Einzelschicksale der Kriegsopfer

Derzeit dargestellte Einzelschicksale in alphabetischer Reihenfolge (ein Klick auf den Namen führt zum Artikel, oder Textsuche mit Strg+F): Afanasjava Tatiana,  Althammer Karl, Dockter Arthur,  Dressel Eugen, Jakob (Jacob) Walter, Konrad Karl, Molzahn Hertha, Nakielski Josef, Reinert Helmut, Schoen Hansjürgen, Siegl Franziska (Ziv.), Stadlbauer Elisabeth, Stadlbauer Josef, Swatosch Swatosch Franz, Tietze Bernhard,  Weigel Emil,  Ziegfeld Werner

26. April 1945, Böhmisch-Schwarzach (Švarcava) bei Stadlern / Rybník

Josef Eduard Stadlbauer wurde am 7.8.1928 in Waldmünchen geboren. Bei Kriegsende wurde der Gymnasiast im Alter von 16 Jahren aktiver Offiziersbewerber im Dienstrang „Jäger“ (StA Wüm) im Skijäger-Ersatz-Bataillon Taus (Domažlice). Er war der Sohn des Waldmünchner Rektors Josef Stadlbauer (1892-1960) und dessen Gattin Maria und Halbbruder des späteren Medizinaldirektors und Heimatforschers Ferdinand Stadlbauer (1921-1993). Die Schwester Elisabeth verstarb 1942 mit nur 19 Jahren als Luftnachrichtenhelferin in Frankreich in Orleans im Lazarett mit der offiziellen Todesangabe "Krankheit". Am 26. April 1945 war Josef Stadlbauer bei der Verteidigung von Böhmisch-Schwarzach (Švarcava) als äußerster Sicherungsposten eingesetzt und starb bei einem Gefecht mit US-Soldaten des 358th Infantry Regiments durch einen Nieren- und Lungensteckschuss, weil keine Hilfe gebracht werden konnte – damit teilte er das Schicksal des hilflos verbluteten US-Sergeanten Burgess! Als Rektor Stadlbauer am 27. April in Waldmünchen von den Amerikanern verhaftet wurde, erfuhr er von gefangengenommenen deutschen Soldaten, die aufgeregt über ihren Kampfeinsatz berichteten, zufällig vom Tod seines Sohnes. Später soll Frau Stadlbauer den vor Ort notdürftig begrabenen Leichnam in einem Leiterwagen nach Waldmünchen gebracht haben; der Trauergottesdienst fand am 18.11.1945 statt. 


26. April 1945, Waldmünchen-Perlhütte

Viele Waldmünchner kennen das sogenannte „Heldengrab“ beim Waldcafé, eine Gedenkstäte, die an der zur Teufelsbrücke führenden Forststraße  in der Nähe des Ortsteils Perlhütte liegt. Neben einem Birkenkreuz steht ein massiver Gedenkstein, der die Namen von mehreren Soldaten trägt, die Ende April hier ums Leben kamen. Was war hier geschehen? Am 26. April 1945 meldete das 359th Infantry Regiment gegen 17 Uhr Waldmünchen als erobert. Die Verteidiger, überwiegend weißruthenische SS-Soldaten und die Reste einer sogenannten Alarmkompenie, zogen sich in den Böhmerwald zurück. Bei diesen Absetzbewegungen fanden vier Wehrmachtangehörige den Tod: Leutnant Hansjürgen Eberhard Schoen, Hauptfeldwebel Werner Ziegfeld, Unterfeldmeister Arthur Dockter,  Hertha Molzahn, Flakwaffenhelferin und Rotkreuzschwester. Sie alle fielen laut Standesamt Waldmünchen in der Waldabteilung Gudowitz, Plan-Nr. 2199. Ursache war entweder Artilleriebeschuss oder Beschuss durch einen Maschinengewehr-Posten, den die Amerikaner am Abend am Hagbücherl aufgestellt hatten. Mündlicher Überlieferung zufolge lagen die Toten im Bereich der Zapfenwiese, wo früher im August immer das Pandurenlager zum Abschluss der Trenck-Festspielsaison stattfand. 

