz dekoriert ist. Sein Name ist allerdings nicht bekannt. In diesem Sammelgrab sind offenkundig diejenigen deutschen Soldaten bestattet, die laut der Pfarrchronik von Dobrá Voda bei Rovina gefallen sind. Die Pfarrchronik von Hartmanice (zitiert in dem Buch „Válečné hroby a oběti válek na Sušicku“ von Jaroslav Hupka, S. 273) berichtet auch noch von drei Deutschen, die im Gemeindewald Hamižná am Kreuz beerdigt worden seien (zu ihnen gehörte angeblich Leutnant Friedhelm Klein). Die Lage ist also etwas unübersichtlich. Leider wurde dem Volksbund Kriegsgräberfürsorge in den 1990er Jahren eine Exhumierung des Sammelgrabes im Friedhof von Hartmanice verweigert. Jedoch lassen sich einige weitere Namen gefallener Soldaten angeben, die am 5. und 6. Mai im Raum Hartmanice und vermutlich ebenfalls bei Dobrá Voda ums Leben kamen (Angabe des Todesortes laut Volksbund Kriegsgräberfürsorge):

 

- Damaschke, Hans: Wachtmeister, geb. am 10.06.1921 in Duisburg-Saar, +05.05. „bei Hartmanitz“

- Goller, Fritz: geb. am 07.03.1912 in Seussen, +05.05. „bei Hartmanitz“

- Klein, Friedhelm: Leutnant, geb. am 04.07.1921 in Günnigfeld, +05.05. „bei Hartmanitz“

- Diehl, Fritz: Leutnant, geb. am 04.02.1922 in Fluterschen (bei Bonn), laut Angehörigen gefallen am 05.05.1945 und bestattet im Friedhof Hartmanice

 

- Mueller, Hugo: Oberfähnrich, geb. am 10.08.1924 in Mönchengladbach, +06.05. oder 07.05. „zwischen Eisenstein und Hartmanitz“

- Marquardt, Gerd: Oberfähnrich, geb. am 31.05.1923, +06.05. oder 07.05. „zwischen Eisenstein und Hartmanitz“

- Letschnig, Kurt: Wachtmeister und Ingenieur: Fahnenjunker-Schule der Artillerie Rokitzan, *06.08.1909 in Tarvis, +07.05. „Unterreichenstein nach Eisenstein, an der Straße, CSR“

- Rebsch, Werner: Fähnrich und Maschinenschlosser: geb. am 11.04.1921 in Hamburg, +06.05. oder 07.05. „zwischen Eisenstein und Hartmanitz-Aschenhäuschen“ (Popelní Domky / Ašerlák, eine Einöde nordwestlich von Nová Hůrka)

- Schleifenbaum, Reinhold: Leutnant, geb. in Essen am 25.09.1923, +05.05. „an der Wegkreuzung Stodulky – Dobrá Voda“

 

Außerdem gibt es noch Todesmeldungen, die sich allgemein auf Rejštein (Unterreichenstein) und den Kreis Sušice (Schüttenhofen) beziehen. Einige von ihnen könnten den Fahnenjunkern angehört haben.

 

- Schmitz-Peiffer, Heinz: Major, geb. am 23.04.1914 in Hamburg, +06.05. in der Nähe von Dolejši Těšov (Unter-Teschau). Seine ursprüngliche Einheit war das I. Bataillon des Artillerie-Regiments 77, und es gibt einen Hinweis, dass er zuletzt in Strašice stationiert war. Angeblich wurde er von den Amerikanern erschossen, weil er sich nicht ergeben wollte.

Laut den Unterlagen des Volksbunds Kriegsgräberfürsorge wurden in Dolejši Těšov drei oder vier deutsche Soldaten im Park des Gutshofes bestattet. Zu ihnen gehörte wahrscheinlich:

- von Oertzen, Karl Otto: Leutnant, geb. am 13.06.1926 in Neubrandenburg, +04.05. oder 05.05.

 

Weitere Meldungen:

- Kurt, Josef: Wachtmeister, +06.05. Rejštejn

- Zieserl, Karl: Gefreiter, geb. in Bergwerk, Kreis Oberwart (Österreich) am 10.02.1923, +06.05. Okres Sušice

- Schmidt, Rudi: angeblich SS-Untersturmführer, geb. am 18.9.1904 Langensalza, +06.05. in Kundratice

- Lukas, Josef: geboren am 06.03.1893 in Parkstein, +06.05. in Hory Matky Boží (Bergstadtl) bei Velhartice von Partisanen erschossen. Er war Major im Landesschützen-Bataillon 827 (Cheb / Eger).

