Gibacht, auch Hirschsteinhäusl (Pozorka, Herštejnské Chalupy)

© Dr. Markus Gruber

Gibacht, auch Hirschsteinhäusl genannt, war nach Stockau eingepfarrt und eingeschult, gehörte jedoch bis 1938 zur Gemeinde Mauthaus, ehe es eigenständig wurde. In einem Zeugnis von 1713 heißt es, die „Häußl aufm Gieb acht hinter den Hierstain“ seien 16 Jahre zuvor neu gestiftet worden, womit man auf das Gründungsjahr 1697 kommt – gleichzeitig mit Heinrichsberg. Andere Forscher nehmen 1705 oder 1733 an. Schon immer findet man beide Ortsnamen nebeneinander. „Gibacht“ ist ein häufiger Name für einen unsicheren, einsamen Ort im Wald, an dem man leicht verunglücken konnte. Auch zwischen Waldmünchen und Furth im Wald gibt es einen solchen für seinen Skilift bekannten Ort (ferner ist auch der Name „Sichdichfür“ belegt: „Siehe dich vor!“, „Pass auf!“; diesen Ortsnamen gibt es auch für ein Dorf (heute Hled’sebe) bei Hostau). Und das tschechische Pozorka (alternativ zu Herštejnské Chalupy) heißt nichts anderes als „Vorsicht“.

Zu den ersten sieben Siedlern kamen bis 1722 noch zwei weitere: Augustin Zipperer (der noch einen „Herbergsmann“ hatte, also einen Untermieter), Georg Pritzl, Georg Werner, Georg Weinfurter, Wolf Traxler, Ulrich Schwartz, Hans Schaller, Dirschl, Stumpf. Der Grundbesitz der ersten sieben Kleinbauern war mehr als bescheiden. Weil der Boden durch Abbrennen des Waldes gewonnen werden musste, hießen die Felder auch „aufm Brantl“. Um so schwieriger müssen die Lebensbedingungen gewesen sein, als Gibacht von keinem Bach durchlaufen wurde: Das Wasser musste also vom Westabhang des Lissaberges (Lysá hora), an den sich das abgeschiedene Dorf anlehnte, gewonnen werden. Die Bebauung mit Holzhäusern gefährdete das Dorf ständig mit Feuer. 1896 wurde eine Schulexpositur eingerichtet (Gebäudebau 1898, 69 Kinder 1910). Gibacht war ein beliebtes Ausflugsziel, konnte man von dort doch eine schöne Aussicht und die frische Waldluft genießen. Karl Liebscher notiert in seinem Buch "Der politische Amtsbezirk Bischofteinitz" (1913): "Der Besucher des Ortes wird von dem weiten Ausblick nach Westen, durch den herrlichen Buchenwald, durch die Aussicht auf den Osser, den hohen Bogen, den Arber, den Kaisersberg und den südlichen Bayerischen Wald entzückt."

260 Jahre nach seiner Gründung wurde Hirschsteinhäusl im Jahre 1957 abgerissen. Aufgrund seiner Abgelegenheit hatte man es gar nicht neu besiedelt. Heute ist Hirschsteinhäusl einer der eher unbekannteren Orte.

Die Entwicklung in Zahlen:

1789 (Schaller): 9 Nummern; 1839 (Sommer): 12 Häuser, 107 Einwohner, „die von Wald- und Holzarbeiten leben … , hat ein Jägerhaus.“

1910 (Liebscher): 33 Häuser, 233 Einwohner. Es gab ein Forsthaus, eine Tabaktrafik und einen Feuerwehrverein.

1930 („Hirschsteiner Häusln“): 38 Häuser, 224 Bewohner (davon 2 Tschechen)

1939 („Gibacht“): 213 Bewohner, davon 108 Männer; 63 Haushaltungen; 1945: 43 Häuser.

 

Kriegsgefallene aus Hirschsteinhäusl 1939-1945:

Quellen: Gräbersuche Online des Volksbunds deutsche Kriegsgräberfürsorge; private Unterlagen ehem. Bewohner; Census (Volkszählung) auf portafontium.eu ; Sterbebücher des Standesamts Ronsperg-Land (Pobezovice) auf portafontium.eu

Hinweis: Bei den Hausnummern bestehen einzelne Unklarheiten, v.a. bei den im Ort zahlreich anzutreffenden Familien Schweinfurther (teilweise auch "Schweinfurth" geschrieben. Wenn im Jahre 1939 insgesamt 108 männliche Bewohner gezählt wurden, so machen die mindestens 16 Opfer des Zweiten Weltkriegs 15 Prozent aus...