Leutnant Hansjürgen Schoen (*09.06.1921), Student der Agrarwissenschaften aus Breslau, gehörte zur 11. Panzerdivision, vermutlich zur Aufklärungsabteilung 11. Eine kleinere Gruppe dieser Einheit war während des Kampfes um Waldmünchen als sog. beweglicher Vorposten zwar im Ortsbereich anwesend, griff aber nicht unmittelbar ein. Die Bewohner sahen zwei Gefechtsfahrzeuge auf der heutigen Tribüne der Trenckfestspiele. Diese zogen sich am 26. April zurück, wobei eines im Hohlweg zwischen der Krautgasse und dem Kramberger Weg steckenblieb und stehengelassen wurde. Auch am Zollhaus in Höll-Haselbach (Lísková) stand ein Schützenpanzer (dieser wurde beschossen, wobei ein Soldat ums Leben kam, vermutlich der Obergefreite Hugo Schultze-Frieling).  Hauptfeldwebel Werner Ziegfeld (*06.02.1914 in Magdeburg) war von der Panzeraufklärungs-Ersatzabteilung 9 (Sondershausen) zur 11. Panzerdivision gekommen. Die 21-jährige Hertha Molzahn (*20.12.1923) gehörte der Schweren Flakersatz-Abteilung Fürth bei Nürnberg an und diente offenbar als Rotkreuzschwester. Arthur Dockter (*8.10.1901), der Tapezierer war und aus Ulm bei Wetzlar stammt, war in Amberg verheiratet. Er war Unterfeldmeister beim Reichsarbeitsdienst in der Dienststelle 2/20 Danzig. 

Ein fünftes Opfer war der 40-jährige Volkssturmmann Heinrich Weihrauch aus Herzogau. Der Waldmünchner Volkssturm hatte nicht in die Kämpfe eingegriffen, sondern sich im Böhmerwald entlang der heutigen Landesgrenze versteckt. Am Morgen des 27. April beschlossen die Volkssturmleute, sich gesammelt zu ergeben. Heinrich Weihrauch jedoch wollte sich auf eigene Faust durchschlagen und trennte sich von der Gruppe. Als er den Wald in Richtung Waldcafé verlassen wollte, erschossen ihn die Amerikaner. Vermutlich hatte Weihrauch die vier gefallenen Wehrmachtsoldaten nicht gesehen, was ihm sicher eine Warnung gewesen wäre. Als dann am Vormittag die insgesamt 76 Volkssturmmänner kapitulierten, sahen sie ihren Kameraden tot am Wegesrand liegen.  

Es passt exakt, dass das 2nd Battalion der 358th Infantry, die in der Zwischenzeit die Sicherung der Stadt übernommen hatte, am 27. April „fünf getötete Feinde“ während der Nacht meldeten. 

Die vier Gefallenen wurden am 7. Mai zusammen mit zwei weiteren in der Waldabteilung Kramberg gefallenen Soldaten im Friedhof Waldmünchen beigesetzt, Heinrich Weihrauch später in einem Einzelgrab. Im September 1955 erfolgte die Umbettung in die Kriegsgräberstätte Hofkirchen. Die Mutter von Leutnant Schoen erwirkte, dass am Todesort ein schlichtes Birkenkreuz errichtet wurde. Vom Zustand um 1955 gibt es sogar eine Farbphotographie: Die Aufschrift nennt den Leutnant „Ordonanz-Offizier“ der 11. Panzerdivision. Seitdem, also seit nun siebzig Jahren, wird dieser Gedenkort von Waldmünchnern gepflegt und geschmückt. Immer steht ein Grablicht dort. Auch das Birkenkreuz steht nach wie vor und wurde im Laufe der Zeit mehrmals erneuert, zuletzt 2020 (Link zu einem Zeitungsbericht in der Chamer Zeitung). Im Jahre 1988 errichtete die Kameradschaft „Dö Zünftigen“ neben dem Birkenkreuz einen großen Gedenkstein, der offziell eingeweiht wurde. Auf diesem Stein, der den Unbilden der Witterung standhält, stehen nun die Namen aller in den Waldabteilungen Gudowitz und Kramberg Gefallener: Leutnant Hansjürgen Schoen, Hauptfeldwebel Werner Ziegfeld, Unterfeldmeister Arthur Dockter, Unteroffizier Walter Jakob (gefallen am 27.04. in der Waldabteilung Kramberg, Stabskompanie Panzer-Regiment 15), Flakhelferin Herta Molzahn und ein Unbekannter (wohl ebenfalls vom Panzer-Regiment 15). Zudem ist, neben Heinrich Weihrauch, auch der Name des Volkssturmmanns Max Riedl verzeichnet, der unter tragischen Umständen am Beerenfals (Malinová Hora) unterhalb des Čerchov sein Leben lassen musste: Er wurde von einem weißruthenischen, also eigentlich verbündeten Wachposten, im dichten Nebel erschossen.