- Hübsch, Herbert: Leutnant, geb. am 17.03.1924 in Berlin-Lichterfelde, +07.05. bei Žlíbek (Rindlau), erschossen

- Albertsen, Helmuth: SS-Rottenführer, geb. am 10.04.1920 auf der Insel Nordstrand, +08.05. Sušice

- Kirchgessner, Kurt: SS-Sturmmann, geb. am 23.10.1918 in Ludwigshafen, +14.05. bei Sušice

 

Für Chlum sind drei sogenannte Volksdeutsche verzeichnet, darunter:

- Muskata, Josef: geb. am 05.11.1922 in Bajmock (damals Nagelsdorf, heute in Serbien), +05.05. bei Chlum

- Schülli, Paul: Grenadier, geb. am 01.11.1920 in Rumänien, +05.05. bei Chlum

 

Es gab noch einige weitere Vorfälle in der Region Sušice, bei denen insgesamt etwa 15 einzelne deutsche Soldaten ums Leben kamen, teils im Kampf, teils nach dem Kampf durch Exekutionen. Hier geben die in dem Buch von Jaroslav Hupka gesammelten Informationen einen Überblick. Besonders zu erwähnen ist die Erschießung von etwa elf Soldaten am 06.05.1945 in Mokrosuky, die wohl zur Wachmannschaft eines Todesmarsches aus einem Konzentrationslager gehörten (Mokrosuky wurde von Kompanie B des 357th Regiments befreit). An der Krankheit Typhus verstarben zwölf deutsche Soldaten am 10. und 11. Mai in einem Lazarettzug im Bahnhof von Rabi.

Noch nicht geklärt ist das Schicksal von ungefähr fünf bis neun Soldaten (teilweise SS-Männer), die Anfang Mai in Bayerisch-Eisenstein tot aufgefunden wurden und später in die Kriegsgräberstätte Hofkirchen (Niederbayern) umgebettet wurden. Und nicht vergessen werden dürfen die Verwundeten von allen Fronten, die in den zu Lazaretten umfunktionierten Hotels verstarben. In Bayerisch-Eisenstein waren dies mindestens 27 Verstorbene. Für Železna Rudá sind vier Todesmeldungen bereits für die Tage zwischen dem 21. und dem 25. April bekannt. – Ein noch wenig bekannter Hinweis ist für die äußere Peripherie der Region Sušice zu geben: In Kocourov bei Klatovy fielen am 5. Mai drei Wehrmachtangehörige einer Eisenbahner-Kompanie.

 

Der letzte Soldat der 90th Infantry Division fiel am 6. Mai im Raum Rejštejn:

- Pivnick, Jerome: Pfc, *08.04.1922 in Manhattan/New York

 

Pivnick gehörte zum 344th Field Artillery Battalion, Battery B. Leider ist nichts über die Umstände seines Todes bekannt, aber er wurde im Kampf getötet („killed in action“). Am 5. Mai war dieses Artillerie-Bataillon in Paseka, am 6. Mai in Rejštejn. Es gibt einen Hinweis im After Action Report: „A few snipers were active in the area as Division MP was killed near Dobrá Voda.” MP steht für „Military Police“: Vielleicht war Pivnick zur Militärpolizei versetzt worden und wurde von einem deutschen Scharfschützen getötet. 

Links zu einigen externen Seiten mit Fotomaterial zu den Kämpfen um Alt-Brunst und Haidl am Ahornberg

 

1) Das im Jahre 1994 vom Volksbund Kriegsgräberfürsorge ausgebettete, also jetzt leere Grab, der am 4. Mai bei Alt-Brunst (Starý Brunst) verwundeten und später verstorbenen acht Wehrmachtsoldaten - Link zu sumava.cz (direkter Link zur Unterseite)

2) Historische und aktuelle Fotos von Haidl am Ahornberg (Zhůří) auf zanikleobce.cz (direkter Link zur Unterseite)

3) Foto und Grabstein des mit nur 17 Jahren gefallenen US-Soldaten Foster R. Carter auf findagrave.com (direkter Link zum Datensatz)

4) Grabstein von Roy E. Morvig, woraus hervorgeht, dass der Name "Morwig", wie er auf dem Gedenkstein in Zhůří zu finden ist, falsch geschrieben ist:

direkter Link zum Datensatz auf findagrave.com

5) Der Gedenkstein für die gefallenen US-Soldaten auf der Seite vets.estranky.cz  (direkter Link zum Datensatz)

 

Fotos und Dokumente (zum Vergrößern bitte anklicken):

(3) Der 6. Mai: Fanatischer Widerstand bei Stubenbach (Prášily) und Hrubá (Gruberg)

 © Dr. Markus Gruber

 

Die dreitägigen Kampfhandlungen zwischen dem 3. und dem 5. Mai bei Javorná, Starý Brunst, Zhůří, Dobrá Voda, Hartmanice und Rejštejn können also verhältnismäßig gut rekonstruiert werden. Ein weiteres, noch wenig erforschtes Gefecht ereignete sich am 6. Mai in der Nähe des knapp zehn Kilometer südlich gelegenen Ortes Prášily (Stubenbach), welches zu nochmals 21 Gefallenen auf deutscher Seite führte. Auch hier waren es Offiziersanwärter und Ausbilder der Fahnenjunkerschulen Rokitzan und Straschitz, die den Vormarsch der 90th Infantry Division aufhalten wollten. Auf dieser Route rückte das 358th Infantry Regiment vor, das kurz zuvor, zwischen dem 28. April und 1. Mai, gegen die 11. deutsche Panzerdivision bei Waldmünchen, Paadorf, Černá Řeka, Capartice, Klenčí pod Čerchovem und Díly gekämpft hatte und hierbei hohe Verluste erlitt (22 Tote und 42 Verwundete).

