23. April 1945, Waldmünchen
Karl Althammer (*20.09.1911) aus Waldmünchen war Bierfahrer beim "Postbräu" (Beer, "Koisa") und war wohl auch als Fahrbereitschaft für Offiziere nach Klentsch eingeteilt. Am Nachmittag des 23. April – als das nahe Rötz gerade kampflos übergeben wurde – fuhr Althammer mit dem Lkw Bier zum Hölzlwirt nach Höll und befand sich gerade kurz vor dem Böhmerkreuz auf Höhe des heute nicht mehr stehenden Reischnhauses“ wo damals ein Holzlager war. Da entdeckten ihn Tiefflieger, die im Volksmund "Rotschwanzeln" hießen; es handelte sich wohl um P-47 „Thunderbolt“ der 9. US-Luftflotte. Diese flogen offenbar schon den ganzen Tag über Tieffliegerangriffe und kamen vom Čerchov her über das Schloss geflogen. Im selben Moment befuhr am Böhmerkreuz ein mit vier SS-Soldaten besetzter sog. Kübelwagen stadteinwärts die Böhmerstraße. Diese sprangen aus dem Wagen, um sich hinter den Holzstößen zu verstecken. Althammer aber suchte direkt unter seinem Lkw Schutz, wo ihn MG-Garben an beiden Beinen trafen. Der "Reischn Luk" (Ludwig Buchner) zog den Schwerverwundeten noch hervor und brachte ihn zum alten Zollamt, doch Althammer verstarb gegen 16.00 im Krankenhaus. Als er am 25. April beerdigt wurde, war die Panzersperre am Hammertor bereits geschlossen, so dass der Leichenzug seinen Weg durch Hausgang und Garten des Gareisen-Hauses nehmen musste.
23. April 1945, Bernried bei Rötz
Josef Nakielski wurde am 30.11.1885 in der Gemeinde Lippusch (polnisch Lipusz) in Westpreußen in der Nähe von Danzig. geboren. Der Name seines Geburtsortes lautet auf polnisch Koscierzyna, auf deutsch Berent. Diese Kleinstadt ist ein typisches Beispiel für die leidvolle Zwischenstellung vieler Orte und ihrer Bewohner im jahrhundertelangen Widerstreit zwischen Polen und Deutschen. Insofern erklärt sich auch, dass ein gebürtiger Pole, der vielleicht deutsche Vorfahren hatte und so der Kennzeichnung als "ethnischer Deutscher" und "Volksdeutscher" anheimfiel, zur Wehrmacht eingezogen wurde. Im Dienstgrad war der schon fast 60-jährige Nakielski Landesschütze, er gehörte zum "Landesschützen-Ersatz-Bataillon 9 Frankfurt-Bonames" (Bonames ist ein Frankfurter Stadtteil). Diese kampfschwachen Landesschützen-Einheiten wurden primär zu Sicherungszwecken eingesetzt. Da am 23. April zwischen Rötz und Bernried ein Todesmarsch von KZ-Häftlingen von der 11th Armored Division befreit wurde, liegt die Vermutung nahe, dass Josef (oder Józef) Nakielski zur Wachmannschaft gehörte. Ob er im Kampf fiel oder einer Vergeltungsaktion zum Opfer fiel, ist nicht bekannt. Der deutsch-polnische Wehrmachtangehörige Josef Nakielski wurde zunächst in Bernried begraben, zusammen mit den 164 toten KZ-Häftlingen. Am 21. September 1955 exhumierte der Volksbund Kriegsgräberfürsorge seine sterblichen Überreste und überführte den Toten in die Kriegsgräberstätte Hofkirchen (Niederbayern). Die KZ-Opfer wurden 1957 nach Flossenbürg übergeführt.
Zum Bild: Das Grab des "volksdeutschen" Landesschützen Josef Nakielski in Hofkirchen, der wohl der Begleitmannschaft eines Todesmarsches angehörte. Der neben ihm bestattete Edmund Fedder gehörte einer Veterinäreinheit an und fiel am 25. April in Biberbach bei Treffelstein/Waldmünchen.