- Dietz, Franz: *20.04.1902 in Plöss, wohnhaft Hirschsteinhäusl 12, Gefreiter, verstorben 04.12.1942 im Reservelazarett Pilsen, bestattet in der Heimat (vermutlich Friedhof der Pfarrei Stockau/Pivon)

- Maier, Richard: *07.08.1912, wohnhaft Hirschsteinhäusl 28, Obergefreiter, +15.01.1943 am Ladogasee (Russland), sterbl. Überreste konnten nicht geborgen werden, Grab noch am Todesort 

- Obkirchner, Josef: *06.11.1919, Oberschütze, +04.01.1942 im Kriegslazarett Smolensk (Russland), noch nicht überführt, Grab: Smolensk-Süd/Russland

 - Polzer, Johann (Hans): *08.07.1920 in Nikles (Mähr.-Schönberg), wohnhaft Hirschsteinhäusl 10, +08.04.1942 ostwärts Kusnino, noch nicht überführt, Grab: Gagarin/Russland 

- Polzer, Wilhelm: *06.10.1924 in Nikles (Mähr.-Schönberg), wohnhaft Hirschsteinhäusl 10, Gefreiter, gestorben am 15.12.45 in Gefangenschaft in St. Leonard (Frankreich), best. Kriegsgräberstätte Champigny-St.André 

- Pretzl, Franz: *19.01.1916 in Hirschsteinhäusl Nr. 33, wohnhaft in Friedrichshof (Bedrichov) bei Waier (Rybnik), Stabsgefreiter, +16.01.45 im Weichselbogen ostw. Radom, konnte nicht geborgen werden, Name im Gedenkbuch Pulawy verzeichnet

- Pretzl, Karl: 20 Jahre alt, Hirschsteinhäusl Nr. 33, +02.09.1943 Osten 

- Schiffert, Georg: *22.12.1910 in Hirschsteinhäusl Nr. 16, Gefreiter, +15.03.1942 Wesniny, noch nicht überführt, Grab: Kzyn/Kaluga (Russland) 

- Schweinfurther, Franz: Haus-Nr. 39, *04.02.1921, verwundet am 25.10.41 im Wald ostw. Gorkim, verstorben am 02.11.1941 Hauptverbandsplatz Olichkowo (Russland)

- Schweinfurther, Heinrich: Haus-Nr. 24: *22.09.1926, Gefreiter, +24.08.1944, Todesort: Ravda (Ravca?) bei Vogorac/Kroatien, bestattet im „Heldenfriedhof“ Mostar, Grab noch in Mostar 

- Schweinfurther, Johann: Haus-Nr.  39: *15.09.1919, Stabsgefreiter, verstorben +14.08.1944 im Kriegslazarett I Prag-Stresovde, beigesetzt im Familiengrab  im Friedhof Stockau (Pivon)

 

- Schweinfurther, Josef: * 14.08.1909, Organisation Todt, tödl. verunglückt 21.11.1941 durch Unfall, bestattet im Waldfriedhof Smolensk (Russland), Haus-Nr. 5?

- unklarer Fall: Schweinfurth, Josef: verstorben am 22.10.1941, eventuell identisch mit dem vorhergenannten J.S.

- Schweinfurther, Johann: Haus-Nr. 5: *19.04.1911, Obergefreiter, +15.04.1943 Hauptverbandsplatz Cholmowaja, bestattet Kriegsgräberstätte Duchowtschina (Russland)

- Willfurth, Johann Josef: Haus-Nr. 26, *03.11.1920, Obergefreiter, +12.08.1942 bei Rshew (Russland) 

- Willfurth, Karl: Haus-Nr.6, *03.11.1921, Soldat, 31.01.42 Barsuki, Kriegsgräberstätte Duchowtschina (Russland)

- Wirth, Josef: Haus-Nr. 13, *14.11.1908 in Hirschsteinhäusl, Gefreiter, +05.02.1945, Kriegsgräberstätte Ormont (Eifel/Deutschland)

- unklarer Fall: Wirth, Josef: gefallen 1944 in Russland