Schon am 5. Mai stieß die 42nd Squadron der 2nd Cavalry Group offenbar über Pomezí (Gsenget) in Richtung Prášily vor, wo es an diesem Tag nur schwachen Widerstand gab. Auch in der zwanzig Kilometer südlich gelegenen, deutschen Gemeinde Mauth (Kreis Freyung-Grafenau) kam es zu einem Gefecht: In dem Weiler Bärnbachruhe fielen offenbar vier deutsche Soldaten, darunter der 16-jährige Grenadier Alois Meisetschläger, der aus Knížecí Pláně (Fürstenhut) stammt. Am 6. Mai war es Aufgabe der Company B der 358th Infantry, von Prášily aus nach Hrubá (Gruberg) vorzustoßen, das damals zur Gemeinde Velký Bor (Großhaid) gehörte. Die deutschen Offiziersschüler hatten sich in den Häusern entlang der Hauptstraße verschanzt. Ein Zeitzeuge berichtete dem Autor, dass er von einem Bewohner, mit dem zusammen er in Kriegsgefangenschaft war, folgendes erfuhr: Einige deutsche Soldaten befanden sich in der Stube des Hauses Nr. 3 in Hrubá und spielten Karten. Das Haus gehörte dem letzten Bürgermeister der Gemeinde Velký Bor, Herrn Schmid (Hausname „Wenzel“). Als ein Soldat dort auf der Toilette war, bemerkte er die sich nähernden Amerikaner und schoss mit seinem Gewehr. Dass solch ein spontaner Schuss das Gefecht auslöste, ist aber unwahrscheinlich. Sicher warteten die Deutschen bereits und eröffneten das Feuer. Einige US-Soldaten wurden getroffen. Dann griffen die Amerikaner von zwei Seiten aus an, es kam zu einem Häuserkampf. Dabei sollen in Haus Nr. 6 zwei oder drei Deutsche gefallen sein. Wesentlich mehr Tote gab es bei der Erstürmung von Haus Nr. 3. Insgesamt sind für Prášily und Hrubá 21 tote deutsche Soldaten verzeichnet. Das Unit Journal meldet für exakt 11.20 Uhr am 6. Mai den Kampf: „Lieutenant Rice reported 11 enemy killed, 3 wounded. Bitter fighting at 1371. One casualty reported.“ 1371 sind die Koordinaten für Hrubá. (Quelle: NARA = National Archives and Records Administration, Record Group (RG) 407, 390-INF (358)-0.7 (47403) 

Laut einem Bericht von Josef Gebert (1927-2008), der aus Velký Bor stammt, wurden einige Gefangene nach dem Kampf getötet: „Die Hausbewohner, Karl Schmid mit seiner Frau Resi und einer Ukrainerin, wurden in den Keller gesperrt. Hier mussten sie mitanhören, wie die jungen deutschen Soldaten vergeblich um ihr Leben flehten, ohne ihnen helfen zu können. ...  Tote deutsche Landser lagen über dem Tisch, auf dem Bett und auf dem Fußboden. Möbel und Wände waren mit Blut bespritzt.  … Es gibt genug Leute, die diese furchtbare Tat bezeugen können. Auch liegt ein beglaubigtes Dokument über die bestatteten Soldaten von der Pfarrei Stubenbach vor.“ (aus dem Buch „Im Lande der Künischen Freibauern“, S. 757; eine etwas geänderte Version in tschechischer Übersetzung hier auf kohouzikriz.org: direkter Link)

Der Autor des vorliegenden Beitrags (M.G.) konnte von zwei ehemaligen Bewohnerinnen Auskünfte einholen, die das Wort „massakrieren“ benutzten und von abgetrennten Gliedmaßen berichteten. Solche Verwundungen können aber auch das Resultat eines Feuergefechts sein. Weitere Quellen konnten bislang nicht gefunden werden, manches ist nur indirekt überliefert. Emil Kintzl wiederholt in seiner Reihe „Zmizelá Šumava“ unter dem problematischen Titel „Masakr na Grubergu“ (auch als Video auf www.stream.cz: hier klicken.) lediglich die Version von Josef Gebert. Somit ist es schwierig, zu einem abschließenden Urteil zu kommen. Am auffälligsten ist eine zahlenmäßige Diskrepanz: Um 11.20 Uhr meldet das Unit Journal elf tote Feinde. Exakt dieselbe Zahl findet sich in den General Orders 586 und 625, mit denen die Verleihung von Orden für vier US-Soldaten begründet wurden (siehe Ende dieses Kapitels). In diesen Berichten werden aber auch noch sieben Gefangene erwähnt. Im Jahre 1994 wurden aus dem Sammelgrab von Hrubá 19 Tote exhumiert. Die Addition stimmt fast genau: 11 Gefallene plus 7 Gefangene…

Es wäre durchaus wahrscheinlich, dass der Tod von zehn US-Soldaten bei Zhůří am vorherigen Tag zu großer Verbitterung führte. Der Übergang zwischen einer „normalen“ Kampfsituation hin zur Tötung von Gefangenen kann fließend sein. Affekte wie Aggression und Wut, die im Kampfgeschehen notwendig sind, enden nicht auf die Sekunde genau, wenn der Gegner kapituliert.