Obwohl der Gedenkort mit dem Birkenkreuz und der Einfassung mit Steinen den Eindruck erweckt, als sei hier tatsächlich ein Grab, waren dort nie Menschen bestattet gewesen. Und doch ist das sogenannte „Heldengrab“, dessen Bezeichnung heutzutage unpassend ist, beim Waldcafé der wohl bekannteste Erinnerungsort an die Apriltage 1945.

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Waldmünchen, 26. April 1945

Bei den Straßenkämpfen in Waldmünchen am Nachmittag des 26. April 1945 fielen zwei US-Soldaten und zwei fremdländische Angehörige der 30. Waffen-SS-Division Weißruthenien. Teile dieser Division waren offenbar aus dem Raum Hirschau gekommen. Die Musikkapelle hatte sich mit 35 Mann bereits zuvor in Hannesried ergeben. 

Einer der beiden Weißruthenen fiel gegen Mittag beim Spital (Kreuzung Bahnhofstraße / Fabrikstraße, Gefallenendenkmal), der andere kurz darauf am „Stadler-Eck“ am Marktplatz, wo heute das Tourismusbüro ist. Dieser Soldat stand schon zuvor geraume Zeit dort am Eck, was einer Augenzeugin unbegreiflich erschien („Ja stejt der imma no do!“). Die Todesbescheinigungen nennen als Staatsangehörigkeit „Ukrainer“. Nicht völlig ausgeschlossen werden kann, dass es sich auch um Deutsche des Führungspersonals dieser Division handelte. Bestattet wurden die beiden Gefallenen, die wohl auf immer unbekannt bleiben werden, im Friedhof Waldmünchen, wo sie seit 1995 in der kleinen Kriegsgräberstätte ruhen.


Heinrichsberg (Jindrichova Hora), 29. April 1945

Nach der Eroberung von Waldmünchen durch die 90th US Infantry Division lag die Gegend zwischen Haselbach (Lísková), Klentsch (Klenci) und Taus (Domazlice) tagelang unter dem Beschuss der US-Artillerie, da sich hier die 11. deutsche Panzerdivision verschanzt hatte. Durch ihre Aufklärungsflieger waren die Amerikaner über die Positionen der deutschen Truppen gut informiert; diese zogen durch Flugabwehrfeuer die Aufmerksamkeit sogar noch auf sich – was die Zivilbevölkerung gefährdete. Einige deutsche und tschechische Bewohner starben. Während der ‚Ruhe vor dem Sturm‘ beschossen das 344. und das 244. Feldartillerie-Bataillon von Treffelstein und Döfering-Albernhof aus die Gegend, vor allem am 28. und 29. April. Am Abend des 28. April schlugen die ersten Granaten in Heinrichsberg ein. Die 31-jährige Franziska Siegel (eine geborene Trinkmann, verheiratet in Neubäuhütten Nr. 29, *27.11.1913) ging zusammen mit ihrer kleinen Tochter an das Fenster ihres Elternhauses Nr. 26, weil es hieß, es brenne. Da traf beide ein Granatsplitter. Die am Bauch schwer verwundete Mutter wurde in das Krankenhaus Taus gebracht, verstarb aber dort am frühen Morgen (3.00 Uhr) des 29. April. Manche Zeitzeugen wollen wissen, dass auch die Tochter verstorben sei, doch hierfür findet sich zumindest in der Matrikel des Standesamtes Taus kein Hinweis. Wenige Stunden später, am 29. April, wurde ebenfalls in Heinrichsberg der pensionierte Obersekretär Karl Konrad aus Speyer (*17.10.1885 in Dielkirchen) getötet. Konrad wohnte in Haus Nr. 29 (Alfred Fellner, „Heisl“; nach anderen Angaben Franz Schiedermeier), nachdem er zusammen mit seiner Frau hierher zu den Schwiegereltern seines Sohnes gezogen war. Als der 59-jährige um 17.30 Uhr auf die Toilette gehen wollte, riss ihm eine Granate den Fuß weg und verwundete ihn tödlich. Beigesetzt wurde Konrad erst am 15. Mai im Pfarrfriedhof Wassersuppen. In Heinrichsberg waren schließlich viele Häuser beschädigt; abgebrannt ist aber keines.