25. April 1945, Schönsee
Schon Tage lang lag im Raum Schönsee die "Panzervernichtungsbrigade der Hitlerjugend Hessen-Nassau", die nur mit Panzerfäusten bewaffnet die schweren Panzer der Amerikaner abschießen sollten. Bei ersten Gefechten am Vormittag des 25. April, als die 90th US Infantry Division von Schwand her einrückte, wurde der Hauptmann Eugen Dressel (geb. am 08.01.1914 in Heilbronn, im Zivilberuf Lehrer) so schwer am Bein verletzt, dass er nach Einlieferung in das örtliche Lazarett verstarb. Eugen Dressel wurde im Friedhof bestattet und am 05. Juli 1945 in seinen Heimatort Lorch in Württemberg übergeführt, nachdem offenbar die Familie vom Todesort Kenntnis erlangt hatte. Pfarrer Treml bezeichnete den 31-jährigen Hauptmann Dressel als sehr gefährlich, spendete ihm aber noch die Sterbesakramente. Ein zweiter Angehöriger der Panzervernichter fiel bei Schwand, Unteroffizier Helmut Reinert aus Gieschewald (polnisch: Giszowiec), einem Stadtteil von Kattowitz in Schlesien. Der durch einen Kopfschuss getötete 25-jährige Reinert (geb. 12.02.1920 in Schneidlingen, Kr. Quedlinburg) wurde ebenfalls im Friedhof bestattet; ihn bettete man in den 1950er Jahren in die Kriegsgräberstätte Hofkirchen um. Bei Schönau, Hannesried und Treffelstein fielen kurz danach in einem völlig sinnlosen Kampf insgesamt fünf Hitlerjungen, in Löwendorf bei Grafenkirchen waren es nochmals vier. Dies waren die jüngsten Gefallenen im Kampfraum!
Zum Bild: Das Grab von Uffz. Reinert in Hofkirchen. Der neben ihm bestattete SS-Panzergrenadier Ziegenhagen starb am 23.03.1945 in Miesbrunn bei Weiden durch einen Unglücksfall
26. April 1945, Böhmisch-Schwarzach (Švarcava) bei Stadlern / Rybník
Josef Eduard Stadlbauer wurde am 7.8.1928 in Waldmünchen geboren. Bei Kriegsende wurde der Gymnasiast im Alter von 16 Jahren aktiver Offiziersbewerber im Dienstrang „Jäger“ (StA Wüm) im Skijäger-Ersatz-Bataillon Taus (Domažlice). Er war der Sohn des Waldmünchner Rektors Josef Stadlbauer (1892-1960) und dessen Gattin Maria und Halbbruder des späteren Medizinaldirektors und Heimatforschers Ferdinand Stadlbauer (1921-1993). Die Schwester Elisabeth verstarb 1942 mit nur 19 Jahren als Luftnachrichtenhelferin in Frankreich in Orleans im Lazarett mit der offizielleln Todesangabe "Krankheit". Am 26. April 1945 war Josef Stadlbauer war bei der Verteidigung von Böhmisch-Schwarzach (Švarcava) als äußerster Sicherungsposten eingesetzt und starb bei einem Gefecht US-Soldaten des 358th Infantry Regiments durch einen Nieren- und Lungensteckschuss, weil keine Hilfe gebracht werden konnte – damit teilte er das Schicksal des hilflos verbluteten US-Sergeanten Burgess! Als Rektor Stadlbauer am 27. April in Waldmünchen von den Amerikanern verhaftet wurde, erfuhr er von gefangengenommenen deutschen Soldaten, die aufgeregt über ihren Kampfeinsatz berichteten, zufällig vom Tod seines Sohnes. Später soll Frau Stadlbauer den vor Ort notdürftig begrabenen Leichnam in einem Leiterwagen nach Waldmünchen gebracht haben; der Trauergottesdienst fand am 18.11.1945 statt.