Auf amerikanischer Seite hatte die Kompanie B in Hrubá am 6. Mai insgesamt sechs Verwundete. Einem GI, Henry Funk, wurde durch ein Maschinengewehr das Bein abgetrennt. Die Familie von Dewey Trent aus Kentucky (1922-1997) hat auf der Internetseite der Veteranenorganisation der 90th Infantry Division unter „Personal Submissions“ ((Link zum Original) eine kurze Biographie zur Verfügung gestellt, wo der Kampf bei Prášily geschildert ist:

„Sie hatten gerade eines der Häuser eingenommen und wollten wieder abrücken, als sie etwas hörten. Trent blickte nach oben, und da war ein Deutscher zwischen den Dachbalken und schoss auf ihn. Eine der Kugeln traf ihn innen am Auge, zertrümmerte seinen Kiefer und trat hinten am Nacken wieder aus. Ich hörte später, dass die Sanitäter alles getan hatten, was sie konnten, dass sie ihn aber dann in der Meinung, er sei tot, zurückließen. Als sie aber später bemerkten, dass er doch noch lebte, sorgten sie für weitere medizinische Hilfe. Die amerikanischen Ärzte konnten die Wunde aber nicht behandeln. Jedoch rettete ihn ein deutscher Chirurg, denn die deutsche Medizin war damals fortschrittlicher. Noch Jahre später hatte Trent Probleme damit, wie sein zertrümmerter Kiefer geflickt worden war: Man hatte Draht verwendet, um den Kiefer zu fixieren, aber die Ärzte wollten nichts weiter unternehmen, weil sie Angst hatten, etwas zu verschlechtern. Mein Vater hatte immer eine Drahtzange mit in seiner Hausapotheke: Beim Rasieren berührte der Rasierer manchmal den Draht in der Haut, und mit der Drahtzange konnte er das Stückchen Draht abschneiden, dass da herausgekommen war.“

 

Wer waren die Opfer auf deutscher Seite bei Prášily und Hrubá? Überwiegend Offiziersschüler der Wehrmacht von den Artillerieschulen Rokycany und Strašice. Ihre Namen und persönlichen Daten, die damals bereits teilweise von dem Stubenbacher Pfarrer Adolf Oberhofer erfasst worden waren, können mit Hilfe der Datenbank des Volksbundes Kriegsgräberfürsorge in alphabetischer Reihenfolge angegeben werden:

- Bauer, Johann Julius Wilhelm: Leutnant (Ing.), *06.08.1924 in Werneuchen bei Berlin, +06.05.

- Bierdümpel, Gerhard: Unteroffizier, *09.08.1921 in Raguhn (Sachsen-Anhalt), +06.05.

- Diederichs, Harald: Leutnant, *22.11.1920 in Dortmund, +06.05.

- Dürr, Otto: Leutnant, *14.05.1907 in Freiburg, +06.05.

- Grözinger, Heinz: Leutnant, *31.01.1925 in Schwenningen, +06.05.

- Hesbacher, Werner: Gefreiter, *05.12.1923 in Leipzig, +06.05.

- Karl, Heribert: Leutnant, *19.02.1920, + im Mai 1945

- Kettner, Ernst: Oberwachtmeister, *23.01.1915 in Sangerhausen (Sachsen-Anhalt), +06.05.

- Lodderstedt, Manfred: Unteroffizier, *29.08.1925 in Obergurig (Sachsen), +05.05.

- Löer, Josef: Leutnant, *02.11.1914 in Dortmund, +06.05.

- Lorenz, Willy: Unteroffizier und Feinmechaniker, *21.03.1925 in Berlin-Charlottenburg, +06.05.

- Ludwig, Josef: Leutnant, *30.06.1912 in Bonn, + im Mai 1945

- Melson, Karl: Gefreiter, *12.01.1899 in Groß Strehlitz (Oberschlesien), +05.05.

- Müller, Dietrich Ekkehard: Fahnenjunker-Unteroffizier, *05.05.1926 in Stuttgart, +06.05.

- Olbermann, Friedrich: Oberwachtmeister, *21.09.1919 in Oberhausen, +07.05.

- Schmidt, Ewald: Gefreiter, *11.6.1923, +05.05. oder 06.05.

- Teichmann, Bernhard: *21.05.1925 in Stuttgart, +06.05. – 08.05.

- Thiel, Martin Dietrich: Leutnant und Student der Medizin, *11.11.1925 in Berlin-Charlottenburg, +06.05.

- Woltersdorf, Wilhelm: Wachtmeister, *03.09.1907 Straßburg, +06.05.