Zum Bild oben: Franziska Siegl (Siegel), eine geborene Trinkmann. Das Foto entstammt einer Gedenktafel in der Stadtpfarrkirche Waldmünchen.

Bilder unten: Sterbematrikel von Heinrichsberg, Pfarrei Wassersuppen, Eintrag von Pfarrer Franz Wittmann über den Tod des Karl Konrad durch Artilleriebeschuss (Quelle: Obecni Urad Klenci pod Cerchovem / SOkA Domazlice)


Arnstein bei Waldmünchen, 29. April 1945

In den Tagen nach der Einnahme von Waldmünchen unternahm das 358th Infantry Regiment laufend Patrouillen in die Waldgebiete rund um den Čerchov mit dem Ziel, Gefangene einzubringen. Am 29. April erkundete Company G entlang der alten Heeresstraße in Richtung Arnstein und Sophienthal (Černá Řeka). Auf der Höhe, wo der Weg wieder abwärts zur Haselbrücke führt, war ein Vorposten vermutlich des Panzerregiments 15. Für die Deutschen kam der Angriff angeblich überraschend, weil sie gerade Karten spielten. Ihr Feldwebel wurde gefangengenommen, etwa fünf Soldaten flüchteten zur Haselbrücke. Zwei weitere liefen in eine andere Richtung. Dabei wurden sie tödlich getroffen: Grenadier Bernhard Tietze, geboren am 29.4.1928 in Schulen (Kreis Heilsberg, Ostpreußen, Grenadier-Ersatz-Bataillon 97), und Emil Weigel aus Tetschen-Bodenbach (Erkennungsmarke: 1./Infanterie Ersatz Bataillon 385 ...). Tragisch sind die persönlichen Umstände beider: Tietze starb an seinem 17. Geburtstag, Weigel war erst seit Anfang April verheiratet. Seine Familie wurde nach Kriegsende aus der Heimat vertrieben, woraufhin sich die Großmutter das Leben nahm. Nach dem Gefecht baten zwei US-Soldaten den Gastwirt Josef Blab, der Englisch verstand, die Toten zu bergen. Blab bestattete die Toten dort, wo jetzt das sogenanne Heldengrab ist. Emil Weigel hatte einen Einschuss im Ohr, Tietze einige Brustdurchschüsse. Blab übergab die persönlichen Sachen an das Rote Kreuz (dem toten Weigel hatte allerdings ein Amerikaner Uhr und Ehering abgenommen). Das Doppelgrab, in dem Weigel unter Tietz bestattet worden war, wude am 11.07.1956 ausgebettet und die Toten zur Kriegsgräberstätte Hofkirchen überführt. Die nun leere Grabstelle wird seit nunmehr siebzig Jahren gepflegt und wurde bereits mehrfach wieder instandgesetzt. Vor allem die Familie Bücherl, die selbst drei Söhne in Russland verloren hatte, kümmerte sich um die Pflege. Mit seiner exponierten Lage ist dieses Grabdenkmal einer der bekanntesten Erinnerungsorte im heute so friedlichen Böhmerwald.