Waldmünchen, 26. April 1945
Bei den Straßenkämpfen in Waldmünchen am Nachmittag des 26. April 1945 fielen zwei US-Soldaten und zwei fremdländische Angehörige der 30. Waffen-SS-Division Weißruthenien. Teile dieser Division waren offenbar aus dem Raum Hirschau gekommen. Die Musikkapelle hatte sich mit 35 Mann bereits zuvor in Hannesried ergeben.
Einer der beiden Weißruthenen fiel gegen Mittag beim Spital (Kreuzung Bahnhofstraße / Fabrikstraße, Gefallenendenkmal), der andere kurz darauf am „Stadler-Eck“ am Marktplatz, wo heute das Tourismusbüro ist. Dieser Soldat stand schon zuvor geraume Zeit dort am Eck, was einer Augenzeugin unbegreiflich erschien („Ja stejt der imma no do!“). Die Todesbescheinigungen nennen als Staatsangehörigkeit „Ukrainer“. Nicht völlig ausgeschlossen werden kann, dass es sich auch um Deutsche des Führungspersonals dieser Division handelte. Bestattet wurden die beiden Gefallenen, die wohl auf immer unbekannt bleiben werden, im Friedhof Waldmünchen, wo sie seit 1995 in der kleinen Kriegsgräberstätte ruhen.
Heinrichsberg (Jindrichova Hora), 29. April 1945
Nach der Eroberung von Waldmünchen durch die 90th US Infantry Division lag die Gegend zwischen Haselbach (Lísková), Klentsch (Klenci) und Taus (Domazlice) tagelang unter dem Beschuss der US-Artillerie, da sich hier die 11. deutsche Panzerdivision verschanzt hatte. Durch ihre Aufklärungsflieger waren die Amerikaner über die Positionen der deutschen Truppen gut informiert; diese zogen durch Flugabwehrfeuer die Aufmerksamkeit sogar noch auf sich – was die Zivilbevölkerung gefährdete. Einige deutsche und tschechische Bewohner starben. Während der ‚Ruhe vor dem Sturm‘ beschossen das 344. und das 244. Feldartillerie-Bataillon von Treffelstein und Döfering-Albernhof aus die Gegend, vor allem am 28. und 29. April. Am Abend des 28. April schlugen die ersten Granaten in Heinrichsberg ein. Die 31-jährige Franziska Siegel (eine geborene Trinkmann, verheiratet in Neubäuhütten Nr. 29, *27.11.1913) ging zusammen mit ihrer kleinen Tochter an das Fenster ihres Elternhauses Nr. 26, weil es hieß, es brenne. Da traf beide ein Granatsplitter. Die am Bauch schwer verwundete Mutter wurde in das Krankenhaus Taus gebracht, verstarb aber dort am frühen Morgen (3.00 Uhr) des 29. April. Manche Zeitzeugen wollen wissen, dass auch die Tochter verstorben sei, doch hierfür findet sich zumindest in der Matrikel des Standesamtes Taus kein Hinweis. Wenige Stunden später, am 29. April, wurde ebenfalls in Heinrichsberg der pensionierte Obersekretär Karl Konrad aus Speyer (*17.10.1885 in Dielkirchen) getötet. Konrad wohnte in Haus Nr. 29 (Alfred Fellner, „Heisl“; nach anderen Angaben Franz Schiedermeier), nachdem er zusammen mit seiner Frau hierher zu den Schwiegereltern seines Sohnes gezogen war. Als der 59-jährige um 17.30 Uhr auf die Toilette gehen wollte, riss ihm eine Granate den Fuß weg und verwundete ihn tödlich. Beigesetzt wurde Konrad erst am 15. Mai im Pfarrfriedhof Wassersuppen. In Heinrichsberg waren schließlich viele Häuser beschädigt; abgebrannt ist aber keines.
Zum Bild oben: Franziska Siegl (Siegel), eine geborene Trinkmann. Das Foto entstammt einer Gedenktafel in der Stadtpfarrkirche Waldmünchen.
Bilder unten: Sterbematrikel von Heinrichsberg, Pfarrei Wassersuppen, Eintrag von Pfarrer Franz Wittmann über den Tod des Karl Konrad durch Artilleriebeschuss (Quelle: Obecni Urad Klenci pod Cerchovem / SOkA Domazlice)