- und zwei Unbekannte

Ein weiterer Angehöriger der Fahnenjunker-Schule der Artillerie Straschitz, Lehrstab I, ist im Raum Prášily vermisst:

- Brinkmann, Gustav: Berufssoldat, *20.01.1915 in Alfeld/Hannover, Oberwachtmeister

 

Die Dienstgrade „Leutnant“, „Fahnenjunker“ und „Wachtmeister“ dokumentieren die Herkunft aus den Schulen der Artillerie. Für drei oder vier der oben genannten Gefallenen ist bereits der 5. Mai als Todesdatum angegeben, als die 42nd Cavalry von Pomezí her vorstieß. Für zwei heißt es nur allgemein „Mai 1945“.

 

19 dieser Toten wurden in einem Sammelgrab beerdigt, welches auf einem Grundstück des Bauern Karl Hanus am Waldrand ungefähr 500 Meter südlich von Hrubá am sogenannten Brunnwaldl angelegt wurde. Solange es vor der Vertreibung noch möglich war, schmückten die Frauen des Dorfes die Birkenkreuze mit Blumen. Nachdem die Bundesrepublik Deutschland und die damalige CSFR im Jahre 1992 einen Nachbarschaftsvertrag geschlossen hatten, konnte der Volksbund Kriegsgräberfürsorge im August 1994 aus diesem Sammelgrab bei Hrubá alle 19 Tote exhumieren und in die Kriegsgräberstätte Mariánske Lázně umbetten. Acht der Toten konnten durch die Erkennungsmarken zuverlässig identifiziert werden. Die Exhumierung war schwierig, weil der Boden mit Wurzeln von Fichten bewachsen war und Reste von Munition gefunden wurden. Ein zweites Grab mit zwei Toten, das am Straßenrand ungefähr gegenüber dem heutigen Parkplatz in Hrubá war, konnte nicht mehr lokalisiert werden. 

 

Abschließend müssen die General Orders der 90th Infantry Division zitiert werden: 

GO 625: „Abraham Schneiderman, Captain, Medical Corps, 358th Infantry. Bronze Star für eine mutige Tat am 6. Mai bei Prášily (Stubenbach), Tschechoslowakei. Ein Soldat wurde verwundet und lag in einem Gelände, das dem Kreuzfeuer eines heftigen Schusswechsels ausgesetzt war. Ohne weiter auf seine eigene Sicherheit zu achten, bahnte sich Captain Schneiderman seinen Weg zu dem Verwundeten, behandelte ihn und sorgte für seine Evakuierung. Dienstantritt in California.“

GO 586: „Maurice Smith, Sgt, 358. Infantry. Bronze Star für eine mutige Tat am 6. Mai bei Seebing (= Seeberg/Jezerní), Tschechoslowakei. Während eines Angriffs auf den Ort wurde das Vorrücken einer Infanteriekompanie zeitweise durch schweren Maschinengewehr-Beschuss, der aus einem Gebäude kam, aufgehalten. Ohne auf seine eigene Sicherheit zu achten, bahnte sich Sgt Smith seinen Weg durch die vernichtenden Feuerstöße. Indem er mit seinem Gewehr feuerte, während er vorstürmte, tötete er elf Feinde und zwang die restlichen Feinde sich zurückzuziehen. Seine mutige und angriffslustige Handlung ermöglichte es seiner Kompanie, vorzurücken und den Ort mit einem Minimum von Verlusten einzunehmen. Dienstantritt in Alabama."

GO 625: „Otilio Apodaca, Pfc, 358. Infantry. Oak Leaf Cluster zum Bronze Star für eine mutige Tat am 6. Mai bei Seeberg (Jezerní), Tschechoslowakei. Während eines Angriffs auf den Ort wurde der Vormarsch einer Infanteriekompanie zeitweise durch tödliches Feuer verschiedener Kaliber aufgehalten, das aus einem Gebäude kam. Ohne auf seine eigene Sicherheit Rücksicht zu nehmen, bewegte sich Pfc Apodaca durch den Feuerhagel, der sich auf ihn konzentrierte, und tötet mit genauen Schüssen elf Feinde und zwang die übrigen Feinde, sich von ihrem Stützpunkt zurückzuziehen. Seine tapfere, mutige Handlung ermöglichte es seiner Kompanie, wieder vorzurücken, den Rest der Feindeinheit aus dem Ort zu vertreiben, 53 Feinde zu töten und zwei zu verwunden. … Dienstantritt in New Mexico.“

GO 586: „Dewey Trent, S Sgt, 358. Infantry. Bronze Star für eine mutige Tat am 6. Mai bei „Seebing“ (= Seeberg/Jezerní), Tschechoslowakei. Ein Platoon war heftigem Beschuss, der aus einem Gebäude kam, ausgesetzt. Ohne auf seine eigene Sicherheit zu achten, drang S Sgt Trent in das Gebäude ein und sah sich sofort einem Feuerhagel aus einem der Räume ausgesetzt. Er bewegte sich aber weiter, schoss und drängte immer weiter, schlug eine Tür ein und nahm sieben Feinde gefangen, von denen einige durch seine Schüsse verwundet worden waren. Seine heldenhafte Tat, welche einen Ort heftigen Widerstands ausschaltete, setzte alte militärische Tradition fort. … Dienstantritt in Kentucky.“

 

An diesem 6. Mai waren auch alle anderen Kompanien des 1. Battalions, 358th Infantry Regiment, im Einsatz. Das Ziele Rejštejn und Kašperské Hory wurden gegen nur leichten Widerstand eingenommen. Durchgehend erwähnen die amerikanischen Berichte die hohe Zahl von Gefangenen, die freiwillig aufgaben. Alleine im Bereich der 358th Infantry waren es 1.100 an diesem einen Tag. Dies beweist, dass die allermeisten deutschen Soldaten nicht mehr bereit waren, ihr Leben für „Führer (Hitler), Volk und Vaterland“ und für fanatische Vorgesetzte zu opfern.