Sophienthal (Černá Řeka), 29. April 1945 

Nahezu unbekannt ist heute ein ganz ähnliches Gefecht, das nur wenige Stunden nach demjenigen am Arnstein stattfand. Company G stieß gleich noch weiter über die heutige Landesgrenz vor. Südlich von Sophienthal führt ein Weg am Forsthaus in Richtung Čerchov. Wo sich der Weg in drei Abzweigungen teilt, war ein weiterer Vorposten des Panzerregiments 15. Auch diesen griffen die Amerikaner an. Dabei wurden ebenfalls zwei deutsche Soldaten erschossen, einige verwundet und gefangen genommen. Von den beiden Toten blieb einer unbekannt. Der andere war Franz Swatosch, geboren am 18.09.1923 in Holleischen (Holýšov), gelernter Maschinenschlosser. Swatosch stammte also ganz aus der Nähe, war aber regulärer Angehöriger der 11. Panzerdivision, vermutlich im Stab des Panzerregiments. Der Stabsarzt Dr. Heiser schrieb im Juli 1945 aus dem Reservelazarett Klentsch, das also auch nach Kriegsende noch in Betrieb war, an die Ehefrau von Swatosch den folgenden Brief: 

„Res. Laz. II Furth i./W. – Klentsch, den 14.7.1945 (Tschechoslowakei)

Sehr verehrte Frau Swatosch!

Zu meinem aufrichtigen Bedauern muß ich Ihnen mitteilen, daß Ihr Sohn Franz in den letzten Tagen des Widerstandes in hiesiger Gegend in Erfüllung seiner Soldatenpflicht gefallen ist. Er wurde von der deutschen Bevölkerung bei Sofienthal beigesetzt. Diese will auch, soweit das bei den volksmäßig bedingten Schwierigkeiten möglich ist, die Pflege des Grabes, über dessen Lage sie von Herrn Knopf in Sofienthal Näheres erfahren können, übernehmen. Die mir von Herrn Knopf übergebenen Nachlasssachen füge ich dem Brief bei. Den schweren Verlust, den Sie erleiden mussten, beklage ich zutiefst und spreche Ihnen mein herzlichstes Beileid aus.

gez. Heiser, Stabsarzt u. Chefarzt“

Auch der Pfarrer von Wassersuppen, Franz Wittmann, trug diese beiden Toten in die Sterbematrikel ein. Wahrscheinlich liegen Franz Swatosch und der Unbekannte noch immer in der Nähe ihres Todesortes begraben. Nach anderen Angaben sollen sie bereits zur Kriegsgräberstätte Cheb (Eger) überführt worden sein. Eine Grabstelle im Friedhof von Wassersuppen (Nemanice) trägt zwar den Namen von Franz Swatosch, jedoch ruht dort vermutlich der am 30. April 1945 in Althütten (Stará Hut) gefallene Unteroffizier Joseph Ruhsam.

Für ihre „Heldentaten“ am Arnstein und bei Sophienthal bekamen mehrere US-Soldaten Auszeichnungen verliehen.


25. April 1945, Schönsee

 Schon Tage lang lag im Raum Schönsee die "Panzervernichtungsbrigade der Hitlerjugend Hessen-Nassau", die nur mit Panzerfäusten bewaffnet die schweren Panzer der Amerikaner abschießen sollten. Bei ersten Gefechten am Vormittag des 25. April, als die 90th US Infantry Division von Schwand her einrückte, wurde der Hauptmann Eugen Dressel (geb. am 08.01.1914 in Heilbronn, im Zivilberuf Lehrer) so schwer am Bein verletzt, dass er nach Einlieferung in das örtliche Lazarett verstarb. Eugen Dressel wurde im Friedhof bestattet und am 05. Juli 1945 in seinen Heimatort Lorch in Württemberg übergeführt, nachdem offenbar die Familie vom Todesort Kenntnis erlangt hatte. Pfarrer Treml bezeichnete den 31-jährigen Hauptmann Dressel als sehr gefährlich, spendete ihm aber noch die Sterbesakramente. Ein zweiter Angehöriger der Panzervernichter fiel bei Schwand, Unteroffizier Helmut Reinert aus Gieschewald (polnisch: Giszowiec), einem Stadtteil von Kattowitz in Schlesien. Der durch einen Kopfschuss getötete 25-jährige Reinert (geb. 12.02.1920 in Schneidlingen, Kr. Quedlinburg) wurde ebenfalls im Friedhof bestattet; ihn bettete man in den 1950er Jahren in die Kriegsgräberstätte Hofkirchen um. Bei Schönau, Hannesried und Treffelstein fielen kurz danach in einem völlig sinnlosen Kampf insgesamt fünf Hitlerjungen, in Löwendorf bei Grafenkirchen waren es nochmals vier. Dies waren die jüngsten Gefallenen im Kampfraum!