Am 7. Mai nahm die 42nd Squadron die Kapitulation des Regiments der Offiziersschüler aus Rokycany entgegen. Damit endeten die Kämpfe im Šumava, die das Leben von 14 amerikanischen Soldaten forderten. Viel höher waren die Verluste auf deutscher Seite: Etwa 70 Angehörige der Wehrmacht fielen im Kampf, vor allem Offiziersschüler der Artillerieschulen aus dem Raum Plzeň. Die Behauptungen, dass in Zhůří oder bei Hartmanice die Hitlerjugend oder der Volkssturm im Einsatz waren, sind falsch. Auch SS-Soldaten waren nur wenige in der Gegend, jedenfalls keine geschlossene Kampfeinheit. Weitere 40 Angehörige der Wehrmacht verloren durch andere Ursachen ihr Leben, meist nach Ende der Kämpfe. Auch die Bevölkerung hatte durch Artilleriebeschuss einige Opfer und musste durch Unglücksfälle leiden: Wenige Tage nach Kriegsende spielten in Velký Bor Kinder mit einer Handgranate, welche explodierte und vier Kinder in den Tod riss.

Insgesamt kostete der vollkommen sinnlose Widerstand der Offiziersschüler noch mindestens 130 Menschen innerhalb weniger Tage das Leben. Heute ist der Šumava innerhalb der Euregio eine friedliche Gegend, doch die schrecklichen Ereignisse vom Mai 1945 dürfen nicht vergessen werden. 

Das "Unit Journal" des 358th Infantry Regiments vom 6. Mai 1945: Eintrag für 11.20 Uhr für das Gefecht bei Stubenbach/Gruberg: "Lt. Rice reported 11 enemy killed, 3 wounded. Bitter fighting at 1371. 1 Casualty reported." Auf Deutsch: "Lieutenant Rice meldete: "Elf Feinde wurden getötet, drei verwundet. Erbittertes Gefecht bei den Koordinaten 1371. Ein eigener Mann wurde getroffen." In Gruberg kamen jedoch 21 deutsche Soldaten um, von denen vom Volksbund Kriegsgräberfürsorge 19 geborgen werden konnten. Was ist mit den im Unit Journal nicht mehr erwähnten acht oder zehn Toten geschehen? Denn auch Zeitzeugen berichten, dass einige deutsche Soldaten erst nach ihrer Gefangennahme umkamen.


10. Die Opfer des Kampfes um Regen (Niederbayern) am 24. April 1945 

 

© Dr. Markus Gruber

 

Die strategisch durchaus wichtige Kreisstadt Regen in Niederbayern wurde am 24. April 1945 gegen die anrückende 11th Armored Division der US Army von einer zwischen 200 und 400 Mann starken Wehrmachteinheit verteidigt, die unter dem Befehl des Ritterkreuzträgers Oberst Dr. Fritz Bingemer (1893-1976) stand. Die den ganzen Tag über dauernden Gefechte sind in dem Portal „regiowiki“ bereits detailliert dargestellt worden; außerdem existiert ein ausführlicher Zeitzeugenbericht des Pfarres Nikolaus Hackl. Aus diesen Darstellungen und Beobachtungen sollen einige Stichpunkte genügen: Die deutschen Pioniere sprengten gleich zu Beginn drei Brücken, zwei US-Panzer wurde abgeschossen, es folgte Bombardement durch  Artillerie und Tiefflieger, eine Granate traf eine Gruppe von Zivilisten und tötete allein acht von ihnen. Schließlich waren 36 Häuser zerstört oder beschädigt, dutzende Menschen getötet worden – deutsche und US-Soldaten, aber auch viele Zivilisten. Dies war der Preis dafür, dass die Amerikaner ein paar Stunden aufgehalten wurden.

Ist der Ablauf der Ereignisse zwar soweit geklärt, so bedarf die Angabe, dass (neben 17 Zivilpersonen) 33 Wehrmachtangehörige beim „Kampf um Regen“ getötet worden seien, einer Präzisierung: Nicht alle dieser Soldaten starben unmittelbar bei der sinnlosen Verteidigung der Stadt Regen am 24. April, sondern „nur“ 24. Dieser Blutzoll für einen irrsinnigen Widerstand, der am Ausgang des Krieges nicht das geringste ändern sollte, ist immens und erschreckend. Es dürfte interessant sein, aufgrund neuer Recherchen, die sich vor allem auf die Datenbank des Volksbundes deutsche Kriegsgräberfürsorge gründen, einige neue Angaben zu machen.

Auf dem Grabstein des Sammelgrabes auf dem Friedhof von Regen (Block III, Reihe 2, Grab 39) sind 30 Namen von Wehrmachtangehörigen verzeichnet. Drei dieser Toten kamen bereits zwischen dem 15. und 17. April zu Tode: Ältere Männer im Dienstgrad Gefreiter im Alter zwischen 53 und 55 Jahren, die an Flecktyphus starben. Weitere vier Luftwaffensoldaten starben beim Abschuss (oder Absturz) ihres Nachtjägers Ju-88 der 10. Staffel, Nachtjagdgeschwader 6, am 30. April bei Regen (Flugzeugführer war Major Siebel).

Dem Kampf um die Stadt selbst am 24. April können mit hoher Wahrscheinlichkeit 23 tote Soldaten zugeordnet werden. 21 sind für den 24. April vermerkt, zwei weitere scheinen am 25. und 28. April ihren Verwundungen erlegen zu sein. Unter diesen 23 Toten sind keineswegs „fast nur“, wie der Pfarrer Hackl schrieb, „Offiziersaspiranten, Zahlmeister und Oberzahlmeister“, sondern Wehrmachtangehörige aller Dienstgrade: Mannschaften, Unteroffiziere und Feldwebel sowie, dies ist am auffallendsten, (mindestens) sechs Offiziere, darunter zwei Hauptmänner, zwei Oberleutnante, zwei Leutnante. Die Identität dieser Toten beweist einmal mehr, dass auch die ‚normale’ Wehrmacht und keinesfalls nur die SS bis zum Ende rücksichtslos Widerstand zu leisten bereit war und dabei auch etliche Zivilisten mit in den Tod riss. Der jüngste Gefallene war 16 Jahre alt, der älteste 43. Auch die gefallenen US-Soldaten der 11th Armored Division waren zwischen 18 und 30 Jahre alt. Der deutsche Befehlshaber Oberst Dr. Fritz Bingemer, hauptverantwortlich für die Verteidigung von Regen, starb 1976 im hohen Alter von 83 Jahren.

 

Verluste der Wehrmacht im Kampf um Regen (24. April)

 

1. Andree, Hans: Stabszahlmeister, *06.01.11 in Berlin-Karlshorst, +24.04.45

2. Bauermeister, Heinrich: Obergefreiter, *10.12.02 in Bitsch, +24.04.45, Einheit: 28 I.I.R. 280 (?)

3. Berger, Franz: Fahrer, *29.09.05 in Scheurek, +25.04.45, Einheit: Stammkomp. Ld.Sch.Ers.Bat. I/13

4. Falk, Joachim: Leutnant, *23.01.22 in Berlin, +24.04.45, Einheit: 1. Btr. Flak-Ers.Abt. 51

5. Feldmann, Heinz: Hauptmann, *02.01.22 in Kiel, +24.04.45, Einheit: S.I.G.Kp. 703/24

6. Göbel, Hans: Dienstgrad unbekannt, *05.06.16 in Bingen-Büdesheim, +28.04.45

7. Henzler, Werner: RAD-Mann,*08.07.28 in Raidwangen, +25.04.45, Kopfschuss

8. Hermanns, Josef: Soldat, *15.02.19 in Mönchengladbach, +24.04.45

9. Hiltscher, Günther: Grenadier, *22.10.23 in Liegnitz, +24.04.45, Einheit: HPA P 1/1

10. Hoch, Helmut: Unteroffizier, *06.08.19 in Ebern, +24.04.45, Einheit: Stellv. General.Komm.

11. Hodapp, Paul: Oberzahlmeister, *17.07.07 in Freiburg (wohnhaft Coburg), +24.04.45

12. Hohstadt, Friedrich: Oberzahlmeister, *07.01.03 in Wuppertal-Vohwinkel, +24.04.45, Einheit: H. St. O Verw. Hannover Nr. 3

13. Höpfner, Manfred: Dienstgrad unbekannt, *05.04.25 in Oberschöna, +24.04.45

14. Koch, Erich: Dienstgrad unbekannt, *10.01.05 in Saargemünd, +24.04.45, Einheit: Stammkomp. I.E.u.A.Abt 13 (?)

15. Lehmann, August: Dienstgrad unbekannt, *30.11.13 in Strümpfelbrunn, +24.04.45, Brustschuss

16. Möhring, Gustav: Oberleutnant, *19.03.1896 in Berlin, +24.04.45

17. Pietzsch, Julius Kurt: *13.09.07 in Holzhausen, +24.04.45, Einheit: 2. Inf.Ers.Btl. 353

18. Reiter, Helmut: Feldwebel, Geb.datum u. -ort unbekannt, +24.04.45

19. Schlenke, Georg: Hauptmann, *25.12.12 in Ehringen, +24.04.45

20. Sens, Gerhard: Leutnant, *13.05.23 in Dessau, +24.04.45

21. Sommer, Friedrich: Feldwebel, *16.05.05 in Kauffung, +24.04.45., Einheit: San.Ers.Abt. 134 48

22. Wende, Willy: Dienstgrad unbekannt, *09.02.02 (Geb.ort unbekannt), +24.04.45, Einheit: "Kraftfahrer 13", Stammkomp.

23. Winn, Werner: Oberleutnant, *01.04.15 in Dortmund, +24.04.45., Einheit: BauBtl 84, Schuss in den Unterkiefer.

 