Zum Bild: Das Grab von Uffz. Reinert in Hofkirchen. Der neben ihm bestattete SS-Panzergrenadier Ziegenhagen starb am 23.03.1945 in Miesbrunn bei Weiden durch einen Unglücksfall


23. April 1945, Waldmünchen

Karl Althammer (*20.09.1911) aus Waldmünchen war Bierfahrer beim "Postbräu" (Beer, "Koisa") und war wohl auch als Fahrbereitschaft für Offiziere nach Klentsch eingeteilt. Am Nachmittag des 23. April – als das nahe Rötz gerade kampflos übergeben wurde – fuhr Althammer mit dem Lkw Bier zum Hölzlwirt nach Höll und befand sich gerade kurz vor dem Böhmerkreuz auf Höhe des heute nicht mehr stehenden Reischnhauses“ wo damals ein Holzlager war. Da entdeckten ihn Tiefflieger, die im Volksmund "Rotschwanzeln" hießen; es handelte sich wohl um P-47 „Thunderbolt“ der 9. US-Luftflotte. Diese flogen offenbar schon den ganzen Tag über Tieffliegerangriffe und kamen vom Čerchov her über das Schloss geflogen. Im selben Moment befuhr am Böhmerkreuz ein mit vier SS-Soldaten besetzter sog. Kübelwagen stadteinwärts die Böhmerstraße. Diese sprangen aus dem Wagen, um sich hinter den Holzstößen zu verstecken. Althammer aber suchte direkt unter seinem Lkw Schutz, wo ihn MG-Garben an beiden Beinen trafen. Der "Reischn Luk" (Ludwig Buchner) zog den Schwerverwundeten noch hervor und brachte ihn zum alten Zollamt, doch Althammer verstarb gegen 16.00 im Krankenhaus. Als er am 25. April beerdigt wurde, war die Panzersperre am Hammertor bereits geschlossen, so dass der Leichenzug seinen Weg durch Hausgang und Garten des Gareisen-Hauses nehmen musste. 


23. April 1945, Bernried bei Rötz 

Josef Nakielski wurde am 30.11.1885 in der Gemeinde Lippusch (polnisch Lipusz) in Westpreußen in der Nähe von Danzig. geboren. Der Name seines Geburtsortes lautet auf polnisch Koscierzyna, auf deutsch Berent. Diese Kleinstadt ist ein typisches Beispiel für die leidvolle Zwischenstellung vieler Orte und ihrer Bewohner im jahrhundertelangen Widerstreit zwischen Polen und Deutschen. Insofern erklärt sich auch, dass ein gebürtiger Pole, der vielleicht deutsche Vorfahren hatte und so der Kennzeichnung als "ethnischer Deutscher" und "Volksdeutscher" anheimfiel, zur Wehrmacht eingezogen wurde. Im Dienstgrad war der schon fast 60-jährige Nakielski Landesschütze, er gehörte zum "Landesschützen-Ersatz-Bataillon 9 Frankfurt-Bonames" (Bonames ist ein Frankfurter Stadtteil). Diese kampfschwachen Landesschützen-Einheiten wurden primär zu Sicherungszwecken eingesetzt. Da am 23. April zwischen Rötz und Bernried ein Todesmarsch von KZ-Häftlingen von der 11th Armored Division befreit wurde, liegt die Vermutung nahe, dass Josef (oder Józef) Nakielski zur Wachmannschaft gehörte. Ob er im Kampf fiel oder einer Vergeltungsaktion zum Opfer fiel, ist nicht bekannt. Der deutsch-polnische Wehrmachtangehörige Josef Nakielski wurde zunächst in Bernried begraben, zusammen mit den 164 toten KZ-Häftlingen. Am 21. September 1955 exhumierte der Volksbund Kriegsgräberfürsorge seine sterblichen Überreste und überführte den Toten in die Kriegsgräberstätte Hofkirchen (Niederbayern). Die KZ-Opfer wurden 1957 nach Flossenbürg übergeführt.

Zum Bild: Das Grab des "volksdeutschen" Landesschützen Josef Nakielski in Hofkirchen, der wohl der Begleitmannschaft eines Todesmarsches angehörte. Der neben ihm bestattete Edmund Fedder gehörte einer Veterinäreinheit an und fiel am 25. April in Biberbach bei Treffelstein/Waldmünchen.

23. April 1945, Winklarn

Am Montag, dem 23. April, stieß die amerikanische 11th Armored Division auf der sogenannten „Ostmarkstraße“ (B 22) nach Oberviechtach, Rötz und Cham vor. Es war ein Tag eigentlich ohne Kampfhandlungen und trotzdem mit Todesopfern. Auf ihrem fluchtartigen Rückzug kamen einige deutsche Soldaten offenbar auch durch Winklarn (das kurz zuvor noch von einem Todesmarsch von KZ-Häftlingen aus Flossenbürg durchquert worden war - etliche Tote säumten den Weg). Die Soldaten einer wohl nicht mehr in sich geschlossenen Einheit versuchten sich in Richtung des noch feindfreien Schönsee durchzuschlagen. Hierbei wurde auf der Straße zwischen Winklarn und Schneeberg, etwa auf Höhe des Forsthofes, eine junge Angehörige der Wehrmacht erschossen. Laut einer Zeitzeugin feuerten die Amerikaner von der "Ostmarkstraße" herüber. Ihr Name war Tatjana Afanasjava (*25.05.1922), sie war Stabshelferin bei der Wehrmacht. Dem Namen nach zu schließen stammte sie aus Litauen oder aus Lettland; in der Gräberliste wird sie indes als „Weißrussin“ geführt – vielleicht gehörte sie zur weißruthenischen SS-Division 30, die sich aus Hirschau zurückgezogen hatte und drei Tage später Waldmünchen verteidigte. Die Winklarner beerdigten die 22-Jährige am Hofwirts-Kreuz (Bild - im Hintergrund Winklarn). Im Staatsarchiv Amberg findet sich ein Schreiben des Landratsamts Oberviechtach vom 24.12.1953 an die Kriegsgräberfürsorge, in dem sich noch der Geist der Zeit spiegelt - auch wenn die Worte, die aus der Bevölkerung zitiert werden, sehr irritieren, seien sie zitiert: 

„Die Landespolizeistation Winklarn hat vor kurzem u.a. folgendes berichtet: Die Exhumierung der Stabshelferin Tatiana Afanasjava, geb. am 25.5.1922, gefallen am 23.4.1945 bei Winklarn, wurde bis heute noch nicht vorgenommen. Die hiesige Landbevölkerung nimmt an dieser Vernachlässigung kolossalen Anstoß. Es fallen Äußerungen, ob die Stabshelferin einem Hund gleichgestellt wird und einem KZ-Häftling nicht ebenbürtig ist, obwohl sie ihre Pflicht getan hat und für D. gefallen ist. Eine Abhilfe wäre dringend erforderlich.“ Der Volksbund antwortete, man müsse die endgültige Errichtung der Kriegsgräberstätte Hofkirchen abwarten. Dorthin wurden die sterblichen Überreste schließlich im September 1955 auch übergeführt.

Bei Winklarn kam an diesem Tag noch ein zweiter Soldat ums Leben: Ernst Kosellek. Er war am 27.05.1923 in Bolatitz in Mähren geboren worden, seine Erkennungsmarke lautete auf die Schützen-Ersatz-Kompanie 84. Der Leichnam von Kosellek wurde am Kiesel-Weiher aufgefunden.