Drei weitere Wehrmachtangehörige starben Mitte April im Krankenhaus Regen an Flecktyphus und  sind ebenfalls auf dem Denkmal vermerkt - ihr Alter betrug schon Mitte 50:

1. Geier, Rudolf: Gefreiter, *05.08.1891 in Petersdorf, +16.04.45

2. Matzner, Rudolf: Gefreiter, *12.10.1889 in Liebu, +17.04.45

3. Müller, Albert: Gefreiter, *14.06.1890 in Döschena, +15.04.45

 

Abschuss / Absturz einer Ju-88 (10. Staffel, Nachtjagdgeschwader 6) am 30. April:

1. Siebel, Klaus: Major, *07.10.15 in Düsseldorf, +30.04.45

 

Todesumstände bislang unklar:

1. Corneli, Peter: Dienstgrad unbekannt, *1917, +30.04.45, Einheit: Wehrm.L. Sch. Pol.

2. Grootaarts, Friedhelm: Flieger, *27.06.22 in Duisburg, +30.04.45 - eventuell ebenfalls Absturz Ju-88

 

 

Verstorbene im Krankenhaus Regen:

1. Vollmer, Peter, Gefreiter, *13.09.23 in Gütersloh, +30.04.45., war in Tittling verwundet worden, verstorben an Wundstarrkrampf.

2. Kuchler, Alois: *01.02.1928 in Hundzell (Hohenwarth/Bad Kötzting), +28.04.45

Kuchler war RAD-Mann (Reichsarbeitsdienst) und wurde am 27. April in Rohrmünz (Gem. Grafling, bei Deggendorf) verwundet. Er verstarb dann  Krankenhaus von Regen, wo er auch bestattet wurde. Alois Kuchler war eines von 13 Opfern der "Tragödie von Rohrmünz", als US-Soldaten des 104. Regiments der 26. Infantry Division das Lager der 16- und 17-jährigen sog. Arbeitsmänner stürmten, nachdem ein US-Leutnant erschossen worden war. Siehe G. Haberl / W. Fricke: Anfang und Ende des Tausendjährigen Reiches in Ostbayern. Band 2. Neckenmarkt 2009, S.142ff.

 

 

Verluste der US-Armee (11th Armored Division) im Kampf um Regen

Durch Nachforschungen in amerikanischen Quellen lassen sich erstmals auch die Verluste der amerikanischen 11th Armored Division für den Kampf um Regen am 24. April angeben: Es waren zwischen sechs und zehn Gefallene.

Sicher sind in Regen folgende sechs US-Soldaten gefallen:

 

21st Armored Infantry Battalion (AIB) (Infanterie)

1. Mowinkel, Harold W. (Company A), Pfc (*1923) (verwundet, +7.5.1945)

2. Steiger, Carl H. (Company A), Pfc (*1921)

3. Mulvaney, Vincent J. (Company B), 2nd Lt

 

41st Tank Battalion (Panzer)

4. Bobela, Andrew (Company B), Corporal (*6.6.1922)

5. Hunley, Everitt B. (Company B), Tec4 (*2.4.1922)

6. Campbell, Leo F. (HQ, Sanitäter), Pfc (*22.3.1917)

 

Zwei weitere Soldaten der Company B des 21. AIB sind für den folgenden Tag (25. April) als tot vermerkt. Auch deren Tod könnte mit dem Kampf um Regen in Verbindung gebracht werden, da immer wieder zu beobachten ist, dass das offizielle Todesdatum einen Tag später liegt als das tatsächliche:

7. Kerkstra, Benjamin (21. AIB, Company B), Pfc

(8. Veal, Harold M. (21. AIB, Company B), Pfc (*8.3.1920) - höchstwahrscheinlich gefallen bei Perlesreut)

 

Außerdem verlor Company C des 21. AIB ‚offiziell’ am 25. April folgenden Mann, der ebenfalls bei Regen gefallen sein könnte:

9. Cozad, George O. (21. AIB, Company C), Pvt (*1926)

 

 

 

Filmaufnahmen der US Army (166th Signal Company) vom Kampf um Regen 1945 (National Archives)

Auf Youtube stehen Filmaufnahmen der US Army vom Kampf um Regen 1945. Das Video ist z.B. über die Stichwortsuche "Regen 1945" leicht zu finden.

Inhalt der ersten drei Minuten aus dem Raum Regen: Gefangene Deutsche einschließlich Frauen; ungarische Kindersoldaten; deutscher Tieffliegerangriff; MG-Abwehrfeuer; brennender US-Lkw; gefallener deutscher Soldat; weibliche Wehrmachtangehörige. Ab 3:14 folgen Aufnahmen von der Donauüberquerung bei Ingolstadt am 27